Versagen des Vorsteuerabzuges wegen der Lieferung durch eine Scheinfirma

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Der Anspruch auf Vorsteuerabzug bzw. dessen Versagen ist nicht nur ein interessantes juristisches Problem, sondern für die Betroffenen meist von existenzieller Bedeutung. Zumindest dann, wenn das Finanzamt meint aufgrund von Ermittlungen den Vorsteuerabzug versagen zu können.

Geht das Finanzamt davon aus, dass eine GmbH in ein Umsatzsteuerkarussell involviert war, kann plötzlich der Geschäftsführer durch einen Haftungsbescheid vor dem Abgrund des finanziellen Nichts stehen.

Sehr häufig ist es so, dass von den Finanzämtern behauptet wird, ein oder mehrere Geschäftspartner seien bloße Scheinfirmen und die jeweiligen Rechnungen würden nicht den Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes genügen. Es wird die sofortige Vollziehung angeordnet und mit erheblichen Strafen in einem parallelen Strafverfahren gedroht.

Streitig war, wann eine sogenannte Scheinfirma vorliegt und welche Voraussetzungen die Rechnung erfüllen muss bzw. welche Adresse ausreichend ist.

Im Zeitalter des Internets ist es eben nicht mehr zeitgemäß, riesige Büroflächen zu mieten oder zu nutzen, vielmehr können ein Laptop und ein Büroservice genügen, um bei bestimmten Geschäften trotzdem, zumindest aus Sicht des Finanzamtes, große Umsätze zu erzielen.

Fraglich war, wann eine Adresse im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vorliegt. Sollte eine bloße postalische Erreichbarkeit unter der Adresse genügen oder mussten dort tatsächlich wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet werden?

Diese Frage ist nunmehr im Sinne einer wirtschaftlichen Praktikabilität vom BFH in der Entscheidung XI R 20/14 entschieden worden.

Die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug setzt nunmehr nicht voraus, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der dem Unternehmer erteilten Rechnung, für dessen Unternehmen die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind, angegeben ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der leistende Unternehmer unter der von ihm angegebenen Rechnungsanschrift erreichbar ist.

Dies stellt eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung dar und erleichtert das Vorgehen gegen die Versagung des Vorsteuerabzuges, da mit dieser Entscheidung klar ist, dass Firmen, die zumindest postalisch erreichbar sind aber am Standort keine wirtschaftlichen Aktivitäten entfalten, nicht automatisch Scheinfirmen sind.

Für eine solche Behauptung müssen die Finanzämter nunmehr viel genauer und detaillierter vortragen, was in vielen Fällen nicht möglich ist.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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