Vier Monate Probezeit bei einem befristeten Jahresvertrag? Warum das zu lang ist – Was Beschäftigte wissen sollten
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Kurzer Job, lange Probezeit – ist das erlaubt?
Ein Arbeitsvertrag auf nur ein Jahr befristet, aber mit vier Monaten Probezeit – bedeutet das, dass man fast ein Drittel der Zeit ohne regulären Kündigungsschutz arbeitet? Genau das war der Fall bei einer Arbeitnehmerin, die sich gegen eine Kündigung innerhalb dieser Probezeit wehrte.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg urteilte: So eine lange Probezeit bei kurzer Befristung ist unverhältnismäßig – und damit unwirksam.
Der Fall: Befristeter Vertrag mit langer Probezeit
Die Klägerin wurde für den Zeitraum 22.08.2022 bis 21.08.2023 – also für ein Jahr – befristet eingestellt. Der Arbeitsvertrag enthielt eine viermonatige Probezeit, während der mit einer verkürzten Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden konnte.
Am 9.12.2022 – innerhalb der Probezeit – kündigte der Arbeitgeber. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage mit dem Argument: Die Probezeit sei unverhältnismäßig lang für ein nur einjähriges Arbeitsverhältnis.
Das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 2.7.2024 – 19 Sa 1150/23) gab ihr Recht.
Die Entscheidung: Probezeit darf nicht zu lang sein
Das Gericht stellte klar:
Laut § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) muss die Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zur Befristungsdauer stehen.
Als Richtwert gilt: Probezeit = maximal 25 % der Vertragsdauer.
Bei einem Jahr Befristung wären also drei Monate Probezeit noch vertretbar.
Vier Monate hingegen überschreiten dieses Maß – und sind deshalb unwirksam.
Zwar durfte das Arbeitsverhältnis auch während der Befristung ordentlich gekündigt werden – aber nicht zu den verkürzten Bedingungen der (unwirksamen) Probezeit. Die ordentliche Kündigung war deshalb nur mit der regulären Frist (§ 622 Abs. 1 BGB: vier Wochen zum 15. oder Monatsende) wirksam.
Gesetzliche Grundlagen – verständlich erklärt
§ 15 Abs. 3 TzBfG: Begrenzung der Probezeit bei befristeten Arbeitsverträgen – neu seit August 2022.
§ 307 BGB: Schutz vor unangemessenen Benachteiligungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen – gilt auch für Arbeitsverträge.
Kündigungsfristen (§ 622 BGB): Während der Probezeit zwei Wochen, danach vier Wochen zum 15. oder Monatsende.
Was heißt das für Arbeitnehmer mit befristetem Vertrag?
Befristung heißt nicht weniger Rechte!
✔ Lange Probezeit bei kurzer Laufzeit prüfen: Bei einem Vertrag auf ein Jahr sollte die Probezeit maximal drei Monate betragen.
✔ Kündigung prüfen lassen: Wenn Sie innerhalb einer „zu langen“ Probezeit gekündigt wurden, kann diese unwirksam sein – und Sie haben gute Chancen auf eine Verlängerung oder Abfindung.
✔ Keine Angst vor Klage: Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden – sonst gilt die Kündigung als wirksam, auch wenn sie rechtswidrig war.
✔ Verträge genau lesen – oder prüfen lassen: Achten Sie auf das Verhältnis von Vertragslaufzeit und Probezeit – gerade bei befristeten Jobs.
Fazit: Probezeit ist kein Freifahrtschein für Kündigungen
Mit seinem Urteil vom 2.7.2024 (19 Sa 1150/23) hat das LAG Berlin-Brandenburg ein wichtiges Zeichen gesetzt: Auch befristete Arbeitsverhältnisse unterliegen Grenzen der Fairness – und eine überlange Probezeit ist nicht mit dem Gesetz vereinbar.
Tipp: Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Probezeit zu lang ist oder eine Kündigung rechtmäßig war, lassen Sie den Vertrag und die Kündigung juristisch prüfen – oft lohnt es sich.
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