Widerruf eines Wohnraummietvertrages: bis zu 13 Monate mietfrei !

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Widerruf eines Wohnraummietvertrages: bis zu 13 Monate mietfrei!

Das Landgericht Berlin hat entschieden:


„1. Ist ein Wohnraummietvertrag im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems geschlossen worden und hat der Vermieter den Mieter nicht über dessen Widerrufsrecht belehrt, hat der Vermieter dem Mieter im Falle des wirksamen Widerrufs durch den Mieter jedenfalls sämtliche bis dahin geleistete Mietzahlungen einschließlich der erbrachten Nebenkostenvorauszahlungen zurückzugewähren, ohne dass der Mieter dem Vermieter Nutzungs- oder Wertersatz für die Ingebrauchnahme der Mietsache schuldet.
2. Der Mieter ist als Ergebnis seines Widerrufs befugt, die Mietsache - abhängig vom Zeitpunkt seines Widerrufs - bis zu 13 Monate kostenfrei zu nutzen.“


(Leitsätze des Gerichts; LG Berlin, Urteil vom 21.10.2021, Az.: 67 S 140/21)

Was war passiert?

Der Mieter hat die Wohnung vor Vertragsschluss weder besichtigt, noch wurde dieser über sein bestehendes Widerrufsrecht vom Vermieter belehrt. Letzteres hätte aber erfolgen müssen, weil der Mietvertrag sozusagen unter Zuhilfenahme von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde und der Vermieter auch eine entsprechende Organisation seiner Vertragsschlüsse vorhielt.


Entscheidung
Das LG Berlin als Berufungsgericht hat die Sache – anders als in erster Instanz – zu Gunsten des widerrufenden Mieters entschieden. 

Sofern der Mieter die Wohnung zuvor nicht besichtigte und ein Vertrag im oben beschriebenen Sinne geschlossen werde, steht dem Mieter ein Widerrufsrecht zu, da es sich um einen Fernabsatzvertrag handele. Sofern zudem keine oder keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung seitens des Vermieters erteilt wurde, ende das Widerrufsrecht des Mieters erst zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. Die Folge des rechtzeitig erklärten Widerrufs sei gesetzlich klar definiert dahingehend, dass der Vertrag ex-nunc (also „rückwirkend“) entfalle und sich damit in ein sog. Rückabwicklungsschuldverhältnis verwandele. Dies mit der Folge, dass die Parteien wechselseitig empfangene Leistungen zurückgewähren müssen. Der Mieter erhält also die gezahlte Miete einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen sowie ggf. die hinterlegte Kaution zurück und muss den Besitz an der Wohnung seinerseits zurückgewähren. Dies alles hat innerhalb von 14 Tagen nach erklärtem Widerruf zu geschehen, ansonsten droht Verzug und damit weitere Kosten für denjenigen, der diese Frist nicht einhält. 

Aber was erhält der Vermieter – außer dem Besitz an seiner Wohnung? Im Prinzip nichts weiter! Der Mieter schuldet keinen Wertersatz gegenüber dem vermietenden Unternehmer, denn dieser hat weder Hinweise erteilt, noch belehrt, noch vom Mieter die Weisung erhalten, der Vermieter möge mit seinen „Leistungen“ vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen.

Im Ergebnis könne der Mieter daher rund 13 Monate (!) völlig kostenfrei wohnen.

Das Landgericht hat die Revision zugelassen sodass in absehbarer Zukunft nun höchstrichterlich geklärt wird, ob dieses Ergebnis von Vermieter sozsuagen als Strafe für nicht erfolgte Widerrufsbelehrung hinzunehmen ist oder nicht.


Praxistipp:
Sofern Sie Vermieter sind, tun Sie gut daran sich beraten zu lassen, ob und in welcher Art und Weise, Sie über Widerrufsmöglichkeiten belehren müssen und sollten.

Sofern Sie Mieter sind und an der kürzlich angemieteten Wohnung – aus welchen Gründen auch immer – nicht hängen, stellt die Prüfung eines etwaig bestehenden Widerrufsrechts eine „kostengünstige“ Möglichkeit dar, sich aus dem Vertrag zu lösen. Zumindest solange der BGH diese Entscheidung nicht kippt.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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