Wie läuft eine Strafverhandlung ab? Auf was muss ich als Angeklagter achten.

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Fast jeder Angeklagter hat ein flaues Gefühl im Magen, wenn er angeklagt wird und die Hauptverhandlung vor dem Strafgericht beginnt.

Tausend Fragen schießen da einem durch den Kopf.

Wie läuft das ab? Was passiert da? Was muss ich tun?

Hier und in meinem Video erfahrt ihr, wie ein Strafverfahren wirklich abläuft!


Ablauf der Hauptverhandlung in Strafverfahren

Es wird mündlich und in der Regel öffentlich verhandelt.

Die Öffentlichkeit der Verhandlung bedeutet, dass grundsätzlich jedermann Zugang zu der Verhandlung hat, soweit dies die räumlichen Kapazitäten des Gerichts zulassen.

Damit soll der Öffentlichkeit ermöglicht werden, jederzeit die Justiz zu kontrollieren und Willkür unmöglich zu machen.

Aber in Strafverfahren gegen Jugendliche oder aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes kann jedoch die Öffentlichkeit von einzelnen Teilen der Beweisaufnahme ausgeschlossen werden. Dafür muss aber ein Gerichtsbeschluss erlassen werden.

Mündlichkeit heißt unter anderem, dass auch die schriftlichen Beweismittel vorgetragen werden und damit öffentlich gemacht werden.

Es gibt drei verschiedene Gerichte, die in 1. Instanz dafür zuständig sein können: Das Amtsgericht, das Landgericht und das Oberlandesgericht. Die Zuständigkeiten ergeben sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Die mögliche Straferwartung spielt hier die entscheidende Rolle. Der Einzelrichter am Amtsgericht darf bis zu 2 Jahre Strafhaft verhängen, das Schöffengericht beim Amtsgericht bis zu 4 Jahre und das Landgericht über 4 Jahre.

Während der Verhandlung wird ein Protokoll über die Prozessbeteiligten und den Gang der Hauptverhandlung geführt. Vor dem Landgericht wird aber keine solche wortgetreue Dokumentation geführt. Aussagen von Zeugen, Sachverständigen oder der Einlassung des Angeklagten werden nicht wörtlich protokolliert.


Die Hauptverhandlung läuft dann wie folgt ab:

Beginn der Hauptverhandlung: 

Zuerst erfolgt der „Aufruf der Sache“, indem der Richter die Sitzung eröffnet und anschließend die Anwesenheit der Prozessbeteiligten und das Vorliegen der Beweismittel feststellt. Nur bei Eintritt des Gerichts bei müssen alle Beteiligten aufstehen.

Belehrung von Zeugen und Sachverständigen: 

Die Zeugen und die Sachverständigen werden vom Richter über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage belehrt. Zeugen haben eine sogenannte Mitwirkungspflicht, sie müssen also aussagen. Dazu gibt es jedoch Ausnahmen (Zeugnisverweigerungsrecht oder Auskunftsverweigerungsrecht).

Entlassung der Zeugen aus dem Sitzungssaal: 

Die Zeugen werden dann gebeten, den Sitzungssaal zu verlassen. Sie warten vor dem Gerichtssaal, bis sie an der Reihe sind und hereingerufen werden. Der Zweck ist, dass die Zeugen unabhängig voneinander aussagen und sich gegenseitig nicht beeinflussen sollen.

Vernehmung des Angeklagten zur Person:

Nun wird der Angeklagte zu seinen persönlichen Verhältnissen, also zu seinem Namen, seinem Alter, seinem Beziehungsstatus und seinem Beruf, befragt.

Verlesung des Anklagesatzes (Anklageschrift) durch die Staatsanwaltschaft

Belehrung des Angeklagten: 

Der Angeklagte wird darauf hingewiesen, dass es ihm freisteht, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen.

Vernehmung des Angeklagten zur Sache

Beweisaufnahme:

Der Sachverhalt soll möglichst vollständig erforscht werden. Alle sinnvollen Beweise sind zu erheben.

  • Insbesondere der Zeugenbeweis (Anhören der Zeugen) und Sachverständige spielen eine große Rolle. Daneben gibt es Urkundenbeweise oder Augenscheinbeweise (z.B. Ansehen von Bildern oder Videos).
  • Es gilt der Grundsatz der Unmittelbarkeit, d.h. grundsätzlich ist nur das ein Beweismittel, was unmittelbar in der Hauptverhandlung zum Einsatz kommt. Beispielsweise sollen Zeugen direkt befragt werden, auch wenn sie schon bei der Polizei ausgesagt haben. Aussagen von Zeugen dürfen nur ausnahmsweise verlesen werden.

Schlussvorträge:

Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte erhalten die Möglichkeit, sich abschließend zu ihren Ausführungen und Anträgen zu äußern. Hierbei kann der Verteidiger für den Angeklagten sprechen.

Letztes Wort des Angeklagten: 

Dem Angeklagten steht das letzte Wort zu, bevor sich das Gericht zur Urteilsberatung zurückzieht.

Urteilsberatung:

Das Gericht muss entscheiden, ob der Tatvorwurf berechtigt ist oder nicht. Dazu braucht es manchmal wenige Minuten, manchmal sehr lange. Zudem berät es darüber, wie das Urteil ausfallen soll, ob es also zu einer Verurteilung oder einem Freispruch kommt. Es gibt verschiedenste Arten von Strafen, die wohl bekannteste ist die Freiheitsstrafe. Darüber hinaus können jedoch Geldstrafen, Fahrverbote, Berufsverbote oder Bewährungsstrafen festgesetzt werden.

Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung: 

Das Urteil wird im Stehen und öffentlich, ausdrücklich ,,im Namen des Volkes‘‘ verkündet. Der Verurteilte wird darüber aufgeklärt, dass er bestimmte Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen kann. Falls ein Freispruch erfolgt, kann der Angeklagte ggf. entschädigt werden (z.B. wenn er in Untersuchungshaft war) und wird darüber unterrichtet. Mit der Urteilsverkündung wird die Hauptverhandlung geschlossen.


Weitere Infos findet ihr in meinem Video oder unter:

GLÜCK - Kanzlei für Strafrecht




Foto(s): GLÜCK - Kanzlei für Strafrecht

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