Vorladung / Äußerungsbogen wegen Straftaten nach dem Infektionsschutzgesetz

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Seit dem 23.03.2020 ist in Berlin die SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung (im Folgenden: Corona-Verordnung) in Kraft. Diese gilt bis zum 05.04.2020 und enthält Regelungen, welche die Einschränkung des öffentlichen wie privaten Lebens mit weitreichenden Kontaktbeschränkungen verschärft. Wie von Bundeskanzlerin Merkel angekündigt, wird die Einhaltung der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus und insbesondere der Kontaktbeschränkungen von der Polizei und den zuständigen Ordnungsbehörden strikt überwacht und bei Zuwiderhandlungen sanktioniert.

Verhaltenstipps beim Erhalt einer Vorladung / Äußerungsbogen wegen Straftaten nach dem Infektionsschutzgesetz und bei einer Polizeikontrolle

Sollten Sie, ohne dass Sie einen Erlaubnisgrund haben (insbesondere, weil Sie in einer unerlaubten Personenanzahl unterwegs sind) von der Polizei auf ihren Erlaubnisgrund angesprochen werden, schweigen Sie im Zweifel. Notfalls kontaktieren Sie einen Fachanwalt für Strafrecht.

Antworten Sie nicht auf das Schreiben der Polizei, sondern kontaktieren Sie einen Anwalt für Strafrecht. Es sollte erst Akteneinsicht beantragt werden, um eine zielgenaue Verteidigungsstrategie zu entwickeln.

Wie soll ich mich verhalten, wenn ich bei einem Aufenthalt im Freien von der Polizei auf den Grund meines Aufenthalts außerhalb meiner Wohnung angesprochen werde?

Zur Vermeidung etwaiger Sanktionen nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG ggf. in Verbindung mit der Corona-Verordnung, sollten behördliche Maßnahmen nach dem IfSG sowie die in der Corona-Verordnung enthaltenen Regelungen unbedingt beachtet werden. Halten Sie sich vor allem nicht in Menschenansammlungen auf, die mehr als zwei Leute umfassen bzw. die Ihnen nicht als Angehörige des eigenen Haushalts zugeordnet werden können. Diese werden der Polizei oder den zuständigen Ordnungsbehörden besonders in Auge fallen und eine Kontrolle provozieren. Befolgen Sie gegen Sie angeordnete vollziehbare behördliche Maßnahmen nach dem IfSG unbedingt. Ansonsten drohen Ihnen die harten Sanktionen nach § 74 IfSG.

Bei einer Ansprache auf den Grund ihres Aufenthalts im Freien durch die Polizei oder die zuständige Ordnungsbehörden, sind Sie zunächst bei entsprechender Aufforderung verpflichtet, sich auszuweisen. Soweit Sie sich wegen eines legitimen Erlaubnisgrundes (z. B. Spazierengehen, notwendige Besorgungen des persönlichen Bedarfs in Verkaufsstellen) in der erlaubten Personenanzahl (bestenfalls allein, ansonsten zu zweit bzw. in Begleitung von Angehörigen des eigenen Haushalts) außerhalb Ihrer Wohnung befinden, sollten Sie ruhig bleiben und diesen Grund nachvollziehbar und damit glaubhaft darlegen. Sämtliche Erlaubnisgründe finden Sie in § 14 Abs. 3 der Corona-Verordnung unter

https://www.berlin.de/corona/massnahmen/verordnung/#headline_1_10 .

Auch wenn der Katalog der Ausnahmegründe unübersichtlich erscheint, bittet die Polizei dringend darum, bei Fragen zu der Corona-Verordnung nicht die Notrufnummer 110 zu wählen. Gleiches gilt für die Notrufnummer 112 der Feuerwehr. Die Notrufzentralen müssen für tatsächliche Notfälle freigehalten werden.

Sollten Sie sich tatsächlich ohne Erlaubnisgrund im Freien und/ oder in einer unerlaubten Ansammlung im Freien befinden, schweigen Sie im Zweifel lieber auf die Frage bezüglich ihres Erlaubnisgrundes und kommen Sie den Aufforderungen der Polizei oder der zuständigen Ordnungsbehörde nach, sich nach Hause zu begeben. Generell sollten Sie sich lieber anwaltlichen Rat einholen, wenn Sie unsicher bezüglich der Strafwürdigkeit ihres Verhaltens sind

Das gilt, insbesondere bevor Sie sich gegenüber der Polizei oder den zuständigen Ordnungsbehörden äußern wollen. Hier kann es sinnvoll sein, sich erst nach Akteneinsicht zu äußern. Auf eine solche hat man als mandatierter Anwalt für Strafrecht ein Recht und kann sich von der Beweislage einen Eindruck verschaffen. Das ist wichtig, da der Nachweis eines Verstoßes gegen die Kontaktbeschränkungen nämlich teilweise schwierig sein kann. Eine Aussage bei der Polizei ohne Kenntnis der Akten kann diesen Verteidigungsansatz stark einschränken.

Sollte es zu einer Strafanzeige gegen Sie kommen oder sogar eine Festnahme erfolgen, wenden Sie sich auf jeden Fall schnellstmöglich an einen Fachanwalt für Strafrecht und lassen Sie sich beraten.

Durchsetzung der Corona-Verordnung in Berlin

In Berlin kontrolliert die Polizei strikt, ob die Regelungen der Corona-Verordnung, insbesondere die Kontaktbeschränkungen, eingehalten werden. Einige Bürgerinnen und Bürger scheinen diese nämlich nicht ernst zu nehmen. Immer noch trifft man Gruppen beim Picknicken im Park oder Menschenansammlungen auf Spielplätzen. Seit Montagmorgen ist die Berliner Polizei deshalb mit rund 300 Polizeibeamten am Tag und 200 Polizeibeamten in der Nachtschicht im Rahmen stadtweiter Kontrollen unterwegs. Bereits am Montag, dem 23.03.2020, wurden über 100 Objekte kontrolliert, bei 64 wurden Zuwiderhandlungen festgestellt und sofortige Schließungen veranlasst. Ebenso erfolgten Überprüfungen im Freien.

Allein am Montag wurden 47 Strafanzeigen wegen Verstößen gegen das IfSG gefertigt. In den folgenden Tagen erfolgten die Kontrollen auf dieselbe Weise und wieder wurden zahlreiche Objekte kontrolliert und Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenanzeigen gefertigt – davon 12 nur wegen Verstößen gegen die Kontaktbeschränkung. Wiederholt mussten Personengruppen aufgelöst werden, welche in keinem Beziehungsverhältnis im Sinne der Corona-Verordnung zueinanderstanden und sich ohne triftigen Grund im Freien aufhielten. Vor allem in den Park- und Grünanlagen war ein hohes Besucheraufkommen festzustellen. Polizeikräfte sprachen Personen, die sich nicht an die Vorgaben hielten, gezielt an und sensibilisierten sie bezüglich der Einhaltung der Abstandsregeln.

In dem Zeitraum vom 23.03.2020 bis 26.03.2020 hat die Berliner Polizei insgesamt über 450 Objekte kontrolliert und davon über 100 nach festgestellten Verstößen geschlossen. Insgesamt konnten bisher über 300 Verstöße gegen die Verordnung festgestellt werden. Es wurden 210 Strafanzeigen und 61 Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstößen gegen das IfSG gefertigt.

Seit dem 14.03.2020 führte die Polizei Berlin damit insgesamt 1.710 objektbezogene Überprüfungen sowie 255 Überprüfungen im Freien durch. In 774 Fällen wurden sofortige Schließungen der Objekte angeordnet. Insgesamt stellten die Polizeikräfte bisher 582 Verstöße gegen das IfSG fest.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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