Zahlungen Dritter bei späterer Insolvenz des Kunden (§ 134 InsO) – Nicht immer anfechtbar!

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Urteil des OLG Hamm vom 19.10.2017 (Az. 27 U 10/107) hilft Gläubigern

Meldet der bisherige Geschäftspartner Insolvenz an, droht dem Gläubiger das Risiko, in der Vergangenheit erhaltene Zahlungen an den Insolvenzverwalter des Geschäftspartners zurückerstatten zu müssen. Darunter fallen Zahlungen, die bis zu zehn Jahre vor der Insolvenz des Geschäftspartners erfolgt sind.

Prüfen, wer gezahlt hat – keine Anfechtung nach § 133 InsO

Der betroffene Gläubiger sollte vor einer Erstattung an den Insolvenzverwalter unbedingt prüfen, ob die Zahlung tatsächlich von dem insolventen Unternehmen gekommen ist und dabei auf die konkrete Rechtsform des insolventen Unternehmens achten. Häufig werden Zahlungen auch von Schwestergesellschaften, der Muttergesellschaft oder sonstigen Dritten geleistet. Bei kleineren Unternehmungen sind Zahlungen von Privatkonten des Inhabers, des Geschäftsführers oder Gesellschafters häufig festzustellen. Wurden die Zahlungen nicht vom insolventen Geschäftspartner oder dem insolventen Unternehmen vorgenommen, dann kann der Insolvenzverwalter die Zahlung von dem Gläubiger grundsätzlich nicht, vor allem nicht nach § 133 InsO, herausverlangen.

Unterscheidung geboten: Anweisung auf Schuld oder Kredit?

In aller Regel leistet der Dritte an den Gläubiger des eigentlichen Schuldners und gewährt hierbei dem Schuldner einen Kredit, häufig in Form von Gesellschafterdarlehen. Diese sogenannten Anweisungen auf Kredit führen nur zu einem Wechsel in der Person des Gläubigers. Statt des bisherigen Gläubigers wird der kreditgebende Dritte Gläubiger. Dieser Gläubigertausch ist für die Gesamtheit der Gläubiger nicht nachteilig. Eine Anfechtung nach § 133 InsO ist nicht möglich. Hiervon zu unterscheiden sind diejenigen Fälle, in denen der eigentliche Schuldner den Dritten anweist, direkt an den Gläubiger zu leisten, und durch diese Weisung eine Schuld des Dritten gegenüber dem Schuldner getilgt wird. Bei dieser Anweisung auf Schuld ist eine Anfechtung in Einzelfällen dennoch möglich, da die Zahlung an den Gläubiger durch den Dritten dem eigentlichen Schuldner zugerechnet wird. Der Schuldner verliert seine Forderung gegen den Dritten, sodass der Vorgang insgesamt gläubigerbenachteiligend sein kann. Die Einzelheiten sind außerordentlich schwierig und häufig Gegenstand von Gerichtsentscheidungen (zuletzt z. B. wieder OLG Hamm, Urt. 19.10.2017, Az. 27 U 10/107). Deshalb sollte der Gläubiger vor jeder Zahlung den Sachverhalt durch einen Spezialisten für Insolvenzanfechtung prüfen lassen.

Zahlungen Dritter – Risiko § 134 InsO

Während das Anfechtungsrisiko nach § 133 InsO durch Zahlungen Dritter einerseits sehr häufig ausgeschlossen wird, droht dem Gläubiger andererseits die erleichterte Schenkungsanfechtung, wenn auch der Dritte in die Insolvenz gerät. Dies ist bei Unternehmensgruppen oder Konzernen sehr häufig der Fall. Der Insolvenzverwalter des Dritten kann die Zahlung dann von dem Gläubiger mit dem Argument herausverlangen, dass der Gläubiger gegen den Dritten gar keinen Anspruch hatte, sondern etwas unentgeltlich, mit anderen Worten also geschenkt, erhalten hat. Dabei muss der Insolvenzverwalter nicht nachweisen, dass der Gläubiger Kenntnis über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte. § 134 InsO knüpft an diesen Herausgabeanspruch nur die Voraussetzung, dass die unentgeltliche Leistung binnen vier Jahren vor dem Insolvenzantrag geleistet wurde. Der Gläubiger hat also keine echte Chance, sich gegen dieses Rückzahlungsverlangen erfolgreich zur Wehr zu setzen – vermeintlich.

Dennoch keine Anfechtung nach § 134 InsO

Auch wenn Insolvenzverwalter gerne die Schenkungsanfechtung bemühen, wird doch häufig übersehen, dass im Rahmen des ordentlichen Geschäftsverkehrs eine Anfechtung ausscheidet. Der Gläubiger kann einwenden, dass eine schuldbefreiende Zahlung des Dritten dazu geführt habe, dass er seine Forderung gegen den eigentlichen Schuldner, also seinen Geschäftspartner, verloren habe. Und in der Tat stellt sich die erhaltene Leistung nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann nicht als Schenkung dar. Diesen Einwand kann der Insolvenzverwalter aber – ebenfalls auf diese Rechtsprechung gestützt – häufig mit dem Argument aushebeln, der Gläubiger habe nur eine wertlose Forderung verloren, weil der eigentliche Geschäftspartner zum Zeitpunkt der Zahlung des Dritten bereits zahlungsunfähig, also pleite war. Zahlungen Dritter sind damit für den Gläubiger ein nicht unerhebliches Risiko und sollten in der Praxis von der Bonität des Dritten abhängig gemacht werden.

Dr. Olaf Hiebert


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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