Wesentliche Inhalte eines Versicherungsvertrages über die Berufsunfähigkeit
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Der Versicherungsvertrag regelt den rechtlichen Rahmen zwischen einer Versicherungsgesellschaft (Versicherer bzw. Versicherungsunternehmen) und einem Versicherungsnehmer (Versicherter). Der Versicherungsvertrag über die Berufsunfähigkeit beinhaltet Bedingungen, unter denen eine Versicherungsgesellschaft Leistungen erbringt, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf bzw. seine beruflichen Tätigkeiten auszuüben.
Unterschieden werden die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) und die selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung (SBU). Der Unterschied besteht darin, dass die BUZ nur in Kombination mit einer Renten- oder Lebensversicherung abgeschlossen werden kann und im Falle der BU auch für die Hauptversicherung eine Beitragsfreistellung erfolgt und nicht nur für die BUZ selbst. In der Regel sind jedoch die Bedingungen der BUZ und BU identisch. Dieser Artikel soll jedoch lediglich die selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung behandeln. Im Folgenden werden die wesentlichen Bestandteile eine Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages beleuchtet.
Versicherte Risiken des Versicherungsvertrags
Zunächst kann jegliches gesundheitliches Risiko versichert werden, welches zur Berufsunfähigkeit führen könnte. Der Versicherungsvertrag spezifiziert, welche Risiken abgedeckt sind bzw. für welche Risiken der Versicherer Leistungen erbringen wird. Häufig wird im Vertrag definiert, welche gesundheitlichen Einschränkungen zu einer Berufsunfähigkeit führen. Dazu gehören in der Regel: körperliche Krankheiten, psychische Erkrankungen, Unfälle und chronische Beschwerden.
Häufig versichern Berufsunfähigkeitsversicherung auch Arbeitsunfähigkeit, wenn diese eine gewisse Zeit andauert. In der Regel sind diese „Arbeitsunfähigkeitsleistungen“ zeitlich begrenzt. Diesbezüglich sind die Klauseln der Berufsunfähigkeitsversicherung sehr unterschiedlich gestaltet, was Leistungszeit angeht. Manche Berufsunfähigkeitsversicherungen knüpfen die „AU-Leistungen“ auch daran, dass der Versicherte gleichzeitig einen Antrag wegen Berufsunfähigkeit stellt.
Die Höhe der Rente als Versicherungsleistung
Der Versicherungsvertrag legt fest, welche Leistungen die Versicherung im Falle der Berufsunfähigkeit erbringt. Im Wesentlichen umfasst die Versicherungsleistung die Auszahlung einer monatlichen Rente. Ausgelöst durch den Eintritt der Berufsunfähigkeit im versicherungsvertraglichen Rahmen, soll diese das ausfallende Einkommen weitestgehend ersetzen. Die Höhe der monatlichen Rente ist ein zentraler Bestandteil des Vertrages. In der Regel kann der Versicherte die Höhe der BU-Rente wählen, die im Leistungsfall gezahlt wird. Oft folgt eine Orientierung am Einkommen oder am Bedarf. Versicherungsfähig ist meist allerdings nur eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 75 bis 80 % des Nettoeinkommens. Bei Selbstständigen häufig 60 % des Gewinns vor Steuern. Dies soll gewährleisten, dass durch eine „Übersicherung“ kein Anreiz für den Versicherungsnehmer gesetzt wird, die Leistungen des Versicherers auszunutzen.
Viele Verträge bieten auch eine automatische Anpassung der Leistungen an die Inflation (sog. Dynamik, hier bestehen verschiedene Formen der Anpassung an „dynamische Umstände“). Ein Anspruch auf die Versicherungsleistungen entsteht in der Regel erst bei Eintritt der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit.
Definition der Berufsunfähigkeit
Der Begriff der „Berufsunfähigkeit“ setzt sich aus einer gesundheitlichen und einer berufsbezogenen Komponente zusammen, die dadurch in Beziehung zueinanderstehen, dass die Gesundheitsstörungen den Versicherten außerstande setzen müssen, seinen Beruf oder (sofern vereinbart) eine Verweistätigkeit auszuüben.
Der Gesetzgeber hat in § 172 Abs. 2 VVG geregelt wer berufsunfähig ist. Hiernach ist berufsunfähig, „wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.“ Viele der Versicherer haben bereits diese Definition übernommen. Häufig wird sie auch als „Die Unfähigkeit, den zuletzt ausgeübten Beruf zu 50% oder mehr auszuüben“ im Vertrag definiert oder folgt aus der Definition der generellen Erwerbsminderung. Nur eine Variante ist die pauschale Aussage der Versicherer, dass sie die BU-Rente auszahlen, sobald der Versicherte einen BU-Grad von 50 Prozent erreicht. Es ist auch möglich, Verträge mit einer Staffelregelung zu ergänzen. In dieser Situation stimmen sowohl Versicherer als auch Verbraucher der Staffelung der Leistung zu, je nachdem, wie hoch die Berufsunfähigkeit ist.
Definition des Berufes
Der Beruf wird definiert als jede auf Dauer angelegte Tätigkeit, die der Schaffung oder Erhaltung der Lebensgrundlage dient. Gleichgültig ist, ob der ausgeübte Beruf einem „klassischen Berufsbild“ entspricht. Wichtig ist, dass die Tätigkeit sich nicht nur in einem einmaligen Erwerbsvorgang erschöpfen darf (Saarländisches OLG, Urt. v. 14.01.2004 - 5 U 437/03). Auch muss es sich keineswegs um eine einzige Tätigkeit handeln.
Der „Beruf“ kann sich auch aus unterschiedlichen Teiltätigkeiten zusammensetzen (BGH: Berufsbegriff bei mehreren Tätigkeiten). Häufig kommt es auch zu einer leidensbedingten Veränderung des Berufs und es stellt sich die Frage, welcher der Berufe nun für den Beurteilungszeitpunkt des Versicherungsfalls entscheidend ist. Es ist auf die berufliche Tätigkeit, die der Versicherte zuletzt ohne gesundheitliche Beeinträchtigung oder „in gesunden Tagen“, wie es der BGH ausdrückt, ausgeübt hat, abzustellen. Andernfalls wäre der versprochene Versicherungsschutz in diesem Fall entwertet.
Die Pflichten des Versicherten
Die Prämie ist der Betrag, den der Versicherungsnehmer regelmäßig zahlt, um den Versicherungsschutz zu erhalten. Die Prämienhöhe ist von verschieden Faktoren abhängig.
Zum einen ist oft eine Gesundheitsabfrage Voraussetzung für einen Vertrag. Typische Gesundheitsfragen betreffen die Vorerkrankungen, aktuelle Beschwerden und laufende Behandlungen. So könnte beispielsweise gefragt werden, ob Sie in den letzten Jahren krank waren, ob Sie Medikamente einnehmen oder ob Sie an chronischen Krankheiten leiden. Meistens müssen Beschwerden oder Behandlungen in den letzten 12 Monaten bis 10 Jahren angeben werden. Diese Antragsfragen müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden. Vorbestehende Erkrankungen können zu höheren Beiträgen oder sogar Ausschlüssen führen. Ebenfalls erhöhen gefährliche Berufe oder Hobbys, Berufe mit hohen psychischen Anforderungen oder ein erhöhtes Alter bei Vertragsschluss den Betrag der Prämie. Hinzu kommen bestimmte Pflichten, die im Vertrag festgelegt sind, um den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten.
So bestehen z.B. Mitwirkungspflichten bei einer Nachprüfung (hierzu: Das Nachpruefungsverfahren) oder die Voranzeigepflicht des Versicherungsnehmers die sog. gefahrerheblichen Umstände, nach denen in Textform gefragt wurde, anzuzeigen (hierzu: Vorvertragliche Anzeigepflicht). Eine Anzeigeobliegenheit des Versicherten für den Fall des Berufswechsels besteht allerdings nicht. Das gilt selbst dann, wenn der Berufswechsel mit einer deutlichen Gefahrerhöhung im Hinblick auf den Eintritt von Berufsunfähigkeit verbunden ist, sofern nicht ein vereinbarter Risikoausschluss greift. Ein Berufswechsel ist deshalb grundsätzlich mitversichert.
Verweisungsklauseln und die Nachversicherungsgarantie
Wenn Versicherte nach Feststellung der Berufsunfähigkeit noch in der Lage sind, andere Berufe auszuüben, kann der Versicherer mit sog. Verweisungsklauseln sich seiner Leistungspflicht entziehen. Die Verweisungstätigkeit muss den Fähigkeiten, der Ausbildung und Lebensstellung des Versicherten entsprechen. Unterschieden wird zwischen der konkreten und abstrakten Verweisung. Die Konkrete Verweisung bezieht sich durch eine konkrete Bezugnahme auf einen spezifischen Job mit einer spezifischen Anstellung, die es dem Versicherten ermöglicht, wieder ein Einkommen zu erwirtschaften. Eine konkrete Verweisung ist daher nur möglich, wenn der Versicherte bereits eine Umschulung zu einer alternativen Tätigkeit absolviert hat oder freiwillig eine solche Tätigkeit aufgenommen hat.
Anders hingegen die abstrakte Verweisung. Sie kommt zwar seltener vor, aber ist sie einmal Vertragsbestandteil geworden, reicht es nicht aus, wenn der bisher zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Es ist auch nicht mehr gestattet, ähnliche Berufe, also „andere Tätigkeiten“, auszuüben. Aus diesem Grund trägt die Klausel auch den Namen „abstrakte Verweisung“. Denn ob der Versicherte „konkret“ eine andere Tätigkeit ausübt, spielt keine Rolle. Die theoretische Option, eine andere Tätigkeit auszuüben, die auf der Grundlage von Ausbildung und Erfahrung ausübbar ist und der bisherigen Lebenssituation entspricht, ist ausreichend, um einen Leistungsausschluss darzustellen. Es besteht auch die Möglichkeit einer Nachversicherungsklausel oder Nachversicherungsgarantie. Diese begründet keinen Leistungsausschluss, sondern ermöglicht es dem Versicherten, die Versicherungssumme ohne erneute Gesundheitsprüfung zu erhöhen, z.B. nach einem Jobwechsel, einer Heirat oder der Geburt eines Kindes. Dies ist besonders wertvoll, um den Versicherungsschutz den sich ändernden Lebensumständen anzupassen.
Leistungsausschlüsse im Versicherungsvertrag
Jeder BU-Vertrag enthält auch Ausschlüsse, die definieren, unter welchen Umständen keine Leitungen gezahlt werden. Häufige Ausschlüsse sind selbstverschuldete Schäden. Dies können Verletzungen sein, die aus Drogenmissbrauch oder selbstverschuldeten Unfällen entstehen. Auch schränken manche Verträge die Leistungen bei bestimmten psychischen Erkrankungen ein. Die Ausübung bestimmter Freizeitsportarten kann ebenfalls zum Problem werden. Beispielsweise kann das Ausüben von einigen Kampfsportarten – auch im Freizeitrahmen – zu einer Ablehnung führen, falls diese nicht vorher angezeigt worden sind.
Laufzeit und Kündigung des Versicherungsvertrages über die Berufsunfähigkeit
Die Laufzeit ist frei wählbar, maximal aber bis zum Eintritt der gesetzlichen Rente. Das Endalter sollte derzeit somit bei 67 Jahren liegen. Da das gesetzliche Rentenalter in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, bieten einige Versicherungsgesellschaften an, im Vertrag nicht ein konkretes Rentenalter zu vereinbaren, sondern das Alter an die gesetzliche Rentenversicherung zu koppeln. Die Kündigungsfrist einer BU-Versicherung ist in der Regel davon abhängig, wie in die Berufsunfähigkeitsversicherung eingezahlt wird. In den häufigsten Fällen besteht die Möglichkeit, die Berufsunfähigkeitsversicherung bis zum Ablauf der Zahlperiode zu beenden. Wenn also monatlich Beiträge in der Berufsunfähigkeitsversicherung eingezahlt werden, kann diese monatlich gekündigt werden. Wenn eine jährliche Zahlweise besteht, kann die BU-Versicherung einmal im Jahr gekündigt werden. Daher hat die Zahlweise in der Berufsunfähigkeitsversicherung einen erheblichen Einfluss auf die Kündigungsfrist.
Fazit und Hinweise für Versicherte
Da die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit deutlich niedriger sind als die der Erwerbsunfähigkeit (bei Erwerbsunfähigkeit darf der Versicherte dem gesamten Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen, bei Berufsunfähigkeit reicht es aus, wenn der Versicherte seine zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben kann) und der Berücksichtigung der Tatsache, dass die gesetzliche Erwerbsminderungsrente im Leistungsfall nur einen Bruchteil des bisherigen Einkommens deckt, ist es wichtig, die Angebote sorgfältig zu vergleichen und sich individuell beraten zu lassen.
Im Falle einer möglichen Berufsunfähigkeit sollte ein Leistungsantrag zwingend von einem versierten Fachanwalt für Versicherungsrecht begleitet werden, damit mögliche Ansprüche des Versicherten nicht vereitelt werden.
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