Wind und Wald

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Wind und Wald

Thüringer Raumordnungsplan Mittelthüringen

vom Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar gekippt


Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hatte am 09.11.2022 nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden gehabt, ob ein Raumordnungsplan zur Ausweisung von verschiedenen Windenergiegebieten (Vorranggebiete) wirksam ist oder nicht. Der Raumordnungsplan wurde im Wege einer sogenannten Normenkontrollklage von insgesamt 5 Antragstellern[1], darunter einer Gemeinde, angegriffen.

Gegenstand war noch die [alte] Sach- und Rechtslage mit Stichtag 2018.

Das neue, zum Januar 2023, kommende Windenergieflächenbedarfsgesetz-WindBG (als Art. 1 des Gesetzes zur Festlegung von Flächenbedarfen für Windenergieanlagen an Land) spielte noch keine Rolle bei der Entscheidung durch das Thüringer OVG.

Gegenstand war § 11 Abs. 3 des Raumordnungsgesetzes. Hiernach sind Abwägungsmängel nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

Der zu entscheidende 1. Senat des Thüringer OVG in Weimar bezeichnete seine Entscheidung daher zutreffend schon jetzt als rechtshistorische Arbeit.

Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 09.11.2022[2] konnte noch nicht abschließend die kommende Entscheidung des BVerfG zu Windenergieanlagen in Wäldern auf Grundlage des Thür. Waldgesetzes gewichtet werden. Das BVerfG hat mit der am 10.11.2022 veröffentlichten Pressemitteilung aber dem generellen Stopp von Windenergieanlagen in Wäldern nach dem Thür. Waldgesetz eine deutliche Absage, unter Hinweis auf die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Bodenrecht), erteilt.[3]

Mit der am 22.11.2022 9.00 Uhr erfolgten Verkündung des Urteil zu den eingelegten Normenkontrollklagen wurde entschieden, dass:

  • der Regionalplan Wind unwirksam ist,
  • die Kosten die Planungsbehörde zu tragen hat und
  • die Revision wurde nicht zugelassen.

Bemerkenswert und zukünftig auch vom Planungsgeber zu beachten sind die Feststellungen des Senats bei kurzer mündlichen Begründung, wonach keine formellen Fehler bei der Bekanntmachung bzw. der Genehmigung des Regionalplanes ersichtlich seien. Insbesondere wurden zwar formelle Mängel von Antragstellerseite erhoben, der Großteil sei aber nicht einschlägig [mehr], da die formellen Rügen verspätet erhoben wurden.

Hinsichtlich des materiellen Teils des Regionalplanes stützt sich der 1. Senat des Thüringer OVG bei seiner Unwirksamkeitsentscheidung darauf, dass der im Regionalplan gewählte Abstand von 1.250 m zu Siedlungsflächen   nicht nachvollziehbar begründet sei. Auch die 200 m Höhenbegrenzung für Windenergieanlagen ist zwar eine optische Beeinträchtigung, aber auch hier mangelt es an einer sachlichen Begründung.

Ferner wurden Fehler bei der Abwägung und deren Dokumentation in den Planunterlagen gemacht mit der Folge, dass die 4 altrechtlichen [DDR-] Landschaftsschutzgebiete keine harte Tabuzone vermitteln.

Der Senat beschränkte sich auf diese Mängel und mußte so auch nicht auf das 25 ha Kriterium eingehen.

Es wurde vom Senat aber auch ausdrücklich betont, dass die heutige Entscheidung nicht rechtskräftig sei, weil noch Revisions-Zulassungsbeschwerde zum BVerwG erhoben werden könnte. Gleichwohl darf dieser Plan einzelnen Genehmigungen nicht mehr entgegen gehalten werden. Es besteht ein Anspruch auf Einzelfallprüfung für die Genehmigung. Andererseits ist auch für Windanlagenbetreiber, so der Senat,  der weggefallene Regionalplan mit seiner Konzentrationsflächenbestimmung nachteilig, weil die Privilegierung für einzelne Flächen weggefallen ist, d.h. der Windenergieanlagenbetreiber bisher wußte, wo er jedenfalls zulässig bauen durfte. Auf eine Pressemitteilung wurde der MDR vom OVG hingewiesen.

Resümee:

Nicht Gegenstand der Prüfung waren das neue Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG)[4] und die Entscheidung des BVerfG zum Thüringer Waldgesetz[5].

Eine schriftliche Begründung folgt noch nach.

Es darf abgewartet werden, welche Auswirkungen das neue  „Wind-an-Land-Gesetz“ nunmehr für 2023 zur Energiewende vermitteln wird.

[1]  1 N 711/19; 1 N 786/19; 1 N 99/19; 1 N 612/19; 1 N 584/19 und 1 N 595/19

[2]  der MDR berichtete im MDR Journal vom 09.11.2022 19.00 Uhr;

[3]  vgl. BVerfG Pressemitteilung vom 10.11.2022 Nr. 88/2022 zu 1 BvR 2661/21

[4]  vgl. Gesetzesentwurf Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zum „Wind-an-Land-Gesetz“

   als Artikelgesetz;

[5]  vgl. Fn. 3


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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