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Wenn die Reisevertretung Probleme macht …

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Der Urlaub ist gebucht, die Koffer sind gepackt und dann schlägt das Schicksal unbarmherzig zu: Man wird kurz vor Reiseantritt krank und muss das Bett hüten. Anstatt den Rücktritt vom Reisevertrag nach § 651i BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zu erklären, kann der verhinderte Urlauber von der Vertragsübertragung nach § 651b BGB - auch Ersetzungsbefugnis genannt - Gebrauch machen. Danach kann er einen anderen Reisewilligen suchen, der in die Rechte und Pflichten vom Reisevertrag eintritt und an seiner statt in den Urlaub fährt.

Reiseveranstalter verweigert Vertragsübernahme

Eine Frau buchte für sich und ihre Begleitung eine Pauschalreise beim Reiseveranstalter. Letztere konnte die Reise jedoch nicht antreten, sodass die Frau vom Reiseveranstalter verlangte, ihre Mutter als neue Mitreisende zu akzeptieren. Da kein Widerspruchsrecht nach § 651b I 2 BGB vorlag, war der Reiseveranstalter mit der Reisevertretung grundsätzlich einverstanden. Er behauptete jedoch, für den Umbuchungsaufwand Mehrkosten in Höhe von über 1800 Euro zu haben, die von der Frau ersetzt werden müssten, bevor er die Vertragsübertragung vornehme. Die Reisewillige weigerte sich, zu zahlen, und zog stattdessen vor Gericht.

Mehrkosten waren noch nicht fällig

Das Landgericht (LG) Frankfurt a. M. verneinte eine Pflicht der Frau zur Zahlung eventueller Mehrkosten vor Reiseantritt. Da die Frau dem Reiseveranstalter rechtzeitig angezeigt hatte, dass ein Dritter - nämlich ihre Mutter - mitreisen soll, und auch ein Widerspruchsgrund nicht vorlag, musste der Reiseveranstalter der Vertragsübertragung zustimmen. Er durfte sie auch nicht davon abhängig machen, dass die Reisewillige erst die Mehrkosten zahlt. Schließlich waren die noch gar nicht fällig, geschweige denn entstanden. Und eine Vorleistungspflicht der Frau gab es nicht. Müssten Urlauber erst die Mehrkosten zahlen, könnten Reiseveranstalter mit dieser Vorgehensweise eine grundsätzlich für sie verpflichtende Vertragsübernahme vereiteln, weil die Vertragsübernahme an eine zusätzliche Voraussetzung geknüpft wird. Der Reiseveranstalter durfte die Zahlung der tatsächlich entstandenen Mehrkosten vielmehr erst nach Abschluss der Reise verlangen.

Voraussetzungen der Ersetzungsbefugnis

Hat der Reisewillige eine Reisevertretung gefunden, muss er dies seinem Reiseveranstalter rechtzeitig mitteilen. „Rechtzeitig" bedeutet hier, dass der Veranstalter ausreichend Zeit haben muss, um sein Widerspruchsrecht nach § 651b I 2 BGB ausüben zu können. Ein Widerspruchsrecht besteht z. B., wenn eine Bergsteigertour für Fortgeschrittene gebucht wurde, die Reisevertretung aber noch nie einen Berg bestiegen hat. Besteht kein Widerspruchsgrund, muss der Reiseveranstalter die Vertragsübernahme vornehmen. Zwar tritt die Reisevertretung dann in die Rechte und Pflichten des Reisevertrages ein. Der ursprünglich Reisende haftet aber als Gesamtschuldner. D. h., er kann vom Reiseveranstalter in Anspruch genommen werden, wenn die Vertretung den Reisepreis und/oder die Mehrkosten für z. B. Umbuchung nicht zahlt. Häufig sind die Mehrkosten in den AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) der Reiseveranstalter aber pauschaliert. Übrigens: Steht in den AGB auch, dass eine Vertragsstrafe zu zahlen ist, wenn man einen Ersatzreisenden beschafft, so ist die Klausel unzulässig. Schließlich ist es dem Reiseveranstalter grundsätzlich egal, wer fährt, Hauptsache, der Reisepreis wird gezahlt. Außerdem steht einem Urlauber vor Reiseantritt die Ersetzungsbefugnis ausdrücklich nach § 651b BGB zu.

(LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 01.02.2012, Az.: 2-24 T 1/12)

(VOI)

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