Vorweggenommene Erbfolge - Das Erbe zu Lebzeiten verteilen

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Es ist ratsam, sich möglichst frühzeitig darüber Gedanken zu machen, was nach dem Tode mit dem eigenen Vermögen (Bargeldvermögen, Anlagen, Grund und Boden, Immobilien, usw.) geschehen soll. 

Was damit geschehen soll, vor allem, in wessen Hände es kommen soll, kann man vollständig selbst entscheiden. Und man kann sogar bestimmen, wann! Die Erbfolge muss nämlich nicht zwangsläufig erst durch den eigenen Tod in Gang kommen. Unter Umständen ist es sinnvoll, bereits vor dem eigentlichen Erbfall Teile des Vermögens auf künftige planmäßige Erben zu übertragen. Dies nennt man „Vorweggenommene Erbfolge“.


In diesem Rechtstipp erfahren Sie:


  • Was Vorweggenommene Erbfolge ist

  • Welche Vor- und Nachteile sie hat

  • Wie regelt man eine vorzeitige Erbfolge?

  • Welche erbrechtlichen Auswirkungen entstehen können

Was ist Vorweggenommene Erbfolge?


„Vorweggenommene Erbfolge“ ist ein Überbegriff für mehrere unterschiedliche Verfahren, mit denen man Teile des eigenen Nachlasses bereits zu Lebzeiten auf seine Erben übertragen kann.

Sie bietet eine Vielzahl von Optionen, um je nach der konkreten Situation das passende rechtliche Verfahren zu wählen. Voraussetzung ist, dass man sich über die eigene Situation und die abzuwägenden Umstände genau im Klaren ist.

Es gibt folgende Arten vorweggenommener Erbfolge:


Schenkung

Sie kann als formlose Handschenkung (wie bei Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenken), oder als Vertragsschenkung erfolgen. Schenkungsverträge müssen notariell beglaubigt sein. Mehr dazu hier. 


Ausstattung

Vermögenswerte, die Eltern ihrem Kind übertragen, um es bei der selbständigen Lebenshaltung zu unterstützen, z.B. als Mitgift anlässlich der Eheschließung, als Rente oder kostenloser Wohnraum.

Mehr dazu hier.


Ehebedingte Zuwendung

Schenkungen unter Ehepartnern (einseitig oder wechselseitig) zum Erhalt, oder der Gestaltung Ihres gemeinsamen ehelichen Lebensstandes, üblicherweise in Form von Unterstützungszahlungen für die Altersvorsorge oder Eigentumsanteilen an Grund und Boden. Mehr dazu hier.



Welche Vor- und Nachteile hat die vorweggenommene Erbfolge?



Vorteile:

Nachteile:

Erbstreit vermeiden

Viele Erbschaftsstreitigkeiten entstehen durch Uneinigkeit darüber, was der Erblasser gewollt hat.

Dem lässt sich durch eine vorzeitige Erbverteilung vorbeugen, da der Erblasser die Angelegenheit mit allen Beteiligten gemeinsam selbst regeln kann.


Richtigen Zeitpunkt wählen

Durch vorweggenommene Erbfolge kann ein Erbe zu dem Zeitpunkt auf das Vermögen zugreifen, wenn er es am nötigsten braucht, etwa weil er eine Familie gründen oder ein Haus bauen möchte.


Steuern sparen

Bei Schenkungen können Sie die gesetzlichen Freibeträge gezielt ausschöpfen, und damit Ihren Erben unter Umständen hohe Erbschaftssteuern ersparen.


Pflichtteilansprüche senken

Durch lebzeitige Zuwendungen an die von Ihnen ausgewählten Personen schrumpft der Gesamtwert Ihres Nachlasses. Also können Sie nicht nur nach Ihren Wünschen vererben, sondern auch etwaige Pflichtteilansprüche eines gesetzlichen Erben drücken, und diesen damit effektiv enterben.


Kein Einfluss 

Ab dem Moment da Sie ein Erbe an den Erben vorzeitig auszahlen, und dieser damit nichts mehr von Ihnen zu erwarten hat, besitzen Sie keine Einflussmöglichkeiten mehr auf ihn.


Risiko Altersarmut

Eine vorweggenommene Erbfolge ist nur dann sinnvoll, wenn Sie selbst keinen Schaden dadurch nehmen. Dazu müssen Sie Ihre Finanzen auch hinsichtlich der Zukunft, gut im Blick haben, um nicht Gefahr zu laufen, durch unüberlegtes vorzeitiges Abgeben Ihres Vermögens in die Altersarmut zu kommen.


Kosten

Vorweggenommene Erbfolge kann höhere Kosten verursachen, als die normale Erbfolge. Gerade, wenn es um die Übertragung von Immobilien geht, können hohe Grundbuchkosten anfallen. Hier ist Vorsicht geboten!


Wie regelt man eine vorzeitige Erbfolge?


Kleine, anlassgebundene Schenkungen werden einfach übergeben. Wenn es jedoch an nennenswerte Geldbeträge oder die Übertragung von Immobilien geht, bedarf es eines Übergabevertrages.

Dieser unterscheidet sich vom Erbvertrag dadurch, dass beide Vertragspartner Bedingungen vereinbaren, zu deren Einhaltung sie sich mit Vertragsabschluss verpflichten.

Hierdurch kann der Erblasser Sicherheiten für sich selbst schaffen, etwa lebenslanges Wohnrecht in einem Haus, das er vorzeitig vererbt, oder, Mehr zum Thema Gegenleistungen bei Vorweggenommener Erbfolge erfahren Sie hier.

Damit diese Vertragsbedingungen auch rechtlich wirksam sind, muss ein Übergabevertrag durch einen Notar beglaubigt werden. Es ist sinnvoll, sich bei der Formulierung des Vertrags rechtlich beraten zu lassen.



Welche erbrechtlichen Auswirkungen hat eine vorweggenommene Erbfolge?


Die erbrechtlichen Folgen können unter Umständen sehr weitreichend sein. Dies ist, wie man so schön sagt, ein weites Feld, das juristischer Expertise bedarf.


Ein Beispiel:

Im Falle einer Schenkung an nicht gesetzliche Erben, die eine Verkleinerung des Nachlasses, und damit eine Kürzung der Pflichtteilansprüche Ihrer gesetzlichen Erben mit sich bringt, können diese unter Umständen gegenüber dem Beschenkten ein Recht auf Pflichtteilsergänzung geltend machen. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie hier.

Außerdem sind Schenkungen natürlich steuerpflichtig, wobei die Steuer durch das Ausschöpfen der gesetzlichen Freibeträge vermittelst frühzeitiger und gestaffelter Schenkungen minimiert werden kann. Mehr zum Thema Steuer und Freibeträge erfahren Sie hier.

Da dies, wie gesagt, ein weites Feld ist, empfiehlt es sich, eine anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um versteckten rechtlichen Fallstricken vorzubeugen.


Wenn Sie die vorweggenommene Erbfolge nutzen möchten, berate ich Sie gern!

Kontaktieren Sie mich einfach per Telefon, E-mail, oder über das Kontaktformular!



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