Wann ist Rauschgiftbesitz strafbar ? – Betäubungsmittel in Unterhose

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Der Besitz von Rauschgibt ist strafbar (§§ 29 ff. StGB), nicht jedoch der Konsum. Wie kann man konsumieren, ohne vorher Besitz des Betäubungsmittels erlangt zu haben ?

Wie differenziert die Rechtsprechung ein strafloses Besitzen ?

Eine ganz kurzfristige Hilfstätigkeit, das heißt eine Sachherrschaft, die sich auf keine nennenswerte Dauer erstreckt, auch nicht erstrecken soll, und zugunsten eines anderen in dessen Beisein ausgeübt wird, genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keinesfalls (BGHSt. 26, 117 [f.]).

Das Bayerischen Oberste Landgericht (BayObLG München) hat mit Beschluss v. 04.03.2020 (Az : 203 StRR 66/20) ein Urteil eines Amtsgerichts aufgehoben und zu dieser Frage erneut Stellung bezogen.

Kein Besitz im Sinne des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BtMG ist demzufolge eine Sachherrschaft, die sich auf keine nennenswerte Dauer erstreckt, auch nicht erstrecken soll, und zugunsten eines anderen in dessen Beisein ausgeübt wird (im Anschluss an BayObLGSt. 1982, 132). Wer lediglich eine solche Sachherrschaft an einem Betäubungsmittel erlangt, verschafft es sich nach dem höchsten bayerischen Strafgericht auch nicht im Sinne des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 BtMG.

In dem vom BayObLG zugrundeliegenden Fall saß der Angeklagte mit dem anderweitig verfolgten Rauschgiftdealer K. auf einer Parkbank und war lediglich anwesend - ohne Kauf oder Konsumabsicht -, während K. Rauschgift (jedenfalls Amphetamin und Methamphetamin) in kleine Plastiktüten umpackte. Als sich Polizisten näherten und der Angeklagte fürchtete, K. allein werde das Rauschgift nicht mehr rechtzeitig in seiner Kleidung verstecken können, nahm der Angeklagte ebenfalls Rauschgift an sich und steckte es in seine Unterhose, „um dem anderweitig verfolgten K. zu helfen, aber auch, um nicht selbst in den Verdacht zu geraten, dass ihm das Rauschgift gehören könnte.

Der Senat sprach sich eindeutig gegen eine Strafbarkeit aus. Die Feststellungen des Amtsgerichts belegen lediglich, dass der Angeklagte eine Sachherrschaft über das Rauschgift nur während kurzer Dauer hatte und auch nicht länger haben wollte; und zwar nicht länger, als die polizeiliche Kontrolle dauern würde. Dabei übte er nach zutreffender Ansicht der Richter diese Sachherrschaft nur insoweit im eigenen Interesse aus, wie sie verhindern sollte, dass sich ein Tatverdacht wegen eines Rauschgiftdelikts auch gegen ihn richtete. Was aber den Erhalt der Sachsubstanz und den Sachwert betraf, handelte der Angeklagte fremdnützig zugunsten des K., der während dieser Handlung anwesend war und sie ausdrücklich oder mutmaßlich billigte (BayObLG München, Beschluss v. 04.03.2020  - Az : 203 StRR 66/20).

 

Der Autor, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht und Verkehrsrecht Christian Steffgen, ist seit fast 20 Jahren in der Verteidigung von Betäubungsmittelstraftaten spezialisiert. Er hat aufgrund seiner umfangreichen Erfahrungen mit Strafverfolgungsbehörden und Gerichten bundesweit Freisprüche und Einstellungen erreicht.

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