Wie lange zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung?

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Wie lange zahlt die BU-Versicherung? Spätestens bei Bezug der BU-Rente drängt sich diese Frage auf. Hier erhalten Sie Antwort.

Wann zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht mehr?

Vereinfacht lässt sich die Frage wie folgt beantworten:

Die private Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht mehr, wenn der Versicherte stirbt, die Leistung wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit wirksam eingestellt wurde, oder die vertraglich vereinbarte Leistungsdauer abgelaufen ist. Wurde die Leistung nur befristet gewährt, endet sie mit Ablauf der Befristung.

Wann genau der Leistungsanspruch aus der BU-Versicherung endet und wann es lohnt, sich gegen die Leistungseinstellung zu wehren, erfahren Sie in diesem Artikel!

Leistungsende mit dem Tod

Der Anspruch auf BU-Leistungen endet zunächst, wenn der Versicherte verstirbt. Bis zum Tod entstandene, aber noch nicht erfüllte Ansprüche auf Berufsunfähigkeitsrente können die Erben geltend machen.

Wegfall der Berufsunfähigkeit – Ende der BU-Rente? 

Die Zahlungsverpflichtung des Versicherers kann außerdem enden, wenn keine Berufsunfähigkeit mehr besteht. Dann fällt die Berufsunfähigkeitsrente unter bestimmten Voraussetzungen weg.

Berufsunfähig und neuer Job? 

Beispielsweise kann die Berufsunfähigkeit entfallen, wenn der Versicherte einer neuen beruflichen Tätigkeit nachgeht.

Allerdings muss die Aufnahme einer neuen Tätigkeit nicht zwangsläufig zum Ende der Berufsunfähigkeit führen. Vielmehr kommt es darauf an, ob der neue Job der bisherigen Lebensstellung entspricht und den Lebensstandard wahrt. Das ist nach den gängigen Versicherungsbedingungen der Fall, wenn die neue Tätigkeit in ihrer Vergütung und sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau der bislang ausgeübten Tätigkeit sinkt.

Der Versicherte muss außerdem gesundheitlich dazu imstande sein, der neuen Tätigkeit nachzugehen. Wird sie überobligatorisch unter Raubbau an der Gesundheit ausgeübt, können Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsfreistellung weiterhin beansprucht werden.

Konkrete Verweisung in der BU  ein Beispiel

(in Anlehnung an KG Berlin, Beschluss vom 17.07.2009, 6 U 237/08)

Herr P. ist Rettungsassistent und im Notarztwagen tätig. Nachdem er an einer Depression erkrankt, kann er seinen Beruf nicht mehr zu mindestens 50 % ausüben.

Nach einem dreiviertel Jahr und einer stationären Therapie fängt er wieder an, bei der Rettungsstelle zu arbeiten, jedoch nicht mehr im Notarztwagen, sondern als Sachbearbeiter. Als solcher kümmert er sich um die Abrechnung der Notfalleinsätze, die nicht annähernd so umfangreiche Kenntnisse erfordert, wie seine bisherige Tätigkeit, und die auch keine vergleichbare Wertschätzung erfährt. Als Rettungsassistent bestand die Aufgabe von Herrn P. darin, gemeinsam mit dem Notarzt Leben zu retten. War er vor dem Notarzt beim Patienten, konnte sein Eingreifen über Leben und Tod entscheiden. Die Wertschätzung seines Berufes als Rettungsassistent beruht im Wesentlichen auf der Fähigkeit, auch in Katastrophensituationen die Lage richtig einzuschätzen und in kürzester Zeit das Richtige zu veranlassen. Eine derart hohe Wertschätzung genießt die neue Tätigkeit als Sachbearbeiter nicht. Herr P. hat also weiterhin einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente (und Beitragsfreistellung).

Konkrete Verweisung – Urteile 

Die Frage, wann der Versicherungsnehmer auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, ist komplex und Gegenstand zahlloser Gerichtsentscheidungen.

Es empfiehlt sich daher, die Rechtslage und Fakten von einem spezialisierten Fachanwalt für Versicherungsrecht prüfen zu lassen, wenn Sie eine Berufsunfähigkeitsrente von Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung erhalten, und wieder ins Berufsleben einsteigen und einen neuen Beruf ausüben wollen oder bereits ausüben. Meine Kanzlei, die BU-Hilfe.de, berät Sie hierzu gern.

BU-Rente bei Gesundheitsverbesserung? 

Der Anspruch auf BU-Rente kann außerdem enden, wenn sich der Gesundheitszustand verbessert hat. Allerdings führt nicht jede Gesundheitsverbesserung zum Wegfall der Berufsunfähigkeit. Erst wenn die Gesundheitsverbesserung dazu führt, dass der Versicherte seinen zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf wieder zu mindestens 50 % ausüben kann, entfällt die Berufsunfähigkeit. Entscheidend ist damit das Ausmaß der Gesundheitsverbesserung und wie sich diese auf das berufliche Leistungsvermögen in Bezug auf den zuletzt ausgeübten Beruf auswirkt.

Wegfall der BU nicht bei jeder Gesundheitsverbesserung – ein Beispiel

Als Töpfermeisterin töpfert Frau M. Vasen und verkauft diese auf Jahrmärkten. Die eigene Herstellung der Vasen macht ca. 60 % ihrer Arbeitszeit aus, der Verkauf etwa 40 %. Bei einem Verkehrsunfall erleidet Frau M. eine schwere Handverletzung sowie eine posttraumatische Belastungsstörung. Ihre Hände kann sie nicht mehr zur Vasenherstellung einsetzen und die PTBS macht Arbeiten mit Publikumsverkehr, also den Verkauf, unmöglich. Frau M. ist daher berufsunfähig und erhält die versicherungsvertraglich geschuldete Leistung (BU-Rente und Freistellung vom Beitrag).

Nach einem Jahr intensiver Behandlung ist die psychische Störung fast überwunden und Frau M. kann ihre Vasen wieder verkaufen. Die Hände kann sie wegen der verletzungsbedingten Bewegungseinschränkungen jedoch immer noch nicht einsetzen; die Herstellung der Vasen ist ihr also nach wie vor nicht möglich. Sie machte in gesunden Tagen aber einen Anteil von etwa 60 % ihres Berufs aus und ist zudem eine sogenannte prägende Teiltätigkeit. Daher liegt Berufsunfähigkeit trotz Besserung ihres Gesundheitszustandes weiter vor.

Wie erfährt der Berufsunfähigkeitsversicherer von Änderungen?

Von einer beruflichen Veränderung oder einer Veränderung der gesundheitlichen Verhältnisse erfährt der Versicherer entweder durch eine Anzeige des Versicherungsnehmers oder durch eine nicht anlassbezogene Nachprüfung des Versicherers.

Nachprüfung Berufsunfähigkeit 

Bei der Nachprüfung erhält der Versicherungsnehmer in der Regel – ähnlich wie bei Antragstellung – ein Formular zum Ausfüllen. Darin abgefragt werden seine beruflichen und gesundheitlichen Verhältnisse und etwaige Veränderungen. Grundsätzlich ist der Versicherungsnehmer dazu verpflichtet, hieran mitzuwirken – im gesetzlichen Rahmen. Einem rechtswidrigen Mitwirkungsverlangen muss er nicht nachkommen.

Wirksame Nachprüfungsmitteilung ist Voraussetzung für Zahlungsende!

Meint der BU-Versicherer, Berufsunfähigkeit sei weggefallen, muss er dem Versicherten die Gründe dafür in einer schriftlichen Mitteilung darlegen. Sie muss vor allem eine nachvollziehbare Gegenüberstellung des Gesundheitszustandes bzw. Berufes, den der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem späteren Gesundheitszustand bzw. neuen Beruf beinhalten.

Die Anforderungen an eine solche Mitteilung sind streng und werden von Versicherern oftmals nicht eingehalten. Dann steht dem Versicherten Berufsunfähigkeitsrente sogar zu, wenn Berufsunfähigkeit gar nicht mehr vorliegt.

Sie sollten sich daher spätestens dann, wenn Sie eine Einstellungsmitteilung erhalten und die Zahlung der BU-Rente eingestellt werden soll, an einen auf das Recht der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisierten Fachanwalt für Versicherungsrecht wenden. Er wird feststellen können, ob die Änderungsmitteilung wirksam ist und ob Ihnen weitere Leistungen zustehen.

Beweislast beim Versicherer 

Übrigens: Die Beweislast dafür, dass Berufsunfähigkeit entfallen ist, trägt der Versicherer. Die Ausgangssituation ist also günstig, wenn Sie sich im Nachprüfungsverfahren befinden.

Was passiert mit der Versicherung und dem BU-Schutz, wenn der Versicherer nicht mehr zahlt? 

Hat der Versicherer die Leistungen rechtmäßig eingestellt, enden Rentenzahlungen und Beitragsfreistellung. Der Versicherungsnehmer muss den Beitrag also wieder selbst zahlen, um seinen BU-Schutz aufrecht zu erhalten. Sollte es vor Ablauf der Versicherung erneut zu einem Versicherungsfall kommen, muss der Versicherer dafür selbstverständlich wieder einstehen und leisten.

Berufsunfähigkeitsversicherung Ende der Laufzeit – Ablauf der Leistungsdauer

BU-Leistungen enden schließlich mit Ablauf der vertraglich vereinbarten Laufzeit.

Vereinbarte Vertrags- bzw. Leistungsdauer bestimmt maximale Zahlungsdauer der BU-Rente 

Sofern die Leistungen nicht befristet oder wegen Wegfalls der BU wirksam eingestellt wurden, und der Versicherte auch nicht verstirbt, zahlt der BU-Versicherer bis zum Ablauf der vertraglichen Leistungsdauer. Sie wird bei Abschluss der Versicherung vereinbart und ergibt sich aus dem Versicherungsschein. Achtung: Die Leistungsdauer deckt sich nicht immer mit der Laufzeit der Versicherung; sie kann von der Vertragsdauer abweichen und länger sein als diese. Auch das ergibt sich aus der Police. Um in diesem Fall Leistungen zu erhalten, muss Berufsunfähigkeit vor Ablauf der (kürzeren) Laufzeit des Vertrages eingetreten sein. Ist das der Fall, leistet der Versicherer über die Vertragslaufzeit, also die Versicherungsdauer hinaus, bis zum Ablauf der Leistungsdauer, sofern nicht einer der anderen Einstellungsgründe eintritt.

Berufsunfähigkeitsversicherung Ende – Berufsunfähigkeitsversicherung bis 60 

Die Laufzeit von BU-Versicherungen orientiert sich in der Regel am gesetzlichen Renteneintrittsalter. So wird sichergestellt, dass es bei Berufsunfähigkeit zwischen dem Ende der BU-Rente und dem Renteneintritt nicht zu Deckungslücken kommt.

Nicht wenige Versicherungen enden jedoch schon einige Jahre vor dem Renteneintritt, bzw. Renteneintrittsalter. Das hat Kostengründe, denn durch die geringere Laufzeit sinkt der Versicherungsbeitrag. Darüber, wie lange die Berufsunfähigkeitsversicherung laufen sollte, ist individuell und unter Abwägung aller Risiken zu entscheiden.

Befristete Berufsunfähigkeitsrente 

Hat der Versicherer sein Leistungsanerkenntnis befristet, enden die Leistungen mit Ablauf der Befristung. Aber Achtung: Befristete Leistungsanerkenntnisse sind häufig unwirksam!

Befristung oftmals unzulässig! 

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) erst kürzlich, dass BU-Leistungen nur mit Wirkung für die Zukunft befristet werden dürfen (Urteil vom 23.02.2022, Aktenzeichen IV ZR 101/20). Liegt zum Zeitpunkt des Leistungsanerkenntnisses keine Berufsunfähigkeit mehr vor, darf der Versicherer kein rückwirkendes Anerkenntnis nur für den bereits abgeschlossenen Zeitraum abgeben (Sehen Sie sich hierzu unser Video auf YouTube an.). Eine Vielzahl befristeter Anerkenntnisse dürfte deshalb – oder aus anderen Gründen – unwirksam sein. Lassen Sie Ihr befristetes Anerkenntnis deshalb unbedingt durch einen Experten überprüfen!

Berufsunfähigkeitsversicherung will Zahlung einstellen – Das sollten Sie tun! 

Keinesfalls sollten Sie vorschnell auf Ihre BU-Rente verzichten. Lassen Sie vor allem Nachprüfungsmitteilungen und befristete Anerkenntnisse überprüfen! Diese sind häufig unwirksam, so dass – unabhängig davon, ob Berufsunfähigkeit noch vorliegt – der Leistungsanspruch fortbesteht. Ein BU-Spezialist bzw. eine BU-Spezialistin weiß genau, was in derartigen Fällen zu tun ist, und unterstützt Sie gern.

Die BU-Hilfe.de hilft

Die BU-Hilfe.de ist deutschlandweit die erste und bislang einzige Kanzlei, die sich ausschließlich dem Recht der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung verschrieben hat. Als auf die Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisierte Fachanwältinnen für Versicherungsrecht mit jahrelanger Erfahrung können wir bereits im Rahmen einer kostenfreien Ersteinschätzung beurteilen, ob sich die Inanspruchnahme anwaltlicher Unterstützung lohnt und wie Sie sich helfen lassen sollten. Diese erste Einschätzung per E-Mail ist für Sie selbstverständlich kostenfrei und absolut unverbindlich.

Kontaktieren Sie uns gern über das Kontaktformular auf dieser Homepage, über das Kontaktformular auf unserer Internetseite, per E-Mail oder per Telefon.

Wir freuen uns auf Sie und helfen Ihnen gerne!

Ihre Susanne Aydinlar & Katrin Link


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