Müssen Steuerberater bei Insolvenz des Mandanten das erhaltene Honorar zurückzahlen? (Insolvenzanfechtung)

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Müssen Rechtsanwälte, Steuer- oder Sanierungsberater von ihren Mandanten gezahlte Honorare an den Insolvenzverwalter zurückzahlen, wenn der Mandant insolvent wird? Das kann doch nicht sein! So begannen nahezu sämtliche Beratungsgespräche mit Beratern innerhalb der letzten 14 Jahre. Bislang galt: Doch das kann sein – leider. Der Bundesgerichtshof hat dieser unfairen Praxis der Insolvenzverwalter jetzt einen Riegel vorgeschoben (Urteil vom 3. März 2022 Az. IX ZR 78/20). Honorare können nicht mehr so leicht angefochten werden wie früher.

Neue BGH-Rechtsprechung erschwert Insolvenzanfechtung deutlich

Bislang galt: Ist der Mandant objektiv zahlungsunfähig und bezahlt Rechnungen seines Beraters, muss der Berater diese im Fall der Insolvenz zurückzahlen. Im Unterschied zu gewöhnlichen Lieferanten und Dienstleistern wurde die für die Insolvenzanfechtung nach § 133 InsO notwendige Kenntnis des Beraters vermutet. Er galt als Insider, als nahestehende Person, wie es das Gesetz in § 138 InsO bezeichnet. Einzelne Landgerichte hatten dies auch schon früher anders gesehen. Jetzt hat der BGH ein Machtwort gesprochen, dass hoffentlich jedes Landgericht und Oberlandesgericht ernst nimmt.

Die neue Rechtslage

Der Berater ist grundsätzlich kein Insider. Nur in Ausnahmefällen kann auf seine Kenntnis geschlossen werden. Aufatmen können Berater nicht. Zur Vermeidung von Anfechtungsrisiken sind viele Vorkehrungen zu treffen. Und wenn der Insolvenzverwalter das Honorar zurückfordert, sollte der Berater einen Spezialisten mit der Abwehr des Anspruchs beauftragen.

Jedes Detail zählt!

Die erfolgreiche Abwehr des Anspruchs setzt voraus, dass alle Details geprüft und gezielt vorgetragen werden. Dies gilt sowohl für die erste Antwort auf das Schreiben des Insolvenzverwalters als auch für den Gerichtsprozess. Zu prüfen ist beispielsweise:

Lagen im Zeitpunkt der erhaltenen Honorarzahlungen tatsächlich Informationen zur wirtschaftlichen Lage des Mandanten vor? Hat der Mandanten die notwendigen Unterlagen übergeben? Kam der Pendelordner pünktlich? Wann wurden die Unterlagen für den Jahresabschluss übermittelt. Waren Sie zustellungsbevollmächtigt? Lagen alle Rechnungen vor? Was war der Umfang des Mandats? Finanzbuchhaltung oder nur Lohnbuchhaltung?

Tipp: Seien Sie in Ihren Mandatsvereinbarungen künftig genau! Beschreiben Sie die vereinbarten Leistungen und weisen Sie diese auch auf den Rechnungen aus.

Tipp: Achten Sie auf die Kommunikation mit dem Mandanten. Verzichten Sie auf Mahnungen und Drohungen mit Inkassobüro oder Anwalt.

Erste Erfahrungen in der Praxis mit dem neuen Urteil

Ich habe in den vergangenen Jahren zahlreiche Steuerberater vertreten. Das neue BGH-Urteil hilft in der Praxis enorm. Dies belegen meine Erfahrungen in der ersten Jahreshälfte 2022. Zahlen Sie nicht vorschnell an den Insolvenzverwalter. Wehren Sie sich! Sie haben für Ihr Honorar gearbeitet.

Herzliche Grüße

Ihr

Dr. Olaf Hiebert, Rechtsanwalt & Fachanwalt für Insolvenzrecht



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