Wann kann die Strafe bei Drogendelikten geringer ausfallen? Anwalt für Drogenstrafrecht

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Woher kommt eigentlich die Bezeichnung „31er“?

Die Strafandrohungen bei Straftaten im Umgang mit Drogen sind nicht selten äußerst hoch, insbesondere beim strafbaren Umgang mit Drogen in nicht geringer Menge.

Doch gibt es durchaus Möglichkeiten und Konstellationen, in denen die Strafe geringer ausfallen kann. Gerade das Betäubungsmittelgesetz hält spezielle gesetzliche Strafmilderungsgründe bereit.

Ein erfahrener und spezialisierter Anwalt für Drogenstrafrecht wird die Argumente, die für das Greifen eines Strafmilderungsgrundes oder sonst für eine Milderung der Strafe in Ihrem Fall sprechen können erkennen und in diesem Fall die Verteidigungsstrategie entsprechend danach ausrichten.

Der wohl bekannteste Strafmilderungsgrund im Drogenstrafrecht ist § 31 Betäubungsmittelgesetz (BtMG).

In § 31 BtMG ist die sogenannte „Kronzeugenregelung“ enthalten, welche eine Strafmilderung oder ein gänzliches Absehen von Strafe für denjenigen Täter ermöglicht, der andere Straftäter belastet. Daher wird die Bezeichnung „31er“ umgangssprachlich auch als Synonym für „Verräter“ verwendet und der § 31 BtMG als „Judasparagraph“ bezeichnet.

Daneben gibt es im Drogenstrafrecht aber noch weitere Möglichkeiten, wann eine geringere Strafe verhängt oder sogar von der Strafverfolgung oder Verhängung einer Strafe abgesehen werden kann. 


Wann kann das Belasten eines anderen im Drogenstrafrecht zu einer Strafmilderung führen? Voraussetzungen des § 31 BtMG

Zeigt sich ein Täter im Rahmen des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens kooperativ gegenüber den Ermittlungsbehörden, kann sich dies zu seinem Vorteil auswirken. Dies gilt für die Fälle, dass durch seine Hilfe begangene Taten aufgeklärt sowie geplante Taten verhindert werden können. 

Es wird unterschieden zwischen der Aufdeckung bereits begangener Taten (§ 31 S. Nr. 1 BtMG) und der Verhinderung weiterer schwerer Betäubungsmittelstraftaten (§ 31 S. 1 Nr. 2 BtMG). Letztere Variante betrifft also künftige Straftaten, die noch im Planungsstadium stecken.


Was muss ich für eine Strafmilderung nach § 31 BtMG tun?

Die Voraussetzungen für die Aufdeckung und Verhinderung sind nur teilweise identisch. 

Beide Varianten haben gemeinsam, dass für eine Strafmilderung freiwillig Wissen offenbart werden muss. 

Die Offenbarung setzt voraus, dass bewusst Wissen mitgeteilt wird. Gleiches gilt, wenn der Beschuldigte beispielsweise an einer überwachten Scheinübergabe mitwirkt oder die Polizei bei einem Telefonat zur Klärung eines Scheingeschäftes mithören lässt und durch seine Hilfe Wissen erlangt wird.

Bei dem Wissen muss es sich um konkrete Tatsachen handeln, welche andere Personen belasten. Diese müssen aus eigenen Erlebnissen des Täters stammen und nicht durch Dritte erlangt worden sein. Bloße Vermutungen, Gerüchte oder vage Verdächtigungen sind für die Erlangung einer Strafmilderung nach § 31 BtMG nicht ausreichend. 

Freiwillig ist die Offenbarung, wenn der Täter sich aus seiner Sicht frei dazu entscheidet. Die leitenden Motive spielen keine Rolle. Freiwilligkeit liegt auch vor, wenn der Täter aus Angst handelt, um anderen Tatbeteiligten zuvorzukommen oder um die Vorteile für seine Strafzumessung zu erlangen.


Strafmilderung nach § 31 durch Aufdeckung einer anderen Drogenstraftat

Bei der Aufdeckung erfolgt die Mitteilung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden (insbesondere der Polizei oder Staatsanwaltschaft).  Sie kann frühestens erfolgen, wenn ein Ermittlungsverfahren gegen den Täter eingeleitet wurde und spätestens, wenn die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn beschlossen ist. 

Zudem muss ein Aufklärungserfolg eingetreten sein. Dieser liegt vor, wenn der Täter beispielsweise beteiligte Personen und deren Tatbeitrag benennt und dadurch wesentlich dazu beiträgt, dass die Tat aufgedeckt wird und damit die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Strafverfahren geschaffen werden. 

Bloße Bemühungen reichen dafür nicht aus, auch wenn sie unter Umständen anderweitig berücksichtigt werden können. 


Strafmilderung nach § 31 durch Verhinderung einer Straftat

Bei der Verhinderung muss die Mitteilung gegenüber einer Dienststelle vorgenommen werden, d.h. zusätzlich zu den Strafverfolgungsbehörden kommen auch Gerichte oder staatliche/ kommunale Behörden als Adressaten in Betracht. 

Dabei muss dies zu einem Zeitpunkt erfolgen, dass noch die Möglichkeit besteht, die Tat zu verhindern.


Strafmilderung nach § 31 nur bei Zusammenhang der eigenen Tat und der offenbarten Tat

Erforderlich ist, dass die Tat des Beschuldigten und die offenbarte Tat in einem Zusammenhang stehen. 

Sie müssen einen Bezug zueinander haben, der sich beispielsweise aus der Beteiligung der identischen Personen und einer gewissen Gleichartigkeit der Tatbegehung und Motivation ergeben kann. 


Für welche Straftaten gilt die Strafmilderung nach § 31 BtMG? 

Die eigene Tat des Täters muss eine Straftat aus dem Betäubungsmittelgesetz sein (§§ 29–30a BtMG).

Bei der aufgedeckten Straftat muss es sich um eine nach §§ 29 bis 30a BtMG handeln. Erfasst sind damit jegliche Drogendelikte, vom Anbau bis zum Erwerb.

Die Verhinderung bezieht sich lediglich auf bestimmte Straftaten (§§ 29 Abs. 3, 29a Abs. 1, 30 Abs. 1, 30a Abs. 1 BtMG). 

Diese Straftaten erfassen schwerwiegendere Straftaten in Bezug auf Drogen, wie beispielsweise das banden- oder gewerbsmäßige Handeln. Im Mindestmaß ist eine Freiheitsstrafe von einem Jahr vorgesehen. 


Wie hoch ist die Strafe nach einer Strafmilderung nach § 31 BtMG?

Die zu erwartende Strafe richtet sich vorrangig nach der begangenen Tat. Der Strafrahmen ergibt sich aus der verwirklichten Strafnorm des Betäubungsmittelgesetzes. 

Es kann vollständig von einer Strafe abgesehen werden, wenn eine Freiheitsstrafe von weniger als drei Jahren zu verhängen gewesen wäre. Die Anforderungen dafür sind besonders hoch. 

Die Milderung erfolgt gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Danach verschiebt sich der Strafrahmen zu Gunsten des Täters.  Sowohl die Mindest- als auch die Höchststrafe verringern sich gegenüber der vorgeschriebenen Strafe. 

Beispiel:  Der Täter begeht eine Tat nach § 29a Abs. 1 BtMG, die eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsieht. Die Höchststrafe liegt entsprechend bei 15 Jahren Freiheitsstrafe. 

Der Strafrahmen verschiebt sich bei Anwendung des § 31a BtMG i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB auf eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu maximal elf Jahren und drei Monaten. 


Muss das Gericht die Strafe mildern, wenn ich eine andere Person nach § 31 BtMG verraten habe?

Bei dem § 31 BtMG handelt es sich um eine sogenannte „Kann“-Vorschrift. Es liegt im Ermessen des Gerichtes, ob und inwieweit die Strafe gemildert oder von ihr abgesehen wird. 

Dafür wird eine Gesamtwürdigung vorgenommen, wobei alle relevanten Umstände einbezogen und schlussendlich gegeneinander abgewogen werden. 

Von Bedeutung sind dabei insbesondere die folgenden Kriterien: 

  • Art und Umfang der offenbarten Tatsachen
  • Bedeutung der Tatsachen für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat
  • Ausmaß seiner Unterstützung für die Strafverfolgungsbehörden 
  • Schwere der Tat, die aufgeklärt oder verhindert wird  

Demgegenüber stehen: 

  • Schwere der eigenen Straftat
  • Schuld des Beschuldigten (Anzahl der Straftaten, Art und Menge des Betäubungsmittels) 


Kommt es trotz Offenbarens einer anderen Drogenstraftat zu einer Hauptverhandlung vor Gericht?

Zu einer Hauptverhandlung kommt es grundsätzlich, wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt und das Gericht beschließt, das Hauptverfahren zu eröffnen. Die Hauptverhandlung ist Teil dieses Hauptverfahrens. 

Liegen die Voraussetzungen der Strafmilderung § 31 Betäubungsmittelgesetz vor, wonach von einer Strafe abgesehen werden kann, findet nicht zwangsläufig eine Hauptverhandlung statt.

Die Staatsanwaltschaft kann mit der Zustimmung des zuständigen Gerichtes, bereits von der Möglichkeit Gebrauch machen und von der Erhebung einer öffentlichen Anklage absehen (§ 153b Abs. 1 StPO). 

Im Falle der Strafmilderung bedarf es einer Hauptverhandlung, da die Bemessung der Strafe durch das Gericht erfolgt. 


Gibt es weitere Möglichkeiten einer geringeren Strafe wegen Drogen außer den Verrat eines anderen?

Ja. Der „31er“ ist nicht die einzige Möglichkeit, eine mildere Strafe wegen einer Drogenstraftat zu erhalten.

Für einige Straftaten im Betäubungsmittelstrafrecht sieht das Gesetz einen sogenannten „minder schweren Fall“ der Straftat vor (§§ 29a Abs. 2, 30 Abs. 2, 30a Abs. 3 BtMG). 

Da in diesen Fällen der üblicherweise vorgesehene Strafrahmen unangemessen wäre, verringern sich die mögliche Mindest- und Höchststrafe. Die Entscheidung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, erfolgt einzelfallabhängig, unter Berücksichtigung verschiedener Umstände. Beispielsweise der Handel mit einer weniger gefährliche Droge oder das niedrige Alter des Beschuldigten können Kriterien sein, die zur Bejahung eines minder schweren Falles führen. 

In § 29 Abs. 5 BtMG besteht die Möglichkeit von einer Strafe abzusehen, wenn es sich um eine geringe Drogenmenge handelt, die ausschließlich für den Eigenverbrauch bestimmt ist. Eine solche liegt grundsätzlich vor, wenn die Menge so gering ist, dass damit maximal drei Mal ein Rauschzustand erreicht werden kann. 

Gemäß § 31a BtMG kann von der Strafverfolgung abgesehen werden. Die Staatsanwaltschaft, beziehungsweise das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft können das Verfahren einstellen, wenn 

  1. die vorgeworfene Tat „nur“ ein Vergehen im strafrechtlichen Sinne nach § 29 Abs. 1, 2 oder 4 BtMG ist. Ein Vergehen ist dabei eine Straftat, deren Mindeststrafe eine Geldstrafe oder eine geringfügigere Freiheitsstrafe (unter einem Jahr) ist,
  2. die Schuld des Beschuldigten als gering anzusehen wäre (im Falle einer Verurteilung),
  3. kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht“ und
  4. der Beschuldigte die Drogen nur „zum Eigenverbrauch in geringer Menge“ z.B. besitzt oder herstellt.


In Bezug auf den Besitz von Cannabisprodukten gelten in den Bundesländern jeweils Richtlinien, welche den Umgang mit „geringen Mengen“ festlegen. 

In Berlin hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren beim Besitz von unter zehn Gramm einzustellen. Bei einer Menge von zehn bis maximal fünfzehn Gramm kann die Staatsanwaltschaft einstellen, muss dies jedoch nicht tun. 

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