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Grundkurs Körpersprache - Gezielt Eindruck machen und Signale deuten

  • 9 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion

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Fraglos gibt es Menschen, die allein durch die Art, wie sie sich geben, Erfolg auszustrahlen scheinen. Auch in der Berufswelt ist dieses Phänomen täglich zu beobachten, und besonders deutlich wird es, wenn ein wichtiges Kräftemessen ansteht. Sei es, ob ein wichtiges Meeting mit Geschäftspartnern bevorsteht oder sich durch eine Präsentation entscheiden wird, wem das ersehnte Projekt zugeteilt wird und wem nicht. Und oftmals entsteht regelrecht der Eindruck, dass der Sieger bereits feststeht, bevor das erste Wort fällt und die erste Seite des PowerPoint-Dokuments ihren Weg durch den Beamer findet. Und Hand aufs Herz: Welchem Bewerber würden Sie bei einem Vorstellungsgespräch den Vorzug geben – der souveränen Persönlichkeit, die den Raum mit einem Erfolgslächeln auf den Lippen betritt, oder dem eher zurückhaltenden Gemüt, dessen Persönlichkeit nur zaghaft nach außen zu dringen scheint?

Nicht nur der Ton macht die Musik

All diese Beispiele haben eines gemein: In Situationen, in denen es darauf ankommt, dass wir uns vor anderen beweisen, ist eine positive, prägnante Ausstrahlung, die einen bleibenden Eindruck hinterlässt, mindestens genauso wichtig wie Kompetenz und Know-how. Sehen Sie es am besten so: Fraglos geht es in erster Linie um den Inhalt Ihrer Botschaft, die vermittelt werden soll. Schließlich soll demjenigen, der die Entscheidungsgewalt besitzt, mitgeteilt werden: „Unsere Firma ist die richtige für diese Kooperation“, oder: „Ich bin der Richtige für den Job“. Genauso wichtig ist es allerdings, sicherzustellen, dass die wertvolle Botschaft den Empfänger auch wunschgemäß erreicht.

Haltung, Bewegungen, Signale – Ihre Körpersprache verrät mehr über Sie, als Sie glauben

In Expertenkreisen wird diesbezüglich von sogenannter nonverbaler Kommunikation gesprochen. Untersuchungen zufolge machen nonverbale Verhaltensweisen 60 bis 65 Prozent der gesamten zwischenmenschlichen Kommunikation aus. Diese äußern sich in unbewusst ablaufenden Bewegungen, Gesten und Signalen, die aus unserer täglichen Verständigung schlicht nicht wegzudenken sind. Sie sind sogar so essenziell, dass wir im Laufe unseres Lebens gelernt haben, sie gleichermaßen spontan zu interpretieren wie wir sie zur Verständigung einsetzen. Genau aus diesem Grund kann nur richtig überzeugen, wer es beherrscht, starke Worte auch mit starker nonverbaler Kommunikation zu begleiten. Das mag für Einsteiger möglicherweise einschüchternd klingen, doch bereits mit einer guten Beobachtungsgabe und einem kompakten Fundus an Grundwissen steht Ihnen die Möglichkeit offen, in praktisch jeder Situation effektiv Eindruck zu machen.

Souveränität ist leicht vom Körper „abzulesen“

In Situationen, in denen Ihre Mitmenschen – egal ob es ihnen explizit bewusst ist oder nicht –erwarten, dass Sie sich konsequent öffentlichkeitswirksam verhalten, sollten Sie anhand Ihrer nonverbalen Kommunikationssignale (auch „Tells“ genannt) primär zwei Gemütsregungen nach außen kehren: innere Sicherheit und Wohlbefinden. Hierzu können Sie bereits mithilfe einer soliden, souveränen Körperhaltung beitragen. Grundvoraussetzungen sind eine aufrechte Statur und gerade Schultern, eine gesunde Spannung im Körper und ein breiter, sicherer Stand. Wer stets auf und ab tritt, bringt das Fundament seines Körpers schnell ins Wanken und drückt unmissverständlich Nervosität aus.

Jemandem, der niedergeschlagen wirkt, raten wir nicht umsonst „Kopf hoch!“. Denn wer das Kinn demonstrativ nach vorn streckt und die Nase oben trägt, kann bereits ein unübersehbares Signal, das Selbstvertrauen ausstrahlt, auf seiner Habenseite verbuchen. Und auch „Augen auf!“ lautet die Devise. Wer alles und jeden eines Blickes würdigt, nur nicht denjenigen, der gerade spricht, wird schnell als desinteressiert und im schlimmsten Fall respektlos wahrgenommen. Auch die Position des Oberkörpers spielt eine wichtige Rolle. Die Tatsache, dass wir uns Dingen, die wir positiv bewerten, und Menschen, die uns sympathisch sind, instinktiv zuneigen, können Sie sich auch hier zunutze machen, um mit einer positiven Ausstrahlung zu punkten. Und nicht vergessen: Ein „echtes“ Lächeln liegt nur vor, wenn dabei auch die Augenpartie in Bewegung kommt und die berühmten „Lachfältchen“ entstehen. Wer diese Faktoren berücksichtigt, hat bereits für eine gesunde Ausgangsbasis gesorgt, mit der er sich in so gut wie jeder Situation positiv in Szene setzen kann.

Welche Gesten sollten Sie allerdings vermeiden?

„Sagen Sie mir nicht, was ich nicht tun kann“ – dieser Spruch fällt in einer bekannten US-amerikanischen Fernsehserie bemerkenswert oft. Zugestandenermaßen handelt es sich hierbei allerdings um einen nachvollziehbaren Einwand – über den sich diese Passage dennoch hinwegsetzen muss. Denn genauso flugs, wie Sie sich durch die im vorangegangenen Abschnitt erläuterten Faktoren als souveräner Herr der Lage inszenieren können, können auch kleinste „Störsignale“ das Gegenteil bewirken und auch die stärksten Gesten zur Fassade degenerieren. Denn auch das Vokabular an „Tells“, die wir als unmissverständlichen Ausdruck von Unwohlsein deuten, ist extrem umfangreich.

Und auch hier kann die Haltung des Oberkörpers Bände sprechen. Wer sich beispielsweise instinktiv in die seinem Gesprächspartner entgegengesetzte Richtung beugt, drückt ganz ohne Worte, aber unzweifelhaft aus, dass er angesichts seines Gegenübers nichts Gutes empfindet. Ein sofortiger „Punktabzug“ ist die Folge. Und wer instinktiv Arme und Hände – oder auch in Reichweite befindliche Gegenstände wie etwa einen Notizblock – dazu gebraucht, um seinen Oberkörper abzuschirmen, erweckt in der Regel den Eindruck, als ziehe er es vor, so weit wie möglich auf „Tauchstation“ zu gehen, anstatt angeregt an der Diskussion teilzunehmen.

Von Kopf bis Fuß

Einige der größten „Störfaktoren“ lassen sich direkt vom menschlichen Gesicht ablesen. Hierzu gehören die Vermeidung des Blickkontakts, angespannte Lippen und zusammengekniffene Augen. Und auch die Stellung der Füße kann mehr verraten, als Ihnen lieb ist. Wer mit seinem Gesprächspartner einerseits in ein angeregtes Gespräch verwickelt ist, aber mit den Fußspitzen in Richtung Ausgang zeigt, spricht ganz ohne Worte eine deutliche Sprache.

Gemeinhin gelten unsere Füße als unsere „ehrlichsten“ Extremitäten. Denn die Fähigkeit zur Kontrolle der eigenen Mimik zur Verhinderung des Auftretens unerwünschter Signale oder „Tells“ gehört Experten zufolge schon recht lange zur „Trickkiste“ der Menschheit. Dass allerdings auch unsere Füße Bände sprechen können, scheint dagegen noch nicht zum Status menschlichen Allgemeinwissens durchgedrungen zu sein. Und auch egal, wie unangenehm die sich bietende Situation sein mag – vermeiden Sie nach Kräften die berühmte „Schockstarre“. Sprich: Hüten Sie sich vor dem ebenso abrupten wie auffälligen Innehalten, das glasklar beweist, dass Ihnen gerade eben ein bestimmtes Ereignis besonders nahegegangen ist. Nicht ganz einfach – aber mit etwas Konzentration ist es durchaus zu schaffen.

Obacht vor Beruhigungsgesten

Aus der Tatsache, dass es eine wahrhaft unüberschaubare Palette an Umständen gibt, die Unwohlsein und Stress hervorrufen können, hat der menschliche Körper im Laufe der Jahrtausende anscheinend Konsequenzen gezogen. Demzufolge besitzen wir einen reichen Fundus an Gesten, die wir gezielt – und gleichermaßen unbewusst – anwenden, um im Alleingang unsere inneren Wogen zu glätten, wenn uns Stresssituationen zu schaffen machen. Das mag vorerst erfreulich klingen, doch leider ist bei einer Beleuchtung aus unserer aktuellen Perspektive eher das Gegenteil der Fall. Beruhigungsgesten sprechen nämlich genauso Bände und das besonders, wenn sie in Kombination mit Gesten des Unbehagens auftreten. Wenn Sie auf eine Geste, die Ihnen Unwohlsein bescheinigt, gleich ein Signal folgen lassen, das offensichtlich Beruhigungszwecken dient, wird von „Multiple Tells“ gesprochen. Ihr sorgsam aufgebautes souveränes Erscheinungsbild kann so schneller einstürzen als ein Kartenhaus.

„Tells“, auf die Sie hier achten sollten, sind das Berühren der Wangen oder von Nacken und Hals, das Reiben der Stirn oder das Bedecken der sogenannten „Drosselgrube“ zwischen Kehlkopf und Brustbein – was auch gerne leicht verdeckt durch das Richten der Krawatte vorgenommen wird. Auch jede Art der Berührung des Gesichts kann hier verräterisch sein. So mancher unbewusste Stressabbau vollzieht sich auch dadurch, dass der angespannte Körper sich selbst „Streicheleinheiten“ verordnet. Dies geschieht häufig durch das Abstreichen der Beine mit den Handflächen. Da konventionelle Bürotische hier idealen Sichtschutz bieten, bleibt besagte durchaus verräterische Geste häufig unbemerkt – hier lohnt es sich, aufmerksam zu beobachten.

Wohin mit den Händen?

Kein Zweifel – unsere Hände können sich als ernst zu nehmende „Störenfriede“ erweisen, wenn wir gerne den Eindruck erwecken möchten, besonders souverän und gelassen zu sein – und es im Inneren eigentlich nicht sind. Wie schwierig unsere beiden Greiforgane zu bändigen sind, dürfte jeder bereits am eigenen Leib erfahren haben, der jemals Theaterluft schnuppern durfte und vom Regisseur postwendend ein „Spielzeug“ wie einen Regenschirm oder einen Golfschläger ausgehändigt bekam, um natürlicher und gelassener zu wirken. Optimalerweise sollten unsere Hände für ruhige, unterstützende Gesten zum Einsatz kommen, mit denen Sie mit etwas Übung beträchtlich zu einem souveränen Erscheinungsbild beitragen können. Generell gilt: Je deutlicher Sie Ihre Hände „zur Schau stellen“, desto besser.

Hier gibt es übrigens eine zusätzlicher „Daumenregel“, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Deutlich sichtbar nach oben weisende Daumen machen stets einen guten Eindruck. Als perfektes „Einsteigermaterial“ eignet sich hier das Einstecken der Hände in die Jacken- oder Hosentasche, wobei der Daumen noch deutlich zu sehen ist. So profitieren Sie von dem Sicherheitsgefühl, das die vertraute Jacken- oder Hosentasche bietet, und dem „Daumeneffekt“ gleichermaßen. Auch das Berühren der eigenen Fingerspitzen bei gespreizten Fingern ähnlich wie beim Falten der Hände, wobei beide Hände ein Dach bilden, ist als gleichsam effektive wie einfach durchzuführende Geste empfehlenswert, die in so gut wie jeder Situation positive Resonanz finden wird. Das Verschränken der Hände dagegen kann problematisch sein – besonders wenn Ihre Daumen nicht zu sehen sind. Auch die Hände vollends in den Taschen verschwinden zu lassen, sollten Sie tunlichst vermeiden.

Körpersprache als „Lügendetektor“?

Und nun folgt der Teil, auf den Sie mit großer Wahrscheinlichkeit bereits seit dem Lesen der Überschrift gewartet haben. Um es vorwegzunehmen: Ja, die Analyse der Körpersprache kann beim Entlarven von Lügnern wertvolle Dienste leisten. Praktisch, nicht wahr? Auch nüchtern juristisch hätten Sie somit (theoretisch) einige Chancen. Im Privatrecht kann durch eine Lüge der Tatbestand der arglistigen Täuschung erfüllt sein, im Strafrecht kann Lügen dazu führen, dass ein Betrugsdelikt vorliegt, und gegenüber der Polizei und vor Gericht können für Falschaussagen durchaus harte Strafen drohen.

Allerdings haben wir es hier in jeder Hinsicht mit der Königsklasse der Körperspracheanalyse zu tun, die selbst Profis mit jahrzehntelanger Erfahrung Schwierigkeiten bereitet. Um es drastisch auszudrücken: Egal wie nützlich all die weiter oben zusammengetragenen Erkenntnisse sein mögen – ohne den „Normalzustand“ des Verdächtigen (sprich, den Zustand, in dem er/sie nicht lügt) zu kennen, können auch die offensichtlichsten „Tells“ keine hundertprozentig sicheren Ergebnisse liefern. Denn nicht jedes der oben erwähnten Signale kommt im „Körpersprachevokabular“ jedes Menschen vor und auch jede noch so gebräuchliche „verräterische“ Geste läuft nicht bei jedem „Kandidaten“ exakt gleich ab. Jemanden zuverlässig der Lüge zu überführen, wenn Sie die betreffende Person nicht gut kennen, dürfte somit in bestimmten Fällen ans Unmögliche grenzen. Deswegen ist hier absolute Vorsicht geboten, wenn Sie darauf verzichten möchten, folgenschwere falsche Entscheidungen zu riskieren.

Auch bei der Beurteilung eines Kandidaten beim Vorstellungsgespräch sollten Sie mit Bedacht vorgehen. Denn hier existiert in der juristischen Praxis der Begriff des „Rechts auf Lüge“. Als Antwort auf in einem Bewerbungsgespräch im Grunde unzulässige Fragen, wie etwa nach einer möglichen Schwangerschaft, der Religionszugehörigkeit oder der wirtschaftlichen Situation, darf der Kandidat sehr wohl lügen. Wer hier überreagiert, stellt sich womöglich selbst ein Bein und riskiert unangenehme Konsequenzen.

Vorsicht ist besser als Nachsicht

Fraglos können bereits Grundkenntnisse bezüglich der Feinheiten unseres alltäglichen „Körpervokabulars“ einen hilfreichen Einblick ins menschliche Innenleben ermöglichen. Und nicht nur das: Sie können Ihnen auch effektiv dabei helfen, vor allem in herausfordernden Situationen so verstanden zu werden, wie Sie es möchten. Doch vergessen Sie nicht: Sie betreten hier ein sprichwörtliches „weites Feld“, in dem sich noch einiges mehr entdecken und erforschen lässt. Die schwierigste Disziplin bleibt weiterhin das „Lesen“ der nonverbalen Signale oder „Tells“ anderer. Wie so oft gilt auch hier folgende Devise: Je weniger Intuition und desto mehr Kalkulation im Spiel ist, umso wahrscheinlicher ist die Möglichkeit eines Irrtums. Und zu guter Letzt: Wie vor Gericht gilt deswegen auch hier die Devise: „Im Zweifel für den Angeklagten“.

(JSC)

Foto(s): ©Fotolia.com

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