Verkäuferkonto und Guthaben bei Amazon gesperrt – Was tun?!

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Maßnahmenplan und einstweilige Verfügung: Rechtsanwalt André Schenk von SBS LEGAL erklärt, wie das Verkäuferkontos bei Amazon wieder freigeschaltet wird

Von einem Tag auf den anderen hat man keinen Zugriff mehr auf sein Verkäufer-Konto, kann nicht mehr über sein Guthaben verfügen und auch die eigenen Angebote werden nicht mehr im Marketplace angezeigt: Die Sperrung des Amazon-Kontos ist ein riesiger Schock für jeden Verkäufer. Immerhin ist der Internetriese die wichtigste Handelsplattform im Internet, für einige vielleicht sogar die einzige. Wenn diese wegbricht, wird einem damit zugleich die gesamte wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen – man ist doch auf Amazon angewiesen! Aber was hat man bloß falsch gemacht? „Verstoß gegen interne oder gesetzliche Richtlinien“, „Probleme bei der Verkäufer-Performance“? Kaum zu fassen… Wie kann das bloß sein?

Nun, leider kommt es bei dem Onlinehandel-Marktführer häufig vor, dass ein Verkäuferkonto schon beim kleinsten Verdacht gesperrt wird – ohne zu prüfen, ob diese Sperrung überhaupt angebracht ist. Vor allem erfährt man als betroffener Verkäufer oftmals nicht, was denn der genaue Grund gewesen sein soll. Tatsächlich ist das so nicht rechtens! Verkäufer, die ohne Vorwarnung und vor allem ohne wirklichen Anhaltspunkt auf einmal keinen Zugriff mehr auf ihr Amazon-Konto haben, müssen das nicht einfach so hinnehmen. Man kann dagegen vorgehen – außergerichtlich, wenn nötig auch gerichtlich. So werden Konto und Guthaben im Normalfall schnell wieder freigegeben.


Warum sperrt Amazon Konten?

Selbstschutz scheint Amazons Maxime zu sein, wenn es um die Sperrung von Verkäuferkonten geht. Der Konzern möchte nämlich nicht möglicherweise selbst in Anspruch genommen werden und zudem bei Kunden einen guten Ruf zu wahren.

So werden Konten vorsorglich gesperrt, wenn der Verdacht besteht, dass ein Händler gewerbliche Schutzrechtsverletzungen begeht. Darunter fallen z.B. jegliche Plagiate, also Urheberrechts-, Markenrechts- oder Designrechtsverletzungen. Laut §10 (TMG) haftet Amazon nämlich selbst dafür, wenn so ein Verstoß gemeldet worden war und das Unternehmen also darüber Bescheid wusste. Denn: Es muss „unverzüglich tätig“ werden. Meist erfolgt eine Sperrung deswegen sehr schnell. Sorgfältig geprüft, ob denn nun wirklich ein Verstoß vorlag, wird dabei allerdings nicht…

Neben dieser Verhinderung der eigenen Inanspruchnahme ist auch die Kundenzufriedenheit äußerst wichtig für Amazon. Deswegen guckt das Unternehmen ganz genau darauf, ob alle gesetzlichen Standards von seinen Händlern eingehalten wird. Im Fokus: kundenfreundlicher Umgang und die daraus resultierenden Rezensionen. Wer nicht auf Fragen von Kunden antwortet, das gesetzliche Widerrufsrecht nicht ernst nimmt (z.B. nicht über die Widerrufsrechte aufklärt) oder häufig negativ bewertet wird, läuft Gefahr, gesperrt zu werden.

Haben sich Kunden oder Mitbewerber über mich beschwert?

Beschwerde Dritter können ein Grund für die Kontosperrung sein. Ist das tatsächlich der Fall, sollte man sich darum kümmern, herauszufinden, wer sich über was genau beschwert hat, damit man dagegen vorgehen kann. Rechtlich gesehen muss Amazon einem das sogar sagen. Auch wenn der Konzern keine Auskunft geben möchte (oft aus angeblichen Datenschutzgründen): Beharren Sie auf Ihrem Recht, nötigenfalls auch bis vor Gericht! Denn Ihr Anspruch aus Auskunftserteilung geht als Nebenpflicht aus Ihrem Vertragsverhältnis mit Amazon bzw. aus §242 (BGB) hervor. 


Was kann man gegen eine Sperrung tun? 

Es bieten sich zwei Wege an: der außergerichtlich und der gerichtliche. Im Normalfall versucht man es mit ersterem. Wenn das nicht geklappt hat oder man es aber von Anfang an sehr eilig hat, kann man vor Gericht ziehen und dort sein Recht durchsetzen. 

Außergerichtlich: Amazon mit einem Maßnahmenplan überzeugen

Amazon hat ein internes Prüfverfahren zur Freigabe von Konten. Im Zentrum steht hierbei der Maßnahmenplan des betroffenen Händlers. Er soll darin sein Fehlverhalten reflektieren. Dafür ist es natürlich nötig, genau zu schauen, was man denn falsch gemacht haben könnte.

Wenn man keinen Fehler bei sich findet, ist aber wichtig zu beachten: Es geht nicht darum, sich gegen die Sperrung zu wehren oder darzulegen, dass das alles gar nicht gerechtfertigt und man doch eigentlich unschuldig sei – auch wenn das eigentlich stimmt. Denn Ziel ist ja, eine schnelle Freischaltung zu erwirken. Und das erreicht man eben am besten durch Amazon selbst, also mit dem richtigen Maßnahmenplan. Deswegen sollte man sich darin einsichtig zeigen; schreiben, was man falsch gemacht hat, warum man das getan hat und wie man es in Zukunft verhindern möchte.

Bleiben Sie freundlich und sachlich, auch wenn Sie ziemlich wütend sein mögen. Schildern Sie konkret, was Sie unternommen haben, damit künftig keine Probleme auftreten. Nur so können Sie Amazon davon überzeugen, dass Ihr Konto unverzüglich wieder freigegeben werden kann. Nötigenfalls hilft Ihnen ein Anwalt dabei. Er kann für Sie den genauen Wortlaut und die richtigen Maßnahmen für das mögliche Fehlverhalten übernehmen. Beim Schreiben, das sie an die Münchener Amazon Adresse aus dessen Impressum richten, den richtigen Ton zu treffen, ist besonders bedeutsam, weil Amazon nur ein einziges Mal darauf eingeht. Fällt man dieses eine Mal durch das interne Prüfverfahren durch, ist daran nichts mehr zu rütteln: Amazon hält an der Sperre fest.

Ausdrückliches Schreiben

Bevor man dann wirklich vor Gericht zieht, kann man es nochmal mit einem anwaltlichen Schreiben versuchen. Darin fordert man das Unternehmen ausdrücklich auf, das Konto zu entsperren, die Angebote wieder online zu stellen und auch das Konto wieder freizugeben. Geschehe das nicht zeitnah, sehe man sich gezwungen „rechtliche Schritte einzuleiten“. Und das ist auch keine leere Aussage: Bleibt auch dieses anwaltliche Schreiben wirkungslos, geht es dann tatsächlich vor Gericht…

Gerichtlich: Setzen Sie Ihr Recht durch! 

Aus dem Nutzungsvertrag zwischen Amazon und Verkäufer geht hervor, dass der Verkäufer ein Nutzungsrecht hat. Das heißt, er hat das Recht, seine Produkte im Amazon-Marketplace zu verkaufen und also das Recht, jederzeit auf sein Konto zuzugreifen. Und Amazon ist per Vertrag verpflichtet, diese Nutzung zu ermöglichen, eine Sperre aus dem Nichts ist nicht rechtmäßig. Grundsätzlich gibt es nämlich eine gesetzliche Kündigungsfrist und ein Besitzrecht des Verkäufers über sein Konto. Und die Klausel im Amazon-Verkäufer-Vertrag, die es Amazon erlauben würde, einen Vertrag „jederzeit und ohne Grund zu kündigen oder auszusetzen“, sei unzulässig. Der Verkäufer werde dadurch nämlich unangemessen benachteiligt, stellte zuletzt das LG Hildesheim in Bezug auf §307 (BGB) fest.

Eine Konto-Sperrung ist einfach so also definitiv nicht in Ordnung. Außer aber: Es liegen „wichtige Gründe“ vor. Zum Bespiel ein Verstoß gegen Amazons Richtlinien, gegen gesetzliche Standards oder gewerbliche Schutzrechte. Dann ist die Sperrung ja gerechtfertigt. Hier sollte man sich professionellen Rat hinzuziehen, damit dieser jeweilige Einzelfall genau beleuchtet und eine individuelle Lösung für die Freigabe des Kontos gefunden werden kann.

Anders sieht das natürlich aus, wenn das Konto tatsächlich grundlos gesperrt wurde, obwohl man gegen keinerlei Richtlinien oder Gesetze verstoßen hat. Hier ist ganz klar: Amazon muss das Konto wieder freigeben. Hat man es damit eilig, kann man innerhalb eines Monats nach der Sperrung eine einstweilige Verfügung zur Freigabe des Kontos beantragen. Amazon solle es unterlassen, das Konto zu sperren, Angebote zu entfernen und das Guthaben vorzuenthalten.

Also: Hat man sich nichts zuschulden kommen lassen, hat man das Recht auf seiner Seite – und somit sehr gute Chancen, dass das Konto freigegeben wird.


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Foto(s): pixabay.de


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