Verhaltensbedingte Kündigung wegen Beleidigung

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Arbeitnehmer bei einer Kündigung nach einer Beleidigung nicht chancenlos

Im Idealfall herrscht zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern sowie zwischen den Beschäftigten untereinander ein respektvoller und harmonischer Umgang, der es auch erlaubt, objektive und konstruktive Kritik zu üben und sachliche Diskussionen zu führen. Doch bei einer verbalen Auseinandersetzung kann es im Eifer des Gefechts schnell passieren, dass unsachgemäße und beleidigende Aussagen getätigt werden - mit eventuell gravierenden Folgen für den Arbeitnehmer: denn im schlimmsten Fall droht in Folge einer Beleidigung gegenüber dem Vorgesetzten oder Kollegen eine fristlose Kündigung.

Legitime Kritik oder schon Beleidigung?

Im konkreten Einzelfall stellt sich erst einmal die Frage: ist eine Aussage gegenüber einem Kollegen oder dem Vorgesetzten noch sachliche und zulässige Kritik oder stellt sie eine persönliche Beleidigung dar, die durch das Recht der freien Meinungsäußerung nicht gedeckt ist und geahndet werden kann?

Grundsätzlich gilt eine Äußerung als Beleidigung, wenn sie keinen sachlichen Bezug hat und hauptsächlich dazu dient, eine Person zu diffamieren und herabzuwürdigen, zum Beispiel durch Beschimpfungen mit Kraftausdrücken. Auch das Aufstellen bloßer Behauptungen, die nicht der Wahrheit entsprechen, stellt eine Beleidigung dar, wenn es sich - je nach Inhalt der falschen Behauptung – um üble Nachrede handelt. Entscheidend ist der bewusste und vorsätzliche Wahrheitsgehalt bzw. “Unwahrheitsgehalt” der Behauptung.

Ebenso kann eine Kritik, die zwar sachlich gerechtfertigt, aber in der Form unangebracht bzw. inakzeptabel ist, unter Umständen eine Beleidigung sein. Reine Verstöße gegen die üblichen Formen des höflichen Umgangs (Gruß, Entschuldigung, Bitte, Dank etc.) gelten hingegen nicht als beleidigende Äußerung oder Handlung.

Die Einordnung einer Aussage als zulässige Meinungsäußerung oder als Beleidigung hängt grundsätzlich von den Umständen und der Beurteilung des konkreten Falles ab.

Abmahnung oder Kündigung als arbeitsrechtliche Konsequenzen einer Beleidigung

Die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung kann je nach Einzelfall schnell überschritten sein, was erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen für den Arbeitnehmer nach sich ziehen kann, von einer Abmahnung bis zur fristlosen Kündigung.

Bei Verstößen, die im bewusst steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers liegen, ist der Arbeitgeber grundsätzlich dazu verpflichtet, die Möglichkeit einer Abmahnung als milderes Mittel zu prüfen, damit der Arbeitnehmer sein Verhalten entsprechend ändern und sich bessern kann. Kommt eine Abmahnung in Betracht, muss diese einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung vorausgehen; andernfalls ist die Kündigung unzulässig. Im Falle einer Beleidigung ist es dem Arbeitnehmer möglich, ein derartiges Verhalten aktiv zu steuern und zukünftig zu unterlassen.

Abhängig von der vorliegenden Situation ist der Arbeitgeber allerdings dazu berechtigt, dem Arbeitnehmer eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung aussprechen, wenn dieser in erheblichem Maße gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt, infolgedessen eine weitere Zusammenarbeit für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Bei einer beleidigenden Äußerung bzw. einer Beleidigung wäre dies eine Verletzung der Rücksichtnahme- und Schutzpflicht des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber.

Grundsätzlich gilt - wie bei jeder außerordentlichen Kündigung - allerdings auch hier, dass a) die Kündigung verhältnismäßig sein muss und kein milderes Mittel (zum Beispiel eine Abmahnung) in Betracht kommt und b) eine Interessenabwägung stattgefunden hat; das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses muss das Interesse des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses überwiegen.

Zu berücksichtigende Gesichtspunkte sind hierbei unter anderem eine eventuelle Störung des Betriebsfriedens, Umstände der Beleidigung (vorangegangener Streit, Provokation durch Kollegen/ Vorgesetzten o. ä.), Ernsthaftigkeit der beleidigenden Äußerung (Sarkasmus/ Ironie), Reue und Entschuldigung des Arbeitnehmers sowie die sozialen Verhältnisse einschließlich psychischer Gesundheitszustand des Beschäftigten (bisherige Dauer der Betriebszugehörigkeit/ des Arbeitsverhältnisses, Alter, Familienstand, mögliche Unterhaltspflichten etc.).

Darüber hinaus ist auch zu beachten, dass in verschiedenen beruflichen Umfeldern nicht überall der gleiche allgemein übliche Umgangston herrscht. Daher ist auch hier der Einzelfall entscheidend.

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Besonders im Arbeitsrecht kann es in der Regel keine pauschale Beurteilung geben, sondern es müssen immer die konkreten Umstände im jeweiligen Einzelfall betrachtet werden. Erfahrungsgemäß unterlaufen Arbeitgebern bei einer Kündigung nicht selten Fehler, die eine Entlassung unwirksam machen, sodass es in vielen Fällen lohnenswert ist, gegen eine Kündigung rechtlich vorzugehen und eine Kündigungsschutzklage einzureichen. 

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