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Betriebliche Übung - was Sie wissen und beachten müssen!

  • 3 Minuten Lesezeit
Betriebliche Übung - was Sie wissen und beachten müssen!

Die wichtigsten Fakten

  • Die betriebliche Übung entsteht durch ein wiederholtes gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers.
  • Dieses Verhalten umfasst das Gewähren bestimmter Leistungen oder sonstiger Vorteile an die Arbeitnehmer, das bei den Arbeitnehmern das schützenswerte Vertrauen entstehen lässt, dass ihnen diese Leistungen auch zukünftig zustünden.
  • Die betriebliche Übung begründet einen Rechtsanspruch.
  • Auch neu eingestellte Mitarbeiter besitzen grundsätzlich sofort einen Anspruch auf die im Unternehmen praktizierten betrieblichen Übungen.
  • Die betriebliche Übung kann vom Arbeitgeber nur durch Änderungskündigungen oder einvernehmlich mit den betroffenen Arbeitnehmern aufgehoben werden.

Was versteht man unter der betrieblichen Übung?

Die betriebliche Übung stellt ein Gewohnheitsrecht im Arbeitskontext dar. Man spricht auch von der Betriebsübung.

Die Entstehung der Betriebsübung legt fest, dass ein Arbeitnehmer aufgrund der regelmäßigen Wiederholung gewisser Verhaltensweisen des Arbeitgebers in gleichförmiger Weise zu Recht davon ausgehen darf, dass sich dieser auch zukünftig bzw. dauerhaft so verhalten wird. Hierbei geht es z. B. um die Gewährung von Vergünstigungen und anderen Leistungen.

Die betriebliche Übung macht freiwillige Leistungen des Arbeitgebers zu verpflichtenden. Es entsteht also ein diesbezüglicher Rechtsanspruch.

In welchen Fällen greift die betriebliche Übung?

Auf die betriebliche Übung kann sich ein Arbeitnehmer in allen Angelegenheiten berufen, die im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag bzw. in der Betriebsvereinbarung festgelegt werden könnten, dort jedoch nicht geregelt sind. Einige Beispiele sind:

  • Zahlung von Gratifikationen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld
  • Gewährung von Prämien, beispielsweise bei 10-jähriger Betriebszugehörigkeit
  • Zahlung von Essensgeld und Fahrtkostenzuschüssen
  • Übernahme von Weiterbildungskosten
  • Urlaubsregelung, z. B. die Vorgehensweise, wie die Verteilung des Urlaubs erfolgt
  • Regelung von Krankmeldungen, z. B. wann eine schriftliche Krankmeldung vorliegen muss
  • Pausenregelung, z. B. Länge und Dauer der Pausen
  • Nutzung eines Firmenparkplatzes
  • private Telefon- oder Internetnutzung während der Arbeitszeit
  • Freistellung an gewissen Tagen wie Heiligabend oder Silvester

Welche Voraussetzungen bestehen für die Anwendung der betrieblichen Übung?

Folgende Voraussetzungen müssen für das Einsetzen der betrieblichen Übung vorliegen:

  • Die Rechtsprechung des BAG nimmt an, dass eine Leistung über nicht weniger als drei Jahre erbracht werden muss, sodass die betriebliche Übung Anwendung findet. Ab dem vierten Jahr besteht dann ein Rechtsanspruch darauf.
  • Für die jeweils zugestandenen Leistungen muss die gleiche Berechnungsgrundlage verwendet worden sein. Das bedeutet, wenn ein Arbeitgeber z. B. in einem Jahr Weihnachtsgeld zahlt, im nächsten Jahr stattdessen Urlaubsgeld und im dritten Jahr eine Sonderzulage, liegt keine betriebliche Übung vor.
  • Des Weiteren existiert kein rechtlicher Anspruch auf Basis der betrieblichen Übung, wenn die jeweilige Leistung lediglich einem einzelnen Arbeitnehmer zugestanden wurde. Sie muss dem Großteil oder mindestens einem abgrenzbaren Teil der Beschäftigten gewährt worden sein, beispielsweise einer kompletten Abteilung.
  • Es darf keinen anderslautenden Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag geben. Wenn eine abweichende vertragliche Vereinbarung vorhanden ist, geht diese Ansprüchen aus der betrieblichen Übung vor.

Findet die betriebliche Übung auch bei neuen Mitarbeitern Anwendung?

Neu in ein Unternehmen eintretende Arbeitnehmer haben gemäß der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 133, 157 BGB) ebenfalls generell einen Anspruch auf die Vergünstigungen der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden betrieblichen Übungen. Eine ausdrückliche Vereinbarung ist hierzu nicht notwendig. Wenn man eben erst eine neue Stelle angetreten hat, muss man nicht drei Jahre lang warten, um die Vorteile einer betrieblichen Übung verlangen zu können.

Jedoch kann der Arbeitgeber solche Ansprüche im Arbeitsvertrag ausschließen. Dies ist aber nur zulässig, wenn der Ausschluss sachlich gerechtfertigt ist. Ohne Angabe von Gründen ist das nicht möglich.

Kann die betriebliche Übung durch den Arbeitgeber einfach beendet werden?

Ein durch betriebliche Übung begründeter Anspruch kann nicht durch einseitigen Widerruf oder das Weisungsrecht des Arbeitgebers (Direktionsrecht) aus der Welt geschafft werden. Wenn der Arbeitgeber sich nicht ausdrücklich von vornherein die Freiwilligkeit der entsprechenden Leistungen oder ein Widerrufsrecht vorbehalten hat, kann er die betriebliche Übung nur durch die Aussprache von Änderungskündigungen oder im gegenseitigen Einvernehmen mit den betroffenen Arbeitnehmern durch Änderungsvertrag beenden.

Foto(s): © Pexels/Andrea Piacquadio

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Rechtstipps zu "betriebliche Übung" | Seite 8

  • 23.10.2012 Rechtsanwalt Alexander Bredereck
    „… auf Weihnachtsgeld aus betrieblicher Übung bestehen. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld mehrfach zahlt ohne den ausdrücklichen Vorbehalt, dass durch die Zahlung kein Rechtsanspruch …“ Weiterlesen
  • 19.10.2012 Rechtsanwalt Alexander Bredereck
    „… in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen. Weiter kann ein Anspruch auf Urlaubsgeld aus betrieblicher Übung bestehen. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber das Urlaubsgeld mehrfach zahlt …“ Weiterlesen
  • 23.08.2012 Rechtsanwalt Holger Hesterberg
    „… Dritten feststellbare, offensichtlich professionelle, d.h. auf Gewinnerzielung aufgerichtete Jagdhundezucht betrieben und zwar mittels einer entsprechenden Homepage, auf der die Tiere mit Stammbäumen …“ Weiterlesen
  • 06.10.2017 Sandra Voigt, anwalt.de-Redaktion
    „… ". Gibt es keine ausdrückliche Erlaubnis, wird die Privatnutzung aber vom Arbeitgeber stillschweigend hingenommen, entsteht eine sog. betriebliche Übung, d. h. der Angestellte darf privat surfen, ohne …“ Weiterlesen
  • 10.02.2012 Christian Günther, anwalt.de-Redaktion
    „… vorbehaltlos jährlich gezahlt wurde. Die Gratifikation sei zur sogenannten betrieblichen Übung erstarkt. Zum anderen könne das auch die vom Arbeitgeber dagegen angeführte Klausel nicht verhindern …“ Weiterlesen
  • 06.02.2012 Christian Günther, anwalt.de-Redaktion
    „… Arbeitnehmer gezahlt werde, verpflichte das den Arbeitgeber, es auch zukünftig zu tun. Grund - dieses als betriebliche Übung bezeichneten Umstands - ist das schutzwürdige Vertrauen des Arbeitnehmers …“ Weiterlesen
  • 16.12.2011 Rechtsanwalt Björn Steveker
    „… auf Weihnachtsgeld aus betrieblicher Übung nicht dadurch aufgehoben, dass der Arbeitgeber später bei der Leistung des Weihnachtsgeldes erklärt, die Zahlung des Weihnachtsgeldes sei eine freiwillige …“ Weiterlesen
  • 12.12.2011 Sandra Voigt, anwalt.de-Redaktion
    „… . Der Arbeitgeber kann eine erst einmal entstandene betriebliche Übung nicht mehr beseitigen, indem er die Zahlungen unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit tätigt. Eine sog. gegenläufige betriebliche Übung ist damit …“ Weiterlesen
  • 25.11.2011 Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
    „… seien, so Henn, könne ein Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes immer noch aus einer sogen. „betrieblichen Übung" bestehen oder sich aus „arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsätzen" ergeben …“ Weiterlesen
  • 10.11.2011 Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert
    „… Übung, wonach bei betrieblichen und behördlichen Funktionsbeschreibungen in grammatikalisch rein männlicher Form zugleich auch immer die weibliche Form mit gemeint war, über Bord geworfen. Die heute noch …“ Weiterlesen
  • 26.10.2011 Rechtsanwalt Alexander Bredereck
    „… im Arbeitsvertrag. Dort war geregelt, dass unter anderem auch die Zahlung von Weihnachtsgeld freiwillig erfolge. Normalerweise reicht so eine Klausel aus, um eine sogenannte betriebliche Übung auszuschließen …“ Weiterlesen
  • 31.05.2017 KÜHNE Rechtsanwälte
    „Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist nach § 106 S. 1, 2 GewO beschränkt auf „Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung” sowie auf „Ordnung und Verhalten im Betrieb”. In diesem Rahmen …“ Weiterlesen
  • 12.01.2011 Rechtsanwältin Dr. Brigitte Glatzel
    „… Übung führen, die rechtliche Bindung begründet und damit rechtsverbindlich wird. Die betriebliche Übung kommt dadurch zustande, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf ein bestimmtes Moment …“ Weiterlesen
  • 11.11.2010 KUCKLICK dresdner-fachanwaelte.de
    „… oder Tarifverträgen festgeschrieben oder es hat sich eine sogenannte betriebliche Übung entwickelt. Schwierigkeiten können immer dann auftreten, wenn der Arbeitgeber die Zahlung unter einen sogenannten …“ Weiterlesen
  • 11.11.2010 Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
    „… . „betrieblichen Übung" bestehen oder sich aus „arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsätzen" ergeben. Soweit der Anspruch auf das Weihnachtsgeld im Arbeitsvertrag geregelt sei, so der Arbeitsrechtler …“ Weiterlesen
  • 09.11.2010 Rechtsanwalt Thorsten Ruppel
    „… an diesen Tagen ab Mittag geschlossen hat, dann hat der Arbeitgeber eine betriebliche Übung geschaffen, an die er sich halten muss. Darf der Arbeitgeber den bereits genehmigten Urlaub einfach streichen …“ Weiterlesen
  • 27.09.2010 Rechtsanwalt Martin J. Warm
    „… Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld, wenn der Arbeitgeber drei Jahre in Folge ohne Hinweis auf die Freiwilligkeit eine solche Zahlung erbracht hat (betriebliche Übung). Auf tariflicher Bindung …“ Weiterlesen
  • 28.07.2010 Rechtsanwalt Hans-Georg Rumke
    „… Freiwilligkeitsvorbehalt wirksam. Er verhindert das Entstehen einer betrieblichen Übung. Die Klausel ist aber dann in sich widersprüchlich, wenn einerseits die Gratifikation ausdrücklich zugesagt wird, andererseits …“ Weiterlesen
  • 11.08.2020 Rechtsanwalt Tim Varlemann
    „… zu. Der Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag ist wirksam vereinbart und benachteiligt die Klägerin nicht unangemessen. Eine betriebliche Übung konnte auch nicht entstehen, da es an einer dreimaligen …“ Weiterlesen
  • 20.05.2010 Rechtsanwalt Tim Varlemann
    „… ist, dass das LAG Düsseldorf anders entschied. Ein Anspruch aus sog „betrieblicher Übung" sei nicht entstanden, da die schriftliche Mitteilung, dass die Leistung einmalig sei und zukünftige Ansprüche …“ Weiterlesen
  • 15.04.2010 Rechtsanwalt Dr. Michael Zecher Vorsorgeanwalt
    „… . Ostersonntag, so das BAG ist kein gesetzlicher Feiertag. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung scheidet vorliegend ebenfalls aus. Der Arbeitgeber erfüllte in der Vergangenheit aus Sicht der Belegschaft lediglich seine vermeintliche tarifliche Verpflichtung, ohne übertarifliche Ansprüche zu begründen.“ Weiterlesen
  • 27.11.2009 KUCKLICK dresdner-fachanwaelte.de
    „… oder Tarifverträgen festgeschrieben oder es hat sich eine sogenannte betriebliche Übung entwickelt. Schwierigkeiten können immer dann auftreten, wenn der Arbeitgeber die Zahlung unter einen sogenannten …“ Weiterlesen
  • 26.11.2009 Rechtsanwälte für Berufsunfähigkeit Ostheim & Klaus PartmbB
    „… sie an, dass eine Gratifikationsleistung nach dreimaliger vorbehaltloser Zahlung durch „betriebliche Übung“ verbindlich sei. Das BAG hat insoweit seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben. Ein einmal erworbene Anspruch …“ Weiterlesen
  • 05.06.2009 Rechtsanwalt Michael Borth
    „… es sich eingebürgert, dass alle diese Sonderzahlung erhalten, ohne Wenn und Aber. In diesem Falle könnte ein Anspruch aus betrieblicher Übung bestehen, d.h. aus der ursprünglich freiwilligen Leistung könnte …“ Weiterlesen