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Wildkameras vs. Datenschutz – der Jäger als Störer im eigenen Revier?

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Viele Jäger nutzen zur Reviererkundung und Feststellung der Wilddichte Wildkameras, insbesondere an Kirreinrichtungen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass auch Personen auf den Bildern unbeabsichtigt zu sehen sind. Wie mit solchen Aufnahmen umzugehen und ob darin ein Verstoß gegen den Datenschutz zu sehen ist, ist nicht unumstritten.

I. Einleitung

Immer mehr Jäger auch in Niedersachsen machen sich Wildkameras und den Fortschritt in der technischen Entwicklung als willkommenes jagdliches Hilfsmittel zu nutzen, um durch Fotoauswertung Klarheit darüber zu gewinnen, welche Tiere im Revier und zu welcher Zeit unterwegs sind. Gerade im Hinblick auf eine Zurückdrängung des Wildes durch den Menschen kann durch eine optimierte und an das Wild angepasste eigene Jagd- und Ansitzzeit der Jagderfolg unter weniger intensiven Zeiteinsatz erhöht, der Abschussplan erfüllt und zusätzlicher Druck von den Tieren genommen werden.

Dass die Kamera dabei auch im Wald neben dem gewünschten Bildern Spaziergänger, aber auch Umweltverschmutzer, Diebe und Wilderer ablichten kann, wird dabei von den meisten Herstellern von Wildkameras durchaus bewusst propagiert. Wildkameras als Mittel zur Verhinderung oder Aufdeckung von Straftaten, das bezweckte oder zumindest in Kauf genommene Filmen von Personen ist dabei Anstoß für eine noch immer anhaltende rechtliche Auseinandersetzung. Bereits im Jahre 2009 fand ein Jagdpächter im Taunus bei der Auswertung seiner Wildkamera nicht nur Bilder der erwarteten Schwarzkittel, sondern auch den Jagdpächter vom Nachbarrevier, welcher scheinbar die Kirrung inspizierte. Nachdem dies publik wurde, sah sich der Wildkamerabesitzer nicht nur einem Unterlassungsanspruch und dem Herausgabeverlangen von Bildern und Speicherkarte durch den ungewollt Fotografierten ausgesetzt, auch die hessische Datenschutzbehörde beschäftigte sich mit dem Fall und gelangte zu der Feststellung, dass es an einer spezialgesetzlichen Regelung, die das Anbringen der Wildkamera rechtfertigen könnte, fehle und demnach die bezweckte Wild- und zufällige Personenbeobachtung im Wald grundsätzlich unzulässig sein soll. Seither ist noch manches beim Techtelmechtel gefilmte Pärchen hinzugetreten und haben auch andere Datenschutzbehörden die hessische Position übernommen, sind durch Jagdbehörden verschiedene Richtlinien zur Wildkamera erlassen worden, ohne dass die rechtliche Unsicherheit damit gewichen wäre, hat sich an der gesetzlichen Ausgangslage nichts geändert und fehlt auch Rechtsprechung in diesem Bereich. Dass eine Auslegung der bestehenden Vorschriften aber auch zu einer anderen, für den Jäger akzeptablen Auslegung führen kann, soll vorliegend aufgezeigt werden.

II. Funktion und Zweck einer Wildkamera

Wildkameras, die es in ständig verbesserter technischer Qualität zu Preisen von bereits unter 100 € bei einer Vielzahl von Herstellern zu erwerben gibt, reagieren dank eines elektronischen Sensors in der Regel auf Wärme und Bewegung. Sobald ein bewegliches Objekt, ein Mensch oder Tier in den Erfassungsbereich des Bewegungsmelders gelangt, werden nach kurzer zeitlicher Verzögerung einzelne Fotos oder Videosequenzen aufgenommen. Sind die Kameras dabei in der Lage, am Tage farbige Aufnahmen mit der Angabe von Datum und Uhrzeit zu fertigen, ermöglicht eine Infrarottechnik zumindest auch schwarz-weiß Aufnahmen in der Nacht, ohne dass hierfür ein sichtbarer Blitz notwendig ist und das Wild verschrecken würde. Ob dabei der Sensor durch ein Tier, ein Fahrzeug oder Mensch ausgelöst wird, spielt keine Rolle und ist auch nicht im Vorfeld steuerbar. Bei einer immer besser werdender Bildqualität, der Möglichkeit, nicht nur Fotos sondern auch Filmaufnahmen zu fertigen und diese zum Teil auch sofort auf das eigne Mobiltelefon oder als E-Mail zu empfangen und gegebenenfalls umgehend reagieren zu können, finden Kameras insbesondere an der Kirrung aber auch an Wildwechseln Einsatz.

III. Der Einsatz von Wildkameras als Verstoß gegen das Datenschutzgesetz und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts?

Da jede Person ein Recht am eigenen Bild hat und auch die Herstellung von Ablichtungen bereits dem Schutz des grundrechtlich verankerten allgemeinen Persönlichkeitsrechts (informelle Selbstbestimmung) unterfallen kann, kann eine rechtwidrige Videoüberwachung sowohl zu Abwehransprüchen aus §§ 823, 1004 BGB des Betroffenen führen, der zudem die Löschung der betreffenden Aufnahmen verlangen kann. Zudem können solche Aufnahmen mitunter auch eine Bußgeldstrafe unter Umständen nach sich ziehen. Dabei soll im Folgenden geklärt werden, ob sich die Rechtswidrigkeit aus dem in Niedersachsen geltenden Datenschutzrecht (NDSG) oder dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ergibt, der Einsatz von Wildkameras mit diesen oder aus sonstigen widerstreitenden Rechtsinteressen nicht vereinbar ist.

1. Ausnahme nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG

Zwar soll das BDSG und auch das NDSG in erster Linie eine Datenerfassung durch öffentliche Stellen regeln, jedoch findet im Gegensatz zum NDSG das BDSG auch auf nicht-öffentliche Stellen, also auch den privaten Jagdpächter Anwendung. Gem. § 1 Abs. Nr. 3 BDSG können aber personenbezogene Daten, die ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, durch Private weiterhin erhoben werden und unterfallen bereits gar nicht dem Anwendungsbereich des BDSG. Bei personenbezogenen Daten handelt es sich um Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse, worunter auch eine Videoüberwachung mittels Wildkamera fällt. Da der Pächter einer Jagdfläche aber in aller Regel einer Freizeitbeschäftigung und nicht einer beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit nachgeht, mit der Videoüberwachung von Futterstellen in erster Linie eine Jagderleichterung bezweckt, kann bereits vertreten werden, dass das BDSG auf den privaten Jäger gar keine Anwendung findet, was jedoch für jeden Fall einzeln und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zu bestimmen ist. Auch bei Vergabe von entgeltlichen Jagderlaubnisscheinen, der Verkauf von Wildbrett kann in aller Regel bei objektiver Betrachtung aus dem Hobby noch keine geschäftliche Tätigkeit werden, sollen mit diesen Maßnahmen und Einnahmen gerade die Kosten des Hobby gesenkt und dieses überhaupt finanzierbar werden, ohne dass sich eine Freizeitbeschäftigung zur Geschäftstätigkeit wandeln und damit zur möglichen Anwendbarkeit vom BDSG führen muss.

2. Regelung nach § 6 b BDSG

Doch selbst für den Fall, dass das BDSG für anwendbar betrachtet wird, durch die von der Datenerfassung betroffenen Personen keine Einwilligung hierfür vorliegt - wie es etwa bei Jagdgästen, welche auf die Kameras hingewiesen wurden, der Fall sein wird – könnte eine Beobachtung nach § 6 b BDSG zulässig sein, eine Argumentation welche auch von verschiedenen Jagdverbänden aufgegriffen wird. Denn nach § 6 b Abs. 1 BDSG ist „die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur zulässig, soweit sie zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen (Nr. 1), zur Wahrnehmung des Hausrechts (Nr. 2) oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke (Nr. 3) erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.“

Dabei handelt es sich bei Wald regelmäßig um einen solchen öffentlich zugänglichen Raum der einem unbestimmten Personenkreis zur tatsächlichen Nutzung zur Verfügung steht. Gem. § 14 Abs. 1 S. 1 BWaldG, § 23 Abs. 1 NWaldLG darf ein Jeder die freie Landschaft und damit auch den Wald zur Erholung betreten, sofern damit nicht eine unzumutbare Nutzung, insbesondere etwa eine systematische Störung der Jagdausführung verbunden ist, was etwa bei Spaziergängern und Pilzsuchern aber nicht angenommen werden kann.

Jedoch könnte der Einsatz einer Wildkamera, bei der es sich selbst nicht um einen Einrichtungs-, sondern einen Ausrüstungsgegenstand handelt, dann unbedenklich sein, wenn diese nur in Waldbereichen eingesetzt werden, welche gerade nicht öffentlich zugänglich sind. Zwar kennt das NWaldLG eine diesbezügliche Einschränkung nicht, insbesondere nicht ein Betretungsverbot für jagdliche Einrichtungen oder etwa des Waldes fernab von Wegen zu Nachtzeiten, jedoch können gem. § 2 Abs. 1, 2 NJagdG jagdliche Einrichtungen, zu denen auch Futterplätze und damit Kirrungen (§ 33 NJagdG) zählen, vom Jäger dem öffentlichen Zugang entzogen werden. Dieser kann das Betreten der jagdwirtschaftlichen Einrichtung verbieten, was mit einer entsprechenden Beschilderung (Hinweisschild z. B. „Jagdeinrichtung – Betreten verboten“) kenntlich zu machen ist, so dass dieser Bereich nicht länger öffentlich zugänglich ist und ein Betreten durch Dritte zudem eine Ordnungswidrigkeit darstellen würde (§ 41 Abs. 1 Nr. 1 NJagdG). Für solche kenntlich gemachten Räume ist sodann § 6 b Abs. 1 BDSG nicht anwendbar, so dass die Kamera bei Überwachung dieser jagdlichen Einrichtungen nicht nur die Aufgabe einer Wildbestandsüberwachung haben, sondern zugleich auch die Einhaltung des Verbotes sicherstellen kann. Denn generell ist nicht schutzwürdig und kann mit einem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht argumentieren, wer selbst gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt oder mit seinem Verhalten einen Bußgeldtatbestand verwirklicht.

Dabei handelt es sich bei einer Wildkamera auch um eine optisch-elektronische Einrichtung, vergleichbar mit einer Überwachungskamera, wobei das BDSG eine Unterscheidung zwischen (Wild-)Beobachtung und Überwachung nicht macht und die auf eine gewisse Dauer ausgerichtete, mehrfache Bildaufnahme einer Örtlichkeit hierfür ausreicht, ohne dass es auf den Zweck ankommt und ob Personen beabsichtigt oder zufällig aufgezeichnet werden. Das Tatbestandsmerkmal der Beobachtung ist jedoch dann nicht erfüllt, wenn ein in den Fokus der Kamera tretender Mensch nicht identifiziert werden kann. Dies könnte dann der Fall sein, wenn die Auflösung der Bilder eine konkrete Bestimmung der Person nicht zuletzt, was aber auch zulasten einer exakten Identifizierung des Wildes gehen würde und auch nicht mehr dem derzeitigen Technikstand entspricht. Die aufgenommene Person ist aber auch dann nicht erkennbar, wenn die Kamera aufgrund des Einstellwinkels nur deren Beine aufnimmt oder die Person zwar noch im Erfassungsbereich der Kamera, aber für eine scharfe Aufnahme dennoch zu weit entfernt ist. Damit sollte es möglich sein, bei entsprechender Kennzeichnung von Reviereinrichtungen diesen Bereich ohne einen Verstoß gegen das BDSG zu überwachen.

Sollte die Wildkamera aber nicht nur den engen Bereich der Kirrung oder sonstiger jagdlicher Einrichtungen überwachen oder etwa an öffentlichen Wegen zur Beobachtung von Wildwechseln oder etwa bezweckt Reviergrenzen zur Kontrolle der Einhaltung derselben angebracht sein, bleibt es jedoch bei der Anwendbarkeit von § 6 b BDSG und es fragt sich, ob gem. § 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG die Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke einen Kameraeinsatz erforderlich und zulässig werden lassen.

Dabei hat der Jäger nachzuweisen, welche berechtigten Interessen einen Wildkameraeinsatz erfordern, wobei als berechtigtes Interesse jedes objektiv begründbare Interesse wirtschaftlicher, rechtlicher oder ideeller Natur gilt. So kann sich ein solches Interesse etwa im Rahmen eines Forschungsprojektes ergeben, etwa beim Monitoring von bestimmten Wildtierarten, oder aber zur Gefahrenabwehr, d.h. auch zur Verhinderung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten und zur Beweissicherung, etwa nach § 39 Abs. 2 Nr. 6 BJagdG, wonach ordnungswidrig handelt und jemanden in seinem Jagdrecht stört, der „zur Jagd ausgerüstet unbefugt einen fremden Jagdbezirk außerhalb der zum allgemeinen Gebrauch bestimmten Wege betritt.“. Ein berechtigtes Interesse kann aber auch in der Dokumentation des Wildbestandes sowie der besseren und effektiveren Abschussplanerfüllung gesehen werden. Ein solcher Kameraeinsatz wird in der Regel auch erforderlich sein, um etwa einen Wildwechsel entsprechend zu dokumentieren, ist in der Regel nur eine Videoüberwachung geeignet, das festgelegte Ziel zu erreichen und gibt es auch keine milderen, ebenfalls geeigneten Mittel. So ist insbesondere der Ansitz mithilfe von Fernglas oder Nachsichtgerät keine objektiv zumutbare Alternative zur Videoüberwachung. Wird damit eine im Einzelfall zu prüfende Erforderlichkeit für einen Kameraeinsatz etwa auch tagsüber im frei zugänglichen Wald bejaht, sei es, weil Personen nur zufällig oder gerade zur Gefahrenabwehr aufgenommen werden, kann der die Wildkamera dennoch unzulässig sein, wenn das entgegenstehende schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegt, § 6 b Abs. 3 S. 1 BDSG. So greift zwar eine Videoüberwachung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, in dessen geschützte Privatsphäre ein, jedoch wird dem regelmäßig das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Jagdausübungsberechtigten, das ebenso unter Art. 2 Abs. GG fällt, entgegenstehen. Da der private Jäger aufgrund der Hege- und Bejagungsverpflichtung für sein Handlung ebenso ein berechtigtes Interesse vorweisen und er sich zudem etwa auf den Tierschutz berufen kann und ein Kameraeinsatz ebenso als Betätigung grundrechtlicher Freiheit zu verstehen ist, lässt sich durchaus argumentieren, dass das Interesse des Aufgenommen hinter das Interesse des Jägers zurücktritt. Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Interesse des zufällig aufgenommenen Waldbesuchers das Interesse des Jägers keinesfalls überwiegt, so dass auch aus diesem Gesichtspunkt heraus ein Wildkameraeinsatz für den Jäger als Privatperson unbedenklich sein sollte.

IV. Fazit

Obwohl die Diskussion um den Einsatz von Wildkameras durch Jäger zur Wildüberwachung anhält, noch keine gerichtlichen Entscheidungen zu den strittigen Fragen vorliegen, kann sich der Waidmann bei Beachtung der diskutierten Punkte und aufgreifen der Argumentationsmuster seines rechtmäßigen Handelns relativ sicher sein, sofern er auch weiterhin auf eine Aufstellung von Kameras in seinem Revier nicht verzichten will. Ein möglichst sparsamer Einsatz, dessen Zweck und Einsatzort vorab dokumentiert werden sollte, am besten nur zur Überwachung von nicht-öffentlichen Bereichen wie Jagdeinrichtungen und Kirrungen sowie das Vernichten von Zufallsaufnahmen nach Auswertung der Bilder sollten einen Verstoß gegen das BDSG aber auch zivilrechtliche Ansprüche des Betroffenen ausschließen. Diese Aussage „Menschen, die in den Wald gehen, dürfen nicht gefilmt werden“, die Propagierung des Waldes als scheinbar letztes Refugium der Stille und Einsamkeit lässt sich in dieser Allgemeinheit jedenfalls nicht aufrechterhalten, erst Recht nicht, wenn der Waldbesucher selbst durch die Kamera bei einer rechtswidrigen Handlung gefilmt wird. Ob mit der Debatte um Wildkameras vor den eigentlichen Störern des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei staatlicher Datensammlungswut und Datenoffenlegung in sozialen Netzwerken hier nur ein Nebenschauplatz ablenkend bearbeitet wird oder dahinter versteckt jagdpolitische Grundsatzfragen wie die Jagd an der Kirrung und die damit verbundene Ausbringung von Futtermitteln ausgetragen werden, bleibt zumindest fraglich. Sollte sich der Jäger wider Erwarten dennoch mit der Abwehr solcher Ansprüche von Betroffenen oder Datenschutzbehörden auseinander setzen müssen, sollte aufgrund der nach wie vor bestehenden rechtlichen Unklarheit über die konkrete Reichweite des Wildkameraeinsatzes eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht gescheut werden, sprechen viele Argumente für die Position und damit auch für das Recht des Jägers, Wildkameras auch weiterhin in seinem Revier einzusetzen.



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