Wann habe ich ausnahmsweise einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung vom Arbeitgeber?

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Wann habe ich ausnahmsweise einen rechtlichen Abfindungsanspruch?

Die Frage ist daher, wann ein gesetzliches Recht auf Abfindung besteht. Ein solcher arbeitsrechtlicher Anspruch auf Abfindung besteht nicht, wie von vielen vermutet, in etwa automatisch wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern nur, wenn für den Abfindungsanspruch eine bestimmte arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage besteht. Hierbei gibt es Ausnahmen, in denen Arbeitnehmer die Zahlung einer Abfindung rechtlich beanspruchen können. Ein solches Recht auf Abfindung kann sich insbesondere aus folgenden Anspruchsgrundlagen ergeben:

  • Arbeitsvertrag
  • Tarifvertrag
  • Rationalisierungsschutz-Abkommen
  • Sozialplan
  • gesetzliche Abfindung nach § 113 BetrVG bei Betriebsänderung
  • betriebliche Übung oder Gleichbehandlungsgrundsatz
  • Auflösungsantrag des Arbeitnehmers
  • Auflösungsantrag des Arbeitgebers
  • Berechtigte fristlose Kündigung des Arbeitnehmers (§ 628 BGB)
  • Geschäftsführervertrag.

Eine Abfindung kann bereits beim Abschluss eines Arbeitsvertrages vereinbart werden.

Auch aus einem Tarifvertrag kann ein Recht auf Abfindung abgeleitet werden. Denn in bestimmten Branchen sehen Tarifverträge bei betriebsbedingtem Ausscheiden des Arbeitnehmers eine Abfindung vor. Hierbei handelt es sich meist um Rationalisierungsschutz-Tarifverträge.

Gelegentlich kann eine Abfindung auch aus einem Rationalisierungsschutz-Abkommen hergeleitet werden. Dabei handelt es sich um Abkommen zwischen Arbeitgeber, Betriebs- oder Personalvertretern, Gewerkschaften und anderen Stellen, die einen Rationalisierungsschutz für bestimmte Arbeitnehmer vorsehen. Solche Abkommen kommen gewöhnlich bei der Privatisierung von ehemals staatlichen Betrieben vor und sehen hierbei meist Abfindungen vor.

Verfügt ein Betrieb über einen Betriebsrat, so handelt dieser mit dem Arbeitgeber in einem Sozialplan Abfindungen für die Arbeitnehmer aus, die oft für betriebsbedingtes Ausscheiden von Arbeitnehmern vorgesehen sind.

Auch besteht ein gesetzlicher Abfindungsanspruch nach § 113 BetrVG, wenn der Arbeitgeber eine geplante Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durchführt und von einem mit dem Betriebsrat erzielten Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund abweicht und ein Arbeitnehmer hierbei entlassen wird. Auch bei der Durchführung einer geplanten Betriebsänderung, ohne zuvor einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, besteht derselbe gesetzliche Abfindungsanspruch. Dies ist vor allem der Fall, wenn der Arbeitgeber Vereinbarungen mit dem Betriebsrat nicht einhält oder mit dem Betriebsrat nicht genügende oder gar keine Verhandlungen über einen Sozialplan geführt hat.

Eine gesetzliche Abfindung kann sich auch grundsätzlich aus betrieblicher Übung oder dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.

Eine solche gesetzliche Abfindung kann sich auch aus einem Auflösungsantrag des Arbeitnehmers ergeben. Dies ist der Fall, wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist und dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Auf Antrag des Arbeitnehmers kann das Arbeitsgericht dann das Arbeitsverhältnis auflösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen. Jedoch macht ein solcher Antrag in den meisten Fällen keinerlei Sinn, da der Arbeitnehmer oft im Verhandlungswege durch die Vertretung eines spezialisierten Rechtsanwalts in einem Kündigungsschutzprozess eine sehr viel höhere Abfindung gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen kann.

Auch kann sich eine gesetzliche Abfindung bei einem Auflösungsantrag des Arbeitgebers ergeben. Dies ist der Fall, wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass das Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers nicht aufgelöst worden ist und zudem Gründe vorliegen, die eine weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Diese letzte Möglichkeit ist dem Arbeitgeber nur in ganz bestimmten Fällen möglich. Der in §§ 9 und 10 Kündigungsschutzgesetz vorgesehene Auflösungsantrag sieht zwar bei schwerwiegenden Belastungen des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung gesetzlich vor. Hier muss jedoch ausgeführt werden, dass in der Praxis die Arbeitsgerichte hierfür so hohe Anforderungen aufstellen, dass diese Möglichkeit der Abfindung praktisch kaum eine Rolle spielt.

Dem Arbeitnehmer kann zudem eine gesetzliche Abfindung nach § 628 BGB zustehen, wenn der Arbeitnehmer selbst berechtigt eine fristlose Kündigung ausspricht. Die Voraussetzungen für diesen gesetzlichen Abfindungsanspruch sind wie folgt:

  1. Der Arbeitgeber hat sich schuldhaft schwerwiegend pflichtwidrig verhalten.
  2. Aus diesem Grunde ist der Arbeitnehmer berechtigt das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen.
  3. Der Arbeitnehmer hat aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis wirksam fristlos beendet.
  4. Der Arbeitnehmer genoss zuvor Kündigungsschutz und hat diesen durch die Eigenkündigung verloren.
  5. Der Arbeitgeber war seinerseits nicht berechtigt das Arbeitsverhältnis zu kündigen.

Falls die Voraussetzungen vollumfänglich erfüllt sind, steht dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Abfindungsanspruch nach § 628 BGB zu. Die Abfindung stellt hierbei sodann einen Schadensersatz für den vom Arbeitgeber provozierten Verlust des Arbeitsverhältnisses.

Eine seltene Abfindungsregelung ist auch im § 1a Kündigungsschutzgesetzgeregelt. Hierbei muss der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung erklären. In dem genannten Kündigungsschreiben muss der Arbeitgeber die Zusage erteilen, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, wenn er keine Kündigungsschutzklage erhebt.

Hierbei kann ausgeführt werden, dass die Regelung des § 1 a KSchG nicht sinnvoll erscheint, da der Anspruch auf die Abfindung von lauter Freiwilligkeit abhängig ist. Es ist zum einen nur dem Arbeitgeber überlassen, ob er die Abfindung freiwillig anbietet, zudem ist dem Arbeitnehmer sodann freiwillig überlassen, ob er von diesem Angebot Gebrauch macht. Eine solche gesetzliche Abfindungsregelung erscheint nicht notwendig, da Aufhebungsverträge mit Abfindungsregelungen sich ohne das komplizierte Verfahren des § 1a Kündigungsschutzgesetz häufig einfacher bewerkstelligen lassen. Zudem kann nach Praxiserfahrung ausgeführt werden, dass die herkömmliche Vorgehensweise mit einer Kündigungsschutzklage für die Arbeitnehmer häufig zu einer deutlich höheren Abfindung führt als § 1a Kündigungsschutzgesetz. Dies vor allem wenn man sich in dem Kündigungsschutzverfahren von einem spezialisierten Rechtsanwalt vertreten lässt.

Möglich ist zudem auch, dass die Arbeitsvertragsparteien bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine freiwillige vertragliche Vereinbarung über die Zahlung einer Abfindung abschließen. Hierbei kann ein Aufhebungsvertrag oder ein Abwicklungsvertrag mit einer Abfindungsregelung mit dem Arbeitgeber geschlossen werden.

Steht mir eine Abfindung bei einer Befristung zu?

Sollte ein Arbeitsverhältnis durch eine Befristung enden, so steht dem Arbeitnehmer kein gesetzliches Recht auf Abfindung zu. Jedoch kann der Arbeitnehmer bei einer Befristung möglicherweise eine Abfindung im Verhandlungswege oder im Wege einer Entfristungsklage durchsetzen. Hierbei gelten dieselben Überlegungen wie bei einer Abfindung nach einer Kündigung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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