Prozess: Vorwurf schweren sexuellen Missbrauchs u. Vorzeigen pornographischer Abbildungen an Kindern

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Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, dass er einer zur Tatzeit 13-Jährigen ein Bild seines erigierten Penis per WhatsApp gesendet hat und dass er mit diesem Mädchen den Geschlechtsverkehr vollzogen hat.

Das Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern u. a.

Für den Beschuldigten beginnt das Strafverfahren meist mit der Vorladung wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern. Der Beschuldigte kann aber auch erst mit der Zustellung der Anklageschrift von dem Strafverfahren Kenntnis erlangen.

Sollten Sie eine Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung erhalten, so sollten Sie dieser nicht Folge leisten. Als Beschuldigter haben Sie ein Schweigerecht, von dem Sie unbedingt Gebrauch machen sollten. Eine unüberlegte Aussage vor der Polizei kann Ihnen den Weg zu einem Freispruch abschneiden, sei sie auch noch so gut von Ihnen gemeint gewesen. Meistens werden Sie gar nicht merken, dass die Vernehmungsbeamten Sie Dinge fragen, zu denen Sie besser hätten schweigen sollen.

Sexueller Missbrauch an Kindern gem. § 176 StGB 

§ 176 StGB bestraft denjenigen, der sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt.

Opfer einer Tat nach § 176 StGB kann nur ein Kind, also eine Person unter 14 Jahren, sein. Dabei kommt es weder auf die sexuelle Erfahrenheit des Kindes an, noch ob das Kind die sexuelle Natur der tatbestandlichen Handlung wahrnimmt.

Tathandlungen sind sowohl sexuelle Handlungen, die der Täter an einem Kind vornimmt, als auch sexuelle Handlungen, die der Täter an sich von einem Kind vornehmen lässt.

Die sexuellen Handlungen müssen mit unmittelbaren Körperkontakt vollzogen werden.

Bei einer sog. Erheblichkeitsschwelle sind geringere Anforderungen als bei einem Erwachsenen zu stellen, jedoch sollte beachtet werden, dass es im Umgang mit Kindern zu vielen Körperkontakten kommen kann, deren sexuelle Natur und Erheblichkeit nur im Einzelfall betrachtet werden kann.

Für die 2. Alternative, das Sich-gewähren-Lassen, spielt es keine Rolle, von wem die Initiative ausgeht. Erfasst ist auch ein Gewähren-Lassen.

Schwerer sexueller Missbrauch an Kindern gem. § 176 a StGB 

§ 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB ist eine Qualifikation zum Missbrauch an Kindern gem. § 176 StGB.

Qualifiziert wird die Straftat dadurch, dass der Täter, der über 18 Jahre alt sein muss, den Beischlaf mit einem Kind vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind, oder die Tat von Mehreren gemeinschaftlich begangen wird oder der Täter das Kind in die Gefahr einer schwereren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt.

Zeigen Pornographischer Schriften gem. § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB 

Voraussetzung für die Strafbarkeit des § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB ist, dass der Täter mittels Gedankenäußerungen auf ein Kind einwirkt. Diese Gedankenäußerung muss einen pornographischen Inhalt haben. § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB nennt vier Formen des Einwirkens: das Vorzeigen pornographischer Abbildungen und Darstellungen, das Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhalts, das Zugänglichmachen pornographischer Inhalte mittels Informations- und Kommunikationstechnologie und entsprechende Reden.

Ausgang des Verfahrens

Eine Vergewaltigung gem. § 177 StGB kam vorliegend nicht Betracht, da der Angeklagte keinerlei Gewalt anwendete und die Geschädigte auch nicht kundtat, dass sie den Geschlechtsverkehr nicht möchte. Ein „Über-sich-ergehen-Lassen“ reicht nicht aus.

Hinsichtlich der angeklagten Taten wurde der Angeklagte freigesprochen, weil nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Angeklagte tatsächlich Kenntnis vom Alter des Kindes zum Tatzeitpunkt hatte.

Der Angeklagte wurde nach einem rechtlichen Hinweis gem. § 265 StPO gem. 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt. Denn der Nachweis, dass der Angeklagte keine Kenntnis über das Alter der Geschädigten zum Tatzeitpunkt hatte, konnte nicht erbracht werden. Es ist aber gem. § 184 abs. 1 Nr. 1 StGB auch strafbar, pornographische Schriften einer Person unter 18 Jahren anzubieten, zu überlassen oder zugänglich zu machen. 

Verhalten bei Vorladung oder Anklage wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a. 

Sofern Sie eine Vorladung oder bereits eine Anklage wegen sexuellen Missbrauch an Kindern erhalten haben, sollten Sie dringend einen Strafverteidiger mit Ihrem Fall vertraut machen. Zusammen mit Ihnen kann Ihr Strafverteidiger dann auf Grundlage der Ermittlungsakten eine individuelle Verteidigungsstrategie entwickeln.

Gerne können Sie kurzfristig einen Termin in unserer Kanzlei an einem unserer Berliner Standorte vereinbaren. Als bundesweit tätiger Anwalt für Strafrecht stehe ich Ihnen gerne in allen Abschnitten des Strafverfahrens wegen sexuellen Missbrauch von Kindern zur Seite und entwickle Ihre persönliche Verteidigungsstrategie.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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