Welche Mehrkosten bekomme ich als Opfer eines Behandlungsfehlers oder Verkehrsunfalls ersetzt?

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Wir haben den Mehrbedarfsschaden illustrativ in unserem Erklärvideo dargestellt.

Grundsätzliches 

Dem Opfer eines Verkehrsunfalls oder Behandlungsfehlers müssen alle Kosten ersetzt werden, die aufgrund der Gesundheitsbeeinträchtigungen entstehen. Dazu zählen auch die vermehrten Bedürfnisse.

Der Schadensposten des Mehrbedarfs

Der sogenannte Mehrbedarfsschaden umfasst vielerlei Positionen. Wie sich aus dem Namen erklärt, sind ALLE Kosten zu ersetzen, die ein Geschädigter MEHR hat als eine gesunde Person.

Dazu gehören insbesondere die Kosten für Therapien, Arztbesuche, Hilfsmittel, auch orthopädische Hilfsmittel und Sonderanfertigungen, Arzneimittel, Krankengymnastik, die Anschaffung oder der Umbau eines behindertengerechten Fahrzeugs, Fahrtkosten, Umbaumaßnahmen in Haus oder Wohnung; hierbei muss auch die Wartung und Renovierung der behindertengerechten Umbauten (etwa Treppenlifter oder behindertengerechtes Badezimmer) übernommen werden bis zum Lebensende.

Pflegekosten als vermehrte Bedürfnisse

Ganz besonders gehören zum Mehrbedarf auch die Pflegeleistungen, die der Geschädigte in Anspruch nehmen muss. Der Geschädigte ist nicht gehalten, hier die für den Verursacher preiswerteste Lösung zu wählen. Er kann darauf bestehen, nicht in einem Pflegeheim, sondern zu Hause in der gewohnten Umgebung, etwa von Angehörigen, gepflegt zu werden, auch wenn dies erheblich teurer sein sollte.

Das hat der Bundesgerichtshof in einer neueren Entscheidung (BGH, Urteil vom 28.08.18 – VI ZR 518/16) klargestellt. Nach einem Verkehrsunfall ist eine junge Frau so schwer geschädigt worden, dass die Pflegekosten außerordentlich hoch sind. Sie wird zu Hause gepflegt. Pro Jahr entstehen etwa 170.000 € Pflegekosten. Nach der Statistik der Sterbetabelle ergeben sich lebenslang überschlägig etwa 10 Millionen Euro an Pflegekosten. Eine Pflege in einem Heim würde weit weniger Kosten verursachen. Darauf muss sich ein Geschädigter aber nicht einlassen. Der Bundesgerichtshof sagt, dass sich der erstattungsfähigen Schaden danach bemisst, wie sich ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage verhalten würde.

Kommen mehrere Möglichkeiten des Schadensersatzes infrage, bestimmt sich die Höhe des Anspruchs danach, welche Kosten tatsächlich anfallen. Der Pflegebedürftige muss sich nicht in die stationäre Pflege eines Pflegeheims abschieben lassen damit der Schädiger Geld spart. Das höchste deutsche Zivilgericht hat ausdrücklich klargestellt, dass es für den Mehrbedarfsschadens keine Obergrenze gibt, wie etwa das Doppelte oder ein Vielfaches der jeweiligen Heimunterbringungskosten. Zu ersetzen ist auch der tatsächlich anfallende Betreuungsaufwand naher Angehöriger, der über die üblicher Weise zu erwartende persönliche Zuwendung innerhalb einer Familie hinausgeht.

Das Urteil stärkt die Rechte von Geschädigten. Opfer von Behandlungsfehlern (Ärztepfusch) und Verkehrsunfällen sollten sich nicht von Versicherern einschüchtern lassen.

Foto(s): Dr. Wambach und Walter


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