Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern § 176 StGB – Aussage gegen Aussage?

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Vorwurf des sexuellen Kindesmissbrauchs – Aussage gegen Aussage

Nicht immer sind Sachverhalte vor Gericht eindeutig. Gerade im Strafrecht kommt es jedoch darauf an, alle Facetten des vorliegenden Falles umfassend zu würdigen. Insbesondere dann, wenn es um pikante Vorwürfe aus dem Bereich des Sexualstrafrechts geht. Gerade hier kommt es häufig zu Aussage-gegen-Aussage-Situationen. Dann ist an die Beweiswürdigung ein besonders strenger Maßstab zu legen. So müssen beispielsweise schlüssige Feststellungen und Erwägungen zur Aussageentstehung und -entwicklung getroffen werden, die für die Bewertung der Aussage der Geschädigten von besonderer Bedeutung sind. In einem aktuellen Fall hatte die Revision eines Angeklagten Erfolg, der vor dem Landgericht wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in jeweils fünf Fällen und wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in weiteren fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt wurde.


Fehlerhafte Beweiswürdigung aus der Sicht des BGH

Die Prüfung des BGH als Revisionsgericht ist darauf beschränkt, festzustellen, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherten Erfahrungssätze verstößt. Besonders in Aussage-gegen-Aussage-Situationen muss das Tatgericht alle Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkennen, in seine Überlegungen miteinbeziehen und in einer Gesamtschau würdigen. Folgende Punkte haben nach Ansicht des BGH nicht diesem Maßstab entsprochen:

Nach der Urteilsbegründung hat sich die Geschädigte 2010 einer Freundin offenbart. Dabei sei die Rede von „konkreten Angaben“ zu sexuellen Handlungen gewesen. An einer späteren Stelle des Urteils heißt es, dass sich die Zeugin in der Hauptverhandlung nicht mehr an den genauen Inhalt des Gesprächs erinnern konnte. Hier widerspricht sich das Urteil.

Im Urteil festgestellte Angaben der Geschädigten gegenüber Zeugen seien gegenüber Angaben der Geschädigten im Ermittlungsverfahren detailarm und kaum aussagekräftig. Der Schluss des Landgerichts, dass die Aussagen der Geschädigten im Kern stets nachvollziehbar und widerspruchsfrei sind, sei daher nicht nachvollziehbar.

Die Offenbarungssituation wurde von dem Landgericht nicht ausreichend gewürdigt und erörtert. So sei nicht genügend berücksichtigt und beleuchtet worden, dass die Geschädigte gegen die neue Heirat ihrer Mutter war und lieber bei ihrem leiblichen Vater wohnen wollte. Im Übrigen hatte sie zu ihrer Mutter kein gutes Verhältnis.

Die Geschädigte wurde später mehrfach in die Kinder- und Jugendpsychiatrie eingewiesen. Es wurde nicht näher beleuchtet, ab wann die psychischen Probleme aufgetreten sind und welchen Einfluss dies auf die Aussage der Geschädigten hatte.

Darüber hinaus wurde die Geschädigte von einer Zeugin als immer im Mittelpunkt stehen wollend und nicht immer die Wahrheit sagend beschrieben. Dies wurde vom Landgericht nicht ausreichend gewürdigt.


Hier ist Feinarbeit gefragt

Bei der Beurteilung der jeweiligen Aussagen kommt es immer auf eine genaue Interpretation an. Gerade die Entstehung und die Entwicklung der belastenden Aussagen sind genaustens zu analysieren. Im Sexualstrafrecht kann eine schnelle und unbedachte Anschuldigung unter Umständen ein Leben in rechtlicher und sozialer Hinsicht zerstören. Verschiedene Emotionen wie Wut oder Scham verführen Menschen leider viel zu oft dazu, unwahre Tatsachen zu behaupten. Einmal eingeschlagen, lässt sich dieser Weg nur schwer wieder verlassen. Mit meiner Erfahrung als Strafverteidiger werde ich mich dafür einsetzen, alle Facetten des Falles zu beleuchten und eventuelle Widersprüche und Lücken in den Aussagen vermeintlicher Opfer aufzudecken.

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