Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärung am Silvesternachmittag

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Der Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen durch Einwurf in den Hausbriefkasten muss nicht nur nachweisbar, sondern, wenn es um die Wahrung von Fristen geht, rechtzeitig erfolgen. Im vorliegenden Fall, den der BGH im Urteil vom 05.12.2007 zum Az XII ZR 148/05 zu entscheiden hatte, wurde eine Verlängerungsoption über ein gewerbliches Mietverhältnis mit Schreiben vom 31.12.2003, einem Mittwoch, ausgeübt und per Boten noch am selben Tag um 15.00 Uhr in den Briefkasten der hausverwaltenden Maklerfirma eingeworfen. In dem darauf folgenden Räumungsrechtsstreit war zu klären, ob diese Erklärung, die eine Verlängerung des Mietverhältnisses nur dann bewirken konnte, wenn sie spätestens am 31.12. zugegangen war, noch fristgerecht oder erst am darauf folgenden Werktag und damit verspätet zugegangen war.


Grundsätzlich ist in einem solchen Fall der Zugang an dem Tag bewirkt, an dem nach der Verkehrsanschauung mit der Leerung des Briefkastens noch gerechnet werden konnte. Erfolgt der Einwurf in Hausbriefkasten des Empfängers zu einer Tageszeit, zu der nach den Gepflogenheiten des Verkehrs eine Entnahme durch den Adressaten nicht mehr erwartet werden kann, so ist die Willenserklärung an diesem Tage nicht mehr zugegangen. Hierbei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers, sondern – im Interesse der Rechtssicherheit – auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Da mittlerweile die Post-AG und andere Dienstleister zwischenzeitlich Briefe nicht nur vormittags, sondern auch nachmittags zustellen, ist äußerst umstritten, ob im geschäftlichen Verkehr ein Brief, der jedenfalls während der Geschäftszeiten in den Briefkasten geworfen wird, in jedem Fall zugegangen ist und ob überhaupt eine derartige Verkehrsanschauung besteht.


Dies vermochte der BGH jedoch im vorliegenden Fall offenzulassen, da hier der Brief nach seiner Auffassung nach Geschäftsschluss eingeworfen worden war. In einem Bürobetrieb der vorbezeichneten Art werde Silvester nachmittags nicht mehr gearbeitet, so dass kurz vor 16.00 Uhr mit einer Briefkastenleerung noch am selben Tag nicht mehr zu rechnen war. Hieran änderte auch der Umstand nichts, dass auf dem Briefbogen der Verwaltungsgesellschaft an Werktagen grundsätzlich bis 17.00 Uhr Sprechzeiten angegeben waren. Denn dies schaffe beim Empfänger kein Vertrauen darauf, dass in dieser Firma entgegen den allgemeinen Gepflogenheiten am Silvesternachmittag gearbeitet werde.


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Foto(s): ©Pexels/Karolina Grabowska

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