Veröffentlicht von:

Änderungskündigung zu einer anderen Betriebsstätte. Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, in diesem Fall aus dem Home Office zu arbeiten?

  • 2 Minuten Lesezeit

Mit dieser Thematik befasst sich ein Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.08.2020.

ArbG Berlin Urt. v. 10.8.2020 – 19 Ca 13189/19; nicht rechtskräftig

Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:

Die Arbeitnehmerin/Klägerin ist seit 1992 als Vertriebsassistentin für die Arbeitgeberin/Beklagte tätig. 2019 wurde zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat ein Interessenausgleich/Sozialplan vereinbart. In dem Interessenausgleich wurde geregelt, dass eine Betriebsstätte (die der Arbeitnehmerin) zum 31.12.2019 stillgelegt wird. Für die betroffenen Vertriebsassistentin bestand die Möglichkeit, in einer anderen Betriebsstätte für die Beklagte zu arbeiten. Im Oktober 2019 sprach die Arbeitgeberin gegenüber der Arbeitnehmerin eine Änderungskündigung aus und bot ihr die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an der anderen Betriebsstätte an. Die Arbeitnehmerin nahm die Änderungskündigung nicht an. Sie hält die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Sie argumentiert, dass sie problemlos ihre Tätigkeit von zu Hause aus erbringen kann. Diese Weiterbeschäftigung vom Home Office aus sei ein milderes Mittel gegenüber der ausgesprochenen Änderungskündigung insbesondere unter Berücksichtigung der Beschäftigungsdauer von 27 Jahren. Die Klägerin klagte gegen die Änderungskündigung und beantragte festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit dieser Kündigung unwirksam sind. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Gericht hat folgendes entschieden:

Das Gericht hat der Klägerin Recht gegeben und entschieden, dass die Änderungskündigung unwirksam gewesen ist. Zwar sei die unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die Betriebsstätte zu schließen, von dem Gericht nicht zu überprüfen. Allerdings hätte sich die Beklagte bei der Änderung der Arbeitsbedingungen auf das beschränken müssen, was für die Durchsetzung dieser unternehmerischen Entscheidung zwingend erforderlich ist. In dem vorliegenden Fall hätte die Änderung der Arbeitsbedingungen auch darin bestehen können, dass die Klägerin ihre Tätigkeit von zu Hause erbringt. Es besteht zwar kein grundsätzlicher Anspruch eines Arbeitnehmers auf ein Home Office. Vorliegend habe die Beklagte trotz eines gerichtlichen Hinweises des Gerichts nicht dargelegt, warum die physische Präsenz der Klägerin an dem neuen Standort zur Erfüllung ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben notwendig sei. Die Beklagte habe sich nicht auf das mildeste Mittel beschränkt. Das mildeste Mittel sei es gewesen, die Klägerin von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Im Ergebnis ist die Änderungskündigung somit unwirksam.

Fazit:

Es handelt sich um eine sehr interessante Entscheidung. Bislang haben die Gerichte immer konsequent abgelehnt, dass Arbeitnehmer einen Anspruch darauf haben, aus dem Home Office zu arbeiten. Dies betonte zwar auch das Gericht in seiner vorliegenden Entscheidung. Gleichzeitig kreiert das Gericht mittelbar einen Anspruch auf ein Home Office, da es dies vorliegend als milderes Mittel, im Vergleich zu der Änderungskündigung ansieht. Da der Arbeitgeber bei einer Kündigung immer gezwungen ist, das mildeste Mittel zu wählen, können sich aus dieser Entscheidung auch Ansprüche weiterer Arbeitnehmer ergeben, aus dem Home Office herausarbeiten zu können. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Entscheidung rechtskräftig wird.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Uwe Herber

Beiträge zum Thema