Zusätzliche Forderungen für geleistete Überstunden

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Für viele Führungskräfte gehört es – ob sinnvoll oder nicht – zum „guten Ton“, den Arbeitsplatz weit nach ihren Mitarbeitern zu verlassen. Vielleicht manchmal, um nach einem 8-Stunden-Tag der Frage von gewitzten Kollegen zu entgehen „… bist wohl teilzeitbeschäftigt?“

Fakt ist, dass Führungskräfte oft bis zum Anschlag arbeiten. Das ist einerseits dem immer vollen Schreibtisch und andererseits auch der Verantwortung und der besseren Bezahlung geschuldet. Arbeitsverträge von Führungskräften enthalten oft eine Klausel, nach der Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten ist.

Wie effektiv es ist, täglich mehr als 8 Stunden zu arbeiten, soll hier nicht beleuchtet werden. Um die Vergütung von Mehrarbeit eines Zahnarztes ging es in einem Fall, den das BAG (5 AZR 626/13 v. 23.9.2015) zu entscheiden hatte.

Der Kläger war beim Gesundheitsamt tätig. Im Jahr 2009 sollte er zusätzlich zu seiner Tätigkeit kommissarisch die Leitung des Amtes übernehmen. Bis ein neuer Amtsleiter gefunden war, dauerte es 1 Jahr und 7 Monate.

Der Zahnarzt unterbreitete seinem Arbeitgeber letztlich eine pfiffige Rechnung: Er hatte auf seinem Zeitkonto 220 Überstunden, die der Arbeitgeber bezahlte. Nun forderte der Kläger jedoch zusätzlich rund 126.000 Euro für den Zeitraum August 2009 bis März 2011 und für die Zukunft monatlich weitere 6.325 Euro brutto. Er begründete seine Forderung damit, dass er 2 Vollzeitstellen gleichzeitig ausgeübt habe. Er habe eine 80-Stunden-Woche gehabt. Seinen Rechtsanspruch auf das Geld sah er darin, dass mit der Übertragung der vorübergehenden Amtsleitung ein zweites Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber entstanden sei. Leider sahen die Gerichte das anders und er unterlag in 3 Instanzen. Warum, das erläuterte das BAG.

Zur Begründung eines – auch zweiten – Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber bedarf es zweier übereinstimmender Willenserklärungen in Bezug auf die Begründung eines weiteren Arbeitsverhältnisses. Im Fall des Klägers liegen nur Willenserklärungen vor in Bezug auf die Übertragung der kommissarischen Leitung des Gesundheitsamtes. Damit wurde kein neues Arbeitsverhältnis begründet. Gemäß § 2 Abs. 2 TVöD dürfen mehrere Arbeitsverhältnisse zum selben Arbeitgeber nur begründet werden, wenn die jeweiligen übertragenen Tätigkeiten nicht in unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen.

Hier wurden beide Tätigkeiten für den Arbeitgeber ausgeführt, damit gelten lt. TVöD mehrere Tätigkeiten als ein Arbeitsverhältnis. Auch aus § 612 BGB war für den Kläger nichts zu holen. Dieser Paragraf verschafft einem Arbeitnehmer im Falle der Nicht-Regelung der Vergütung die „übliche Vergütung“. Da der Kläger – was die Bezahlung angeht, tarifvertraglich schon am Limit war, konnte er keine Differenzzahlung beanspruchen. (Sicher war er auch mit seiner Kraft am Limit – aber das steht auf einem anderen Blatt.) Der „alte“ Amtsleiter hatte auch kein höheres Gehalt als Kläger bekommen. Des Weiteren konnte der Arbeitnehmer dem Gericht nicht nachweisen, ob die Überstunden angeordnet waren oder nicht. Das hätte er im Prozess tun müssen.

In diesem Prozess wird deutlich, dass es für Arbeitnehmer wichtig ist, vor der Übernahme zusätzlicher Aufgaben zu prüfen, ob deren Erfüllung machbar ist. 80 Stunden pro Woche – und das im Gesundheitsamt – da kann man schon ins Grübeln kommen. Auch wenn der Arbeitgeber hier siegreich aus dem Ganzen hervorgegangen ist, kann man davon ausgehen, dass der Kläger mit Wissen seines Arbeitgebers diese Mehrarbeit geleistet hat. Ein Ruhmesblatt für das Amt ist das nicht.


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