Wer streikt, der bleibt? Kündigung wegen Sitzstreik

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Wenn es darum geht, die eigenen Interessen durchzusetzen, kommen Arbeitnehmer – selbst Führungskräfte – manchmal auf die tollsten Ideen. Das kann aber nach hinten losgehen. So wie im Fall der Leiterin einer Abteilung mit ca. 300 unterstellten Mitarbeitern. Sie war bereits mehr als 20 Jahre bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt und vertrat die Meinung, dass ihr mit dem Einsatz als Leiterin im Jahr 2014 ein AT-Vertrag zustand. Der Arbeitgeber lehnte das ab und beharrte auf der EG 9, was der Frau auch abschließend im April 2014 mitgeteilt wurde. Daraufhin wollte sie als Leiterin zurücktreten, was sie dem Arbeitgeber auch unterbreitete. Das ging natürlich nicht. Die Frau war richtig eingruppiert und sie hatte einen Arbeitsvertrag zu erfüllen. Sie konnte nicht einfach "zurücktreten". Das sagte ihr auch ihr Arbeitgeber. Der Arbeitgeber war zu einem klärenden Gespräch bereit. Dieses fand am 28.05.2014 statt. Beide Seiten blieben bei ihrer Meinung. Als das Gespräch um 16:50 Uhr beendet war, blieb die Frau sitzen und wollte das solange tun, bis der AT-Vertrag in trockenen Tüchern war. Der gesprächsführende Niederlassungsleiter und zwei weitere Führungskräfte versuchten, die Frau zum Gehen zu bewegen. Sie blieb sitzen. Auch der Verweis auf das Hausrecht des Arbeitgebers, die Drohung, die Polizei zu holen, den Ehemann und den Betriebsrat als moralische Unterstützung für die Mitarbeiterin zu rufen, half alles nichts. Man teilte ihr mit, dass sie sich ggf. strafbar mache, den Arbeitsvertrag massiv verletze und eine Kündigung wegen dieses sturen Verhaltens riskiere. Sie blieb. Die Polizei, die dann doch gerufen wurde, konnte sie dann nach einer Stunde guten Zuredens bewegen, das Haus zu verlassen. Doch damit nicht genug. Sie fühlte sich als Opfer und tat das offen kund. Sie schrieb in eine E-Mail „Wer solche Vorgesetzte hat, braucht keine Feinde mehr“. Diese Mail schickte sie an einen großen Verteiler, dem sie Ihr Verhalten natürlich verschwieg. Der Arbeitgeber gab ihr den Rat, sich mal betriebsärztlich untersuchen zu lassen. Man sorgte sich um die psychische Gesundheit der Frau. Sie schlug das aus. Daraufhin bekam sie die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung. Sie reichte Klage beim Arbeitsgericht ein und gewann. Man fand das Verhalten zwar albern, verwies aber auf die lange Betriebszugehörigkeit. Das LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 6.5.2015, 3 Sa 354/14) sah das etwas anders. Zwar sei die fristlose Kündigung überzogen, der massive Pflichtverstoß der Frau rechtfertigte doch die ordentliche Kündigung, da es ihr ausschließlich darum ging, die eigenen Interessen durchzusetzen und das mit fragwürdigen Mitteln. Die von ihr verschickte E-Mail am nächsten Tag brachte das Fass zum Überlaufen. In der Urteilsbegründung hob das LAG hervor, dass sie gerade als Vorgesetzte eine Vorbildfunktion hat und mit diesem Verhalten gänzlich ungeeignet ist als Leiterin. Das Zurücksetzen in eine niedere Position ohne Führungsverantwortung lehnte sie ab und verpasste so das mildere Mittel der Änderungskündigung. Auch zeigte sie sich ansonsten vor Gericht uneinsichtig.

Fakt ist, man kann gegenüber dem Arbeitgeber eigene Interessen anmelden. Ein Sitzstreik ist aber grundsätzlich das falsche Mittel, diese durchzusetzen.


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