Waffenrecht: Waffe in Vereinsküche – kein geeigneter Aufbewahrungsort

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In seiner Entscheidung 6 B 316/22 befasste sich das OVG Bautzen am 06. März 2023 mit der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG. Dabei verdeutlichte es die Anforderungen an eine „Aufbewahrung“ im Sinne des § 36 Abs. 5 WaffG i. V. m. § 13 AWaffV.

Was war geschehen?

Gegenstand der Entscheidung war eine Beschwerde gegen den Beschluss des VG Dresden vom 14. Dezember 2022, Az. 6 L 777/22. Der Beschwerdeführer hatte zum wiederholten Male eine seiner Waffen auf der Arbeitsplatte einer Vereinsküche liegen lassen. Nachdem die Waffe dort über einen Zeitraum von etwa sechs Stunden gelegen hatte, wurde der Beschwerdeführer im Vereinshaus überfallen. Dabei wurde die Waffe von den Tätern entwendet. Daraufhin widerrief die zuständige Behörde seine waffen- sowie sprengrechtlichen Erlaubnisse und nahm seinen Europäischen Feuerpass zurück. Der Beschwerdeführer habe sich nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG als unzuverlässig für das Führen von Waffen erwiesen. 

Hiergegen legte der Beschwerdeführer nun einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO ein und beantragte, die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen den Bescheid der Behörde anzuordnen bzw. wiederherzustellen. Das VG Dresden wies diesen jedoch durch Beschluss zurück. Auch das Gericht sah den Beschwerdeführer als unzuverlässig an. Ein Vorgehen gegen den Bescheid der Waffenbehörde werde nach summarischer Prüfung ohne Erfolg bleiben.

Was entschied das Gericht?

Das OVG Bautzen bestätigte die Entscheidung des VG Dresden und wies die Beschwerde zurück.


Zu den allgemeinen Anforderungen an Waffenbesitzer


Gemäß § 36 Abs. 1 WaffG habe derjenige, der Waffen oder Munition besitze die erforderlichen Vorkehrungen nach § 36 Abs. 5 WaffG i. V. m. § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV um die unbefugte Ansichnahme durch einen Dritten oder ein Abhandenkommen zu verhindern. Grundsätzlich sei dies durch die Aufbewahrung in einem Behältnis, das diesen Anforderungen entspricht, sicherzustellen. Bei vorübergehender Aufbewahrung außerhalb der Wohnung, etwa zu Jagdzwecken, sei derjenige gemäß § 13 Abs. 9 AWaffV dazu verpflichtet Waffen und Munition unter besonderer Aufsicht aufzubewahren, jedenfalls seien auch dann Vorkehrungen zu treffen, um ein Abhandenkommen oder eine unbefugte Ansichnahme durch Dritte zu verhindern.


Zum vorliegenden Fall


Diesen Anfoderungen genüge das Ablegen einer Waffe in einer Vereinsküche nicht. Insbesondere dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Küche durch eine Vielzahl von Personen betreten wird, die Waffe dort über einen längeren Zeitraum hinweg liege und Personen auch bekannt sei, dass die Waffe gelegentlich dort abgelegt werden würde.

Der Einwand des Beschwerdeführers, nach dem Weggang des letzten Besuchers habe er sich in einer vergleichbaren Situation befunden, wie wenn er zuhause die Waffe herausgeholt hätte um sie etwa zu reinigen und dabei in seiner Wohnung überfallen worden wäre, greift nicht durch. Das Gericht ist der Ansicht, dass auch in solch einer Situation der Beschwerdeführer sich vergewissern müsse, wer da seine Wohnung betrete oder die Waffe sofort vor unbefugtem Zugriff sichern müsste.

Auch das Argument des Beschwerdeführers, die Schließzeit sei nicht zu werten, da zu der Zeit niemand die Küche habe betreten können und er als Schießleiter stets einen Blick auf die Waffe hat, weist das Gericht zurück. Die Küche im vorliegenden Fall hat zwei Zugänge. Davon sei nur eine verschließbar, während der andere Zugang ein Rundbogen ist. Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Tätigkeit als Schießleiter nicht durchgängig hätte auf die Waffe in der Küche achtgeben können. Allenfalls gelegentlich habe er wohl nach ihr sehen können. Dazwischen hätte auch eine Person unbemerkt vom Beschwerdeführer das Vereinshaus und die Küche durch den Rundbogen betreten und die Waffe an sich nehmen können. Der Beschwerdeführer habe sämtliche Vorkehrungen unterlassen, um die Waffe über einen Zeitraum von mehreren Stunden von einer Wegnahme durch einen einschränkbaren Personenkreis zu schützen. Dies reiche schon aus, um eine gravierende Verletzung der Aufbewahrungspflichten gemäß § 36 Abs. 5 WaffG i. V. m. § 13 AWaffV zu bejahen.

Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht auf die erleichterten Anforderungen des § 13 Abs. 9 AWaffV berufen. Diese gilt für vorübergehende Aufbewahrung außerhalb der Wohnung im Zusammenhang mit dem sportlichen Schießen. Die Vorschrift gelte, wenn eine ordnungsgemäße Aufbewahrung nach § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV nicht möglich sei, weil die Waffe zu ihrem zweckgerichteten Gebrauch, etwas dem sportlichem Schießen, entnommen werden müsse. Ein Waffenbesitzer ist dann jedoch dazu verpflichtet, die Waffe unter angemessener Aufsicht aufzubewahren oder durch andere erforderliche Vorkehrungen gegen Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnahme zu sichern. Sinn und Zweck des § 13 Abs. 9 AWaffV sei die angepasste vorübergehende Sicherung einer Waffe. Dies könne durch eine aktive Beaufsichtigung der Waffe oder durch Lagerung in einem dafür bestimmten Transportbehältnis geschehen. Ein offenes Liegenlassen der Waffe in Räumen, die nicht ein Mal für das sportliche Schießen geeignet seien, entspreche offensichtlich nicht den Kriterien des § 13 Abs. 9 AWaffV.

Auch der Einwand, die Räuber hätten die Waffe auch an sich genommen, wenn sie sich in einem beschlossenen Behältnis befunden hätte und dies erkennbar gewesen sei, verfängt nicht. Das OVG Bautzen macht deutlich, dass es bei der Einschätzung der Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG allein auf Tatsachen ankomme, die die Annahme rechtfertigten, dass er Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren wird. Auf tatsächliche oder gar hypothetische Schadensverläufe komme es hier gar nicht an.

Was ergibt sich daraus?

Die Entscheidung des OVG Bautzen fügt sich ein in eine Reihe verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen, die hohe Anforderungen an die waffenrechtliche Zuverlässigkeit im Zusammenhang mit der Aufbewahrung von Waffen und Munition stellen. 

Waffen und Munition sind stets so aufzubewahren, dass sie bestmöglich vor einer unbefugten Ansichnahme oder einem Abhandenkommen gesichert sind. Dies gilt auch für den Zeitraum, in welchem eine Waffe, etwa zum Zwecke des sportlichen Schießens oder der Jagd, aus der Wohnung entnommen wird. Die Konsequenzen eines Verstoßes gegen diese Grundsätze sind strikt. 

Foto(s): Lindemann Rechtsanwälte

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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