XI ZR 498/19 und XI ZR 525/19; der BGH ermöglicht "vergifteten" Widerruf bei Kfz-Darlehen

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BGH muss sich beugen

Es ist ein wenig ruhmreicher Moment deutscher Rechtsgeschichte. 

Der BGH erklärt zwei Widerrufe in Fällen der FCA Bank für rechtzeitig, da die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist nach der Entscheidung des EuGH C-66/19 nicht klar und verständlich ist. Dies aber nur für Allgemeinverbraucherdarlehen. Die exakt selbe Belehrung im Bereich von Immobiliardarlehensverträgen ist dagegen klar und verständlich, obwohl hier die Verweisungsketten in Art 247 EGBGB noch verworrener sind.

Dies mögen Juristen ggfs noch verstehen wegen des Anwendungsbereichs der Verbraucherkreditrichtlinie und der daraus resultierenden unterschiedlichen Auslegungshoheit von BGH und EuGH, für den Verbraucher dürfte das kaum nachzuvollziehen sein, dass zwei höchste Gerichte ein und diesselbe Formulierung je nach Darlehensvariante klar und verständlich finden oder eben nicht.

Vermutlich ist es dem BGH auch nicht ohne Grund einigermaßen peinlich, erst jetzt zu der Erkenntnis gelangt zu sein, dass er dem EuGH im Anwendungsbereich der Richtlinie folgen muss und seine Rspr zur Gesetzlichkeitsfiktion des amtlichen Musters nicht beliebigen biegen kann.

So hatte der BGH zu exakt denselben Belehrungen der FCA Bank, die er nun als nicht ordnungsgemäß einstuft, im Juli 2020 noch mehrere Nichtzulassungsbeschwerden abgewiesen.


Widerruf weitgehend "vergiftet"

Jetzt sollte man meinen, der weitgehend mögliche Widerruf bei Kfz-Finanzierungen hätte auch - schon aus Verbrauchergesichtspunkten - positive Auswirkungen für die Verbraucher, doch hier ist Vorsicht geboten.

Der BGH begeht wieder denselben Fehler, den er nun bereits mehrfach begangen hat und entscheidet die Frage des Wertersatzes in der für die Verbraucher ungünstigsten Variante (was vertretbar ist), ohne die Frage vorab dem EuGH vorzulegen, obwohl diese Frage durchaus umstritten ist und keineswegs wie der BGH meint völlig eindeutig (acte clair).

Das ist auch deshalb erstaunlich, da auch die Frage, die der Entscheidung des EuGH C-66/19 zugrunde lag, vom BGH als so klar erachtet wurde, dass er eine Vorlage unterlies.

Insgesamt ist der XI. Senat generell wenig geneigt, dem EuGH seine Auslegungskompetenz im Rahmen von Richtlinien zu ermöglichen.

Bis zu einer möglichen weiteren Entscheidung des EuGH müssen sich Verbraucher beim Widerruf einer Kfz-Finanzierung genau informieren, ob der Widerruf wirtschaftlich sinnvoll ist, denn der BGH spricht dem Darlehensgeber objektiven Wertersatz für die Dauer zwischen Übergabe und Rückgabe zu und sieht zudem den Verbraucher als vorleistungspflichtig.

Widerruf dennoch sinnvoll

Ein Widerruf bleibt dennoch wirtschaftlich sinnvoll, wenn die Bank in der Widerrufsinformation ausgeführt hat, dass beim Widerruf nur Zinsen von 0,00 geschuldet sind. Dann führt ein Widerruf zum Verlust des Zinsanspruchs der Bank. 

Weiter ist auch bei einem objektiv zu ermittelten Wertverlust nach Auffassung des Verfassers (ebenso jüngst OLG Frankfurt) nicht der Kaufpreis Ausgangspunkt des Wertverlustes sondern der Kaufpres abzgl der Händlermarge, so dass dies regelmäßig mindestens 10 % des Kaufpreises ausmacht.

Auch ist in Fällen des Abgasskandals hier ein erheblicher Ansatz, denn das manipulierte Fahrzeug war schon bei Erwerb deutlich weniger wert als der Kaufpreis und dieser Wertverlust verbleibt dann bei der Bank.

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Sebastian Koch

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht









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