Berufsunfähigkeitsversicherung: Long-COVID, Post-COVID - Wann zahlt die Versicherung?

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Die Corona-Pandemie hat weltweit das Leben von Millionen Menschen verändert. Während viele Betroffene die akuten Symptome überwunden haben, kämpfen viele auch mit den langfristigen Folgen von Long-COVID oder Post-COVID. Diese Gesundheitsprobleme werfen neue Fragen auf, vor allem im Hinblick auf die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung). Ab wann greift die BU-Versicherung bei Long-COVID und Post-COVID? Wann zahlt die Versicherung? Ein Überblick.

Symptome und der Unterschied zwischen Long-COVID und Post-COVID

Bevor wir die Versicherungsfragen behandeln, ist es wichtig, ein grundlegendes Verständnis für Long-COVID und Post-COVID zu entwickeln. Long-COVID und Post-COVID beschreiben langanhaltende gesundheitliche Beschwerden nach einer COVID-19-Infektion.

  • Long-COVID tritt auf, wenn Symptome wie Müdigkeit, Atemprobleme oder Konzentrationsstörungen länger als vier Wochen nach der Infektion bestehen. Von Long COVID spricht man ebenfalls, wenn nach einer COVID-19 Erkrankung neue Beschwerden hinzukommen, die anderweitig nicht erklärbar sind.
  • Post-COVID-Syndrom wird verwendet, wenn die Symptome sogar zwölf Wochen oder länger anhalten. In diesem Fall sprechen Mediziner vom Post-Covid-Syndrom, das oft chronischer und langwieriger ist.

Der Unterschied zwischen Long- und Post-COVID liegt also in der Dauer der Symptome: Long-COVID beschreibt die verlängerte akute Phase, Post-COVID eine längerfristige Gesundheitsstörung. Studien zählen bis zu 200 unterschiedliche Long-Covid-Symptome auf. Diese können hier nicht alle aufgezählt werden, allerdings sind typische Beschwerden z.B. das Fatigue-Syndrom (CFS) (Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit), "Brain Fog" (Störungen des Gedächtnisses und der Konzentration), Kopfschmerzen, Sprachstörungen, sowie Muskelschmerzen, Husten und Kurzatmigkeit umfassen. Auch Fieber, eine gestörte Wahrnehmung von Geschmack und Geruch, sowie psychische Beschwerden wie depressive Verstimmungen und Angstsymptome sind häufig anzutreffen.

Was versteht man unter Berufsunfähigkeit?

Wenn die Behandlungsmöglichkeiten oder die Linderung der Symptome nicht ausreichend sind, kann es vorkommen, dass eine betroffene Person aufgrund von Post-COVID oder Long-COVID ihren Beruf nicht mehr ausüben kann, was zu einer Berufsunfähigkeit gemäß den vertraglichen Bestimmungen führen könnte. Entscheidend sind hierbei die spezifischen Regelungen im Versicherungsvertrag (bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit). In der Regel findet sich folgender Passus im Vertrag wieder: „Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Beruf zu mindestens 6 Monate und zu mindestens 50% nicht mehr ausgeübt werden kann.“ Ob dies bei Post-COVID oder Long-COVID zutrifft, muss jedoch stets im Einzelfall geprüft werden. Dabei spielen nicht nur der ausgeübte Beruf und dessen Anforderungen eine Rolle, sondern auch der Verlauf der Erkrankung sowie die daraus resultierenden körperlichen Einschränkungen, die eingehend bewertet werden müssen.

Wann zahlt die BU-Versicherung bei Long-COVID?

Für die meisten Berufsunfähigkeitsversicherungen ist es entscheidend, dass der Versicherte nachweislich zu mindestens 50% nicht mehr in der Lage ist, seine berufliche Tätigkeit auszuüben. Eine pauschale Beantwortung, wann dies bei Post-COVID/Long-COVID der Fall ist, ist schlicht nicht möglich. Jeder Fall muss individuell betrachtet werden. Allerdings kann folgende allgemeine Leitlinie als Orientierung dienen:

  • Nachhaltige Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit: Ein erster wichtiger Punkt ist, dass die Versicherung nur dann greift, wenn die Symptome von Long-COVID zu einer dauerhaften, nachweisbaren Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit führen. Solange jemand mit Long-COVID in der Lage ist, seine Arbeit mit entsprechenden Anpassungen fortzusetzen (z.B. durch reduzierte Arbeitszeiten oder Anpassung der Tätigkeit), besteht das Risiko, dass die Versicherung möglicherweise nicht leistet. Allerdings führt Post-COVID/Long-COVID häufig dazu, dass Betroffene nur noch eingeschränkt körperlichen und psychischen Belastungen standhalten können. Berufe, die jedoch eine hohe Konzentration über längere Zeit erfordern, erhöhen daher eher die Wahrscheinlichkeit einer Berufsunfähigkeit aufgrund von Post-COVID/Long-COVID. Dagegen sind Tätigkeiten, die zwar Fachwissen erfordern, jedoch keine kontinuierliche hohe Konzentration verlangen oder regelmäßige Pausen zulassen, weniger wahrscheinlich mit einer Berufsunfähigkeit verbunden. In vielen Fällen stellt sich allerdings erst weit im Nachhinein heraus, dass ein Fall von Long-COVID vorliegt. Häufig wurde schon der Beruf gewechselt oder eine weniger belastende Stelle im Unternehmen angenommen. Lesenswert dazu ist auch folgender Artikel:   Leidensbedingter Berufswechsel in der Berufsunfähigkeitsversicherung.
  • Ärztliche Gutachten und Nachweise: Für die Anerkennung einer Berufsunfähigkeit aufgrund von Post-COVID/Long-COVID sind ärztliche Gutachten, med. Berichte sowie Atteste und Befunde, als auch Berichte von Behandlern (Psychologen etc.) unerlässlich. Der Versicherte muss dokumentieren, dass die Symptome so schwerwiegend sind, dass eine Ausübung des Berufs dauerhaft oder für einen längeren Zeitraum unmöglich ist. Häufig wird hierbei auch ein Facharzt für Neurologie, Pneumologie oder Psychiatrie eingeschaltet, um die langfristigen Auswirkungen von Post-COVID/Long-COVID zu bestätigen.
  • Leistungsantrag (Berufsunfähigkeitsversicherung): Erst wenn der Leistungsantrag bewilligt worden ist, zahlt die Versicherung. Beim Ausfüllen des Leistungsantrags ist u.a. die genaue Darstellung des bisherigen Berufs wichtig (siehe hierzu: Die Arbeitsbeschreibung bei Berufsunfähigkeit (BGH). Diese Übersicht ist in Gestalt eines sog. Stundenplanes zu erstellen. Es ist darauf zu achten, dass die Auswirkungen von Post-Covid/Long-Covid auf den Beruf betont werden. Diese Darstellungen bzw. Ausführungen sind äußerst komplex und nicht ohne rechtliche Konsequenzen, denn Fehler in der Tätigkeitbeschreibung lassen sich später kaum noch korrigieren. Die Kanzlei Jöhnke & Reichow unterstützt daher Post-Covid/Long-Covid Betroffene auch bereits beim Ausfüllen des Leistungsantrages.

Fazit und Handlungsempfehlung

Die Frage, ab wann eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei Long-COVID oder Post-COVID zahlt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Grundsätzlich hängt es von der Schwere der Symptome und der Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit ab. Langfristige und dauerhafte gesundheitliche Einschränkungen, die eine Ausübung des Berufs unmöglich machen, können zu einer Anerkennung der Berufsunfähigkeit führen, aber jeder Fall wird individuell geprüft. Folgende Handlungsempfehlung lässt sich jedoch aussprechen:

  • Medizinische Dokumentation: Lassen Sie Ihre Symptome und deren Auswirkungen auf Ihre Arbeitsfähigkeit von einem Arzt genau dokumentieren. Wichtige Stichworte hierbei sind Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Muskelschmerzen, Husten, Gedächtnisprobleme, Fatigue-Syndrom (CFS), Vergesslichkeit, Schlafstörungen und Depressionen.
  • Rechtliche Beratung: Ein Fachanwalt für Versicherungsrecht kann Sie beraten und sollte Sie bereits bei dem Leistungsantrag unterstützen, damit bestenfalls keine Ansprüche vereitelt werden. Bei einer Leistungsablehnung können direkt rechtliche Schritte eingeleitet werden, um Ihre Rechte durchzusetzen.
  • Einspruch und Klage: Sollte eine außergerichtliche Lösung nicht zu finden sein, kann es auch geboten sein, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hierfür stehen die Fachanwälte für Versicherungsrecht aus der Kanzlei Jöhnke & Reichow den Versicherten gern zur Verfügung. Weitere Informationen sind unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Berufsunfähigkeitsversicherung“ für Sie zusammengefasst.
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