Urheberrecht – BGH zu „illegalen Downloads“: Haftung der Eltern für ihre Kinder

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BGH: Loud-Entscheidung – Haftung der Eltern für Urheberrechtsverletzungen der Kinder?

Erneut hat sich der Bundesgerichtshof mit dem Thema des Filesharings und der diesbezüglichen Haftung des Anschlussinhabers beschäftigt. Nach wie vor gibt es eine Vielzahl von Urheberrechtsverletzungen über Tauschbörsen im Internet. Nicht selten kommt es dabei vor, dass Kinder diese Tauschbörsen über den Anschluss ihrer Eltern nutzen und geschützte Werke öffentlich zugänglich machen.

Bisherige Rechtslage zur Haftung für Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen?

In der Regel wird bei der illegalen Nutzung von Filesharing-Plattformen der Anschlussinhaber abgemahnt. Diesen trifft die Vermutung, dass er seinen Anschluss alleine nutze und somit auch nur er für die begangenen Urheberrechtsverletzungen als Täter in Frage kommt.

Diese Vermutung kann nur widerlegt werden, wenn der Anschlussinhaber vortragen kann, dass auch andere Personen die Möglichkeit hatten, den Anschluss zu nutzen. Somit beruft sich der Anschlussinhaber oft darauf, dass weitere Personen, seien es Familienangehörige, Mitbewohner oder Gäste, neben ihm Zugriff auf den Anschluss hatten. 

Nachforschungspflichten/Sekundäre Darlegungslast

Es stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der Anschlussinhaber eine generelle Pflicht zur Nachforschung (sekundäre Darlegungslast) dahingehend hat, wer die Urheberrechtsverletzung über seinen Internetanschluss begangen hat. Nachforschungen sind grundsätzlich anzustellen, jedoch nur in einem zumutbaren Umfang. Zumutbar sind beispielsweise die Befragung der in Frage kommenden Nutzer zur Urheberrechtsverletzung und die Offenlegung der Erkenntnisse gegenüber dem Rechteinhaber. 

Hat der Anschlussinhaber seiner Darlegungslast genügt, so ist es an dem Rechteinhaber (Kläger) die Täterschaft des Anschlussinhabers zu beweisen. Laut dem Bundesgerichtshof ist der Darlegungslast genügt, wenn der Anschlussinhaber vorträgt, ob und welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzungen in Frage kommen.

Keine anlasslosen Überwachungspflichten der Eltern

Übertragen auf die sekundäre Darlegungslast von Eltern bedeutet dies, dass diese keine generellen Aufsichts- oder Überwachungspflichten bezüglich ihrer Kinder treffen. Sie müssen diese jedoch über die Rechtswidrigkeit der Nutzung von Filesharing-Plattformen aufklären und ihnen eine Teilnahme verbieten. Erst, wenn konkrete Anhaltspunkte einer Rechtsverletzung vorliegen, besteht eine Überwachungspflicht seitens der Eltern.

Hat ein Minderjähriger über den Anschluss seiner Eltern eine Urheberrechtsverletzung begangen, ging der BGH bisher davon aus, dass die Eltern als Anschlussinhaber weder als Täter noch als Störer in Frage kommen, soweit sie keine konkreten Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung hatten und überdies ihren Prüf- und Überwachungspflichten nachgekommen sind. Eine Haftung war in diesem Fall ausgeschlossen.

Aktuelle BGH Loud-Entscheidung zur Haftung von Eltern für Urheberrechtsverletzungen in Filesharing-Tauschbörsen?

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall, ging es um ein Ehepaar, deren Internetanschluss dazu genutzt wurde im Wege des Filesharings Musiktitel öffentlich zugänglich zu machen. Zugriff auf diesen Anschluss hatten unter anderem ihre drei bei ihnen wohnenden und bereits volljährigen Kinder. Den Eltern war bewusst, welches ihrer drei Kinder die Urheberrechtsverletzung begangen hatte, sie wollten den Namen jedoch nicht preisgeben.

Auch in dieser Entscheidung vertrat der BGH die Auffassung, dass die Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast tragen. Dargelegt werden muss, ob zum Zeitpunkt der Verletzung auch andere Personen Zugriff auf den Anschluss hatten. Der Anschlussinhaber ist dabei auch zur Mitteilung der Kenntnisse zu einer möglichen Verletzungshandlung verpflichtet. Dieser Anforderung sind die Anschlussinhaber im vorliegenden Fall jedoch nicht gerecht geworden, da sie die Umstände der Verletzungshandlung und den Täter kannten, diesen jedoch nicht preisgeben wollten.

Name des Täters in Filesharing-Fällen muss genannt werden – Grundrechtsabwägung zugunsten der Rechteinhaber

Der BGH stellte fest, dass der Anschlussinhaber den Namen des Familienmitgliedes, welches die Rechtsverletzung begangen hat, offenbaren muss, wenn er dies im Rahmen der getätigten Nachforschungen erfahren hat, um so eine Verurteilung von sich abzuwenden. Dies ist jedoch gerade im Hinblick auf die Grundrechte fragwürdig.

Der Bundesgerichtshof hatte im vorliegenden Fall das Grundrecht des Schutzes der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 I GG auf Seiten der Anschlussinhaber, mit den Grundrechten der Klägerin, vor allem das Recht auf geistiges Eigentum, Art. 17 Abs. 2 EU- Grundrechtecharta und Art. 14 GG, sowie das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Art. 47 EU-Grundrechtecharta abzuwägen. Der BGH betonte dabei, dass die Grundrechte der Klägerin im zugrundeliegenden Fall schwerer wiegen würden als die der Anschlussinhaber und es ihr somit zumutbar war, den Namen ihres Kindes anzugeben. In der vorausgegangenen Afterlife-Entscheidung des BGH stellte er fest, dass Art. 6 I GG grundsätzlich zugunsten der Familienangehörigen wirkt. Es ist einem privaten Anschlussinhaber nicht zumutbar, den Gebrauch des Anschlusses durch Familienangehörige zu überwachen oder gar den Computer auf Urheberrechtsverletzungen zu überprüfen.

Was bedeutet die Entscheidung für die Zukunft?

Zukünftig müssen Eltern somit entscheiden, ob sie ihr Kind durch Schweigen schützen wollen und somit selber als Täter behandelt werden oder aber ob sie den Namen ihres Kindes preisgeben.

Dies führt jedoch dazu, dass die Haftung zumindest eines Familienmitglieds bei Kenntnis des Täters immer in Frage kommt und somit eine sehr weitgehende Haftung angenommen wird. Geben Eltern den Namen ihres Kindes nicht preis, haften sie selbst. Geben sie ihn preis, haften die Kinder als Täter soweit sie die Reife und Einsichtsfähigkeit besitzen. Bei einem volljährigen, noch zu Hause wohnenden Kind wird dies angenommen werden können.

Fazit

Der Bundesgerichtshof ist seiner Linie zur Darlegung der Beweislast bei Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich treu geblieben.

In Bezug auf die Haftung der Eltern ist sie jedoch sehr zweifelhaft. 

Grundsätzlich besteht zu Lasten des Anschlussinhabers nur die Vermutung einer Täterschaft, wenn er nicht darlegen kann, dass auch andere Personen, die zur Zeit der Rechtsverletzung im selben Haushalt gelebt haben, Zugriff auf den Anschluss hatten. Ist dem Anschlussinhaber der Täter jedoch bekannt, ist die Vermutung widerlegt. Der Beklagte kann somit gar nicht mehr als Täter in Betracht kommen. Behandelt man aufgrund des Schweigens des Inhabers, zum Schutz seiner Kinder, diesen trotzdem als Täter, führt dies zu einer sehr weiten Ausdehnung der Haftung des Anschlussinhabers. Es bleibt somit abzuwarten, ob und wie sich diese Entscheidung in der Praxis auswirken wird.



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