Was geschieht nach Einreichung der Klage beim Arbeitsgericht?

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Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Bert Howald erklärt die einzelnen Schritte so:

Der Anwalt reicht die Klage entweder (gilt nur noch bis spätestens 31.12.2021), vorab per Telefax, oder im Original bei Gericht ein oder bedient sich des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches als Teil des elektronischen Rechtsverkehrs mit Gerichten. Das Gericht registriert den Eingangszeitpunkt genau, weil sich danach Fristen richten können. Es verteilt die eingehenden Klagen nach dem sogenannten „Geschäftsverteilungsplan“ des Gerichts. Das Verfahren erhält dabei auch das Aktenzeichen. Auf die Verteilung haben die Anwälte keinen Einfluss. Nach § 54 Absatz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes wird zunächst ein Gütetermin anberaumt. 

Nach § 54 des Arbeitsgerichtsgesetzes beginnt die mündliche Verhandlung mit einer Verhandlung vor dem Vorsitzenden zum Zwecke der gütlichen Einigung der Parteien (Güteverhandlung). Der Vorsitzende hat zu diesem Zwecke das gesamte Streitverhältnis mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern. Zur Aufklärung des Sachverhalts kann er alle Handlungen vornehmen, die sofort erfolgen können. Nach § 61a Absatz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes soll bei Kündigungsverfahren innerhalb von zwei Wochen nach Klageerhebung eine Güteverhandlung stattfinden. 

In der Praxis vergehen aber manchmal auch mehrere Wochen, bis es zu einem Gütetermin kommt. Der Vorsitzende kann die Güteverhandlung mit Zustimmung der Parteien in einem weiteren Termin, der alsbald stattzufinden hat, fortsetzen. Beim Gütetermin ist nur der oder die Kammervorsitzende anwesend, nicht die zwei ehrenamtlichen Richter. Der Richter wirkt auf eine gütliche Einigung hin. Ein Urteil ergeht in diesem Termin also nicht.

Wie muss man sich das konkret vorstellen?

Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Bert Howald erklärt es so: Als Mandant sollten Sie genügend Zeit mitbringen, damit Sie den Sitzungssaal finden. Sonst ist die Nervosität noch größer als ohnehin schon. Am besten ist es, wenn Sie sich mit dem Anwalt vor dem Sitzungssaal oder vor dem Gerichtseingang verabreden. Denn der Anwalt kennt die Örtlichkeiten ja schon. Im Gebäude werden Sie sehen, dass im Eingangsbereich und vor den Sitzungssälen auch Terminslisten aushängen, die das Auffinden erleichtern sollen.

Kommt es auch zu Wartezeiten?

Dr. Bert Howald berichtet dazu: Ja, manchmal müssen Sie sogar länger warten, wenn vor Ihnen schon andere Gütetermine aufgerufen wurden und es dort zu längeren Verhandlungen kommt, die alle anderen Termine „nach hinten“ verschieben. Dann sollte man nicht nervös werden. Schließlich kann es vorkommen, dass die für Güteverhandlungen ohnehin manchmal zu knapp bemessene Zeit dahinschwindet.

Wie läuft der Termin dann in der Regel ab?

Das Gericht ruft den Rechtsstreit auf. Dann stellt das Gericht die Anwesenheit der Beteiligten fest. Der/die Vorsitzende spricht dazu – wenn kein Geschäftsstellenbeamter oder Protokollant im Saal anwesend ist, in ein Diktiergerät, um das Protokoll aufzunehmen. Der/die Kammervorsitzende führt sodann in den Sach- und Streitstand ein. Die beklagte Partei hat dann in der Regel erst einmal das Wort und soll zu dem Anliegen des Klägers Stellung nehmen. Sodann wird meistens der Klagepartei die Möglichkeit gegeben, etwas dazu zu sagen. Daraus entwickelt sich manchmal durchaus ein Streitgespräch. Das Gericht kann dazu ebenfalls Fragen stellen. Dann wird meist über Einigungsmöglichkeiten gesprochen.

Wann macht ein Güterichterverfahren Sinn?

Dr. Bert Howald: Das Gericht wird ein Güterichterverfahren insbesondere dann vorschlagen, wenn tiefgreifende Konflikte oder Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder Arbeitnehmern untereinander auftreten, die möglicherweise durch diese besondere Form des Verfahrens besser aufgearbeitet werden können. Für einen Güterichtertermin kann sich der Güterichter, der übrigens nicht über die Sache entscheidet und dem Gericht auch nicht ohne Einverständnis der Parteien über den Gang des Güterichtertermins berichten darf, weit mehr Zeit nehmen.

Alle reden ja immer von „Vergleich“, was bedeutet das eigentlich?

Das Gericht kann selbst einen Einigungsvorschlag machen. Eine gütliche Einigung, die den Rechtsstreit ohne Abschlussentscheidung des Gerichts beendet, ist ein „Vergleich“. Die Parteien können natürlich – und tun dies auch oft genug – selbst Vorstellungen äußern, wie ein Vergleich nach ihrer Meinung ausgestaltet sein sollte. Manchmal haben die Parteien auch schon außergerichtlich über Einigungsmöglichkeiten gesprochen. Diese Verhandlungen werden dann vor Gericht weitergeführt und das Gericht kann diese Verhandlungen moderieren oder einen eigenen Vorschlag machen. Ein Vergleich macht aber natürlich nur dann Sinn, wenn beide Seiten dies auch wollen. Wenn nur eine Seite an einer Einigung interessiert ist, und die andere Seite den Rechtsstreit „ausfechten“ will, wird ein Vergleich nicht zustande kommen.

Warum bekomme ich vor dem Gütetermin keine Klageerwiderung von der Gegenseite zu lesen?

Vor der Güteverhandlung muss die Beklagtenpartei überhaupt nichts zu der Klage schreiben. Es ist sogar die Regel, dass der Kläger/die Klägerin bis zur Güteverhandlung kein Schriftstück des Arbeitgebers zur Klage bekommt. Das ist aber kein Grund, beunruhigt zu werden. Der Grund hierfür ist ein ganz einfacher: Das Verfahrensrecht sieht es nicht vor, dass der Gegner vor der Güteverhandlung eine ausführliche schriftsätzliche Stellungnahmen abgibt. Schließlich ist dies ja vielleicht unnötig, wenn man sich im Gütetermin einigt.

Ein Gerichtstermin ist ja für viele Menschen etwas völlig Ungewohntes. Muss man da eigentlich auch dabei sein? Muss man etwas sagen oder macht das der Anwalt?

Das persönliche Erscheinen der Parteien kann vom Gericht angeordnet werden und wird auch im Regelfall für die Klägerseite angeordnet, meint Fachanwalt Dr. Bert Howald. Wenn das Gericht etwas fragt, ist man grundsätzlich auch verpflichtet, richtige Antworten zu geben. Im Normalfall wird aber der Anwalt die Gesprächsführung übernehmen, dies gehört schließlich dazu, sonst wäre seine Anwesenheit ja überflüssig.

Kann ich mich mit meinem Anwalt auch unter vier Augen besprechen?

Wenn etwas zu besprechen ist, sollte der Anwalt eine kurze Sitzungsunterbrechung beantragen. Dies passiert meisten, wenn über Einigungsmöglichkeiten gesprochen werden soll und wenn noch Punkte klärungsbedürftig sind.

Was passiert, wenn man sich nicht einig wird?

Dr. Bert Howald erklärt: Der Gütetermin ist beendet, wenn sich die Parteien geeinigt haben oder wenn eine gütliche Einigung nicht erzielt werden kann. Ein Termin zur Kammerverhandlung wird dann für einen späteren Zeitpunkt anberaumt. Vor der Kammerverhandlung wird die Beklagtenpartei einen Schriftsatz einreichen und die Klagepartei hierauf erwidern. Das Gericht setzt dazu Fristen.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

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Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart


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