Vergütung der Betriebsratstätigkeit eines Lehrers

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Ein Lehrer, der Betriebsaufgaben außerhalb der Unterrichtszeit und der Zeit für Verwaltungsaufgaben erfüllt, übt die Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit aus und hat entsprechenden Anspruch auf zusätzliche Vergütung.

Sachverhalt:

Die Parteien streiten über Vergütung für Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit. Der Kläger ist bei der Beklagten, die in freier Trägerschaft Einrichtungen der beruflichen Bildung betreibt, seit 2007 als Lehrkraft für IT tätig. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt gemäß der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Parteien wöchentlich 40 Stunden und verteilt sich auf jeweils 25 Unterrichtseinheiten je Woche bei jährlich 40 Unterrichtswochen. Die Tätigkeit des Klägers setzt sich aus drei Elementen zusammen, aus Unterrichtsstunden, unterrichtsfreies Arbeiten in der Schule und häusliche Arbeiten. Der Kläger war Mitglied des Betriebsrats. Für die Unterrichtsstunden lehnte die Beklagte eine Freistellung für Betriebsratstätigkeit ausdrücklich ab. Der Betriebsrat wurde außerdem darauf hingewiesen, dass Betätigungen zu unterlassen sind, durch die der Arbeitsablauf (hier Schulbetrieb) oder der Frieden des Betriebes beeinträchtigt werden. Ein ungestörter Arbeitsablauf (hier Schulbetrieb) sollte höchste Priorität haben. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Freizeitausgleich bzw. hilfsweise Vergütung nach § 37 Abs. 3 BetrVG für die für Betriebsratstätigkeit aufgewendete Zeit geltend. Die Beklagte lehnt diese Ansprüche ab. Da eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart ist, bestehe genügend Zeit außerhalb des Unterrichts, sich der Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrats zu widmen. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 07.03.2019 die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat vor dem LAG Berlin-Brandenburg allerdings Erfolg.

Entscheidungsanalyse:

Die Vorschrift des § 37 Abs. 3 BetrVG gewährt dem Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für erforderliche Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, einen Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder entsprechende Mehrarbeitsvergütung. Der Kläger hat – jedenfalls stichwortartig – die Art der erbrachten Betriebsratstätigkeit dargelegt. Der Beklagten war es jedenfalls möglich, die Erforderlichkeit der wahrgenommenen Betriebsratsaufgaben zu prüfen. Konkrete Einwände gegen die Erforderlichkeit einzelner der geschilderten Aufgaben hat die Beklagte nicht vorgebracht. Da die Beklagte keine Vernachlässigung anderer Aufgaben des Klägers vorgebracht hat, ist davon auszugehen, dass er als verantwortungsvoller Pädagoge weiterhin seine als notwendig erachteten häuslichen (Lehrer-)Aufgaben erledigt hat. Die Freizeit des Klägers hat sich entsprechend um den Zeitanteil verkürzt, den er für die Betriebsratstätigkeit aufgewendet hat. Er hat ein Freizeitopfer erbracht, für dessen Ausgleich die Vorschrift des § 37 Abs. 3 BetrVG geschaffen worden ist. Der Kläger hat auch hinreichend dargelegt, dass es ihm nicht zuzumuten war, die Betriebsratstätigkeit innerhalb der Arbeitszeit zu erledigen und deshalb diese Tätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werden musste. Denn wird ein angestellter Lehrer als Betriebsrat außerhalb der Unterrichtszeit und außerhalb der Zeit tätig, in der er zu Konferenzen, Verwaltungstätigkeiten u. ä. in der Schule herangezogen wird, so erbringt er diese Tätigkeit regelmäßig außerhalb der Arbeitszeit im Sinne des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Einer näheren Darlegung und eines Nachweises bedarf es nicht. Damit der Zeitaufwand für diese Tätigkeit letztlich auch zu vergüten ist, bedarf es betriebsbedingter Gründe für die Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit (§ 37 Abs 3 Satz 1 BetrVG). Diese liegen vor, wenn das Betriebsratsmitglied die beabsichtigte Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit anzeigt, der Arbeitgeber aber keine Möglichkeit zur Ausübung der Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit gegeben hat. Betriebsbedingte Gründe können aber auch ohne Anzeige des Betriebsratsmitglieds dann angenommen werden, wenn sich der Arbeitgeber eindeutig und endgültig auch für zukünftige Fälle geweigert hat, die Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit zu ermöglichen (so auch BAG, Urteil vom 03.12.1987 - 6 AZR 569/85). Eindeutig und ausdrücklich untersagt hat die Beklagte hier nur die Ausübung der Betriebsratstätigkeit während der Unterrichtszeit. Deshalb wäre es dem Kläger grundsätzlich möglich gewesen, sich während der Arbeitsaufgaben außerhalb der individuellen Vor- und Nachbereitung bei der Arbeitgeberin jeweils für die Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeit abzumelden. Ausgehend vom Empfängerhorizont musste der im Betrieb der Beklagten gebildete Betriebsrat ebenso wie jedes Betriebsratsmitglied aber davon ausgehen, dass die Beklagte eine Befreiung von der Arbeitspflicht eindeutig und endgültig auch für solche zukünftigen Fälle verweigert hatte, die eine Freistellung von arbeitsvertraglichen Aufgaben dargestellt hätte, ohne Unterricht zu sein. Denn die Beklagte hat mehrfach darauf hingewiesen, dass der Betriebsrat es zu unterlassen habe, den Arbeitsablauf zu beeinträchtigen. Ein ungestörter Arbeitsablauf habe höchste Priorität. Zweimal wurde der Betriebsrat darauf hingewiesen, dass der "Arbeitsablauf" hier der "Schulbetrieb" sei. Es war dem Betriebsrat bzw. den einzelnen Betriebsratsmitgliedern nicht zuzumuten auszuloten, inwieweit die Beklagte doch bereit gewesen wäre, eine Störung des Schulbetriebs außerhalb der Unterrichtszeit hinzunehmen.

Praxishinweis:

Sinnvoll wäre es gewesen – so das LAG Berlin-Brandenburg ergänzend –, wenn die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat gemeinsam überlegt hätte, welche Aufgaben auch aus Sicht der Beklagten vernachlässigt werden können, um die Betriebsratsarbeit während der Arbeitszeit zu erledigen. Dieses ist aber nicht passiert.

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