Androhung einer Erkrankung: Fristlose Kündigung erfolgreich

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„Droht der Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt, zu dem er unstreitig nicht krank ist, seine Krankmeldung für den Fall an, dass ihm an einem bestimmten Folgetag nicht die gewünschte Arbeitsfreistellung gewährt wird, so kommt ein solches Verhalten als „wichtiger Grund” für eine außerordentliche Kündigung in Betracht. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer trotz entsprechender Abmahnung seine Androhung wahrmacht. Der Beweiswert einer dann vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist erschüttert. Er kann allenfalls dadurch wiederhergestellt werden, dass der Arbeitnehmer objektive Tatsachen vorträgt, die geeignet sind, den Verdacht einer Täuschung des krankschreibenden Arztes zu beseitigen.“ – so die Klarstellung des LAG Köln, Urteil vom 17. 4. 2002 - 7 Sa 462/01 (ArbG Köln Urteil 17. 1. 2001 20 [8] Ca 516/00); Quelle: Beck-online.de

Was ist passiert?

LAG Köln: „Der Kl., war seit dem 26. 1. 1993 als Restaurantkraft in der Filiale der Bekl. in Köln beschäftigt. Die Bekl. kündigte dem Kl. mit Schreiben vom 5. 1. 2000 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. 3. 2000…Der Zeuge B hat angegeben, dass er am 28. 12. 1999 einen Wortwechsel zwischen dem Kl. und dem Restaurantleiter D mitbekommen hat, bei welchem es darum ging, dass der Kl. entweder am 31. 12. 1999 oder am 1. 1. 2000 frei haben wollte, worauf der Restaurantleiter D ungehalten und lautstark mit den Worten reagierte: „Du musst kommen, wenn du nicht kommst, bekommst du die Kündigung…Es muss also bei der Feststellung des ArbG verbleiben, dass davon auszugehen ist, dass der Kl. tatsächlich gegenüber dem Betriebsleiter D gedroht hat, sich krank schreiben zu lassen, wenn er am Neujahrstag nicht frei bekäme.“ Quelle: Beck-online.de

Erpresserisches Verhalten des Arbeitnehmers rechtfertigt fristlose Kündigung

LAG Köln: „Obwohl, wie das ArbG richtig ausgeführt hat, bereits ein solches erpresserisches Verhalten an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund i.S. von § 626 I BGB darzustellen, hat der Zeuge D dem Kl. insofern noch eine Chance gegeben, als er sich den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung am 28. 12. 1999 ausdrücklich für den Fall vorbehalten hat, dass der Kl. seine Drohung des „Krankmachens” auch verwirklichen würde. Dies ist aber dann auch, wie bereits das ArbG richtig festgestellt hat, geschehen.“ Quelle: Beck-online.de

Zufälliges Krank werden – vom Gericht als nicht glaubhaft zurückgewiesen

LAG Köln: „Dabei kann der Kl. sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er nunmehr - zufällig - tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen sein sollte. Durch die Androhung des „Krankmachens” ist der Beweiswert der vom Kl. später für die Zeit ab 30. 12. 1999 bis 4. 1. 2000 erlangten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Auch die Darlegungen des Kl. in zweiter Instanz reichen nicht aus, um - gegebenenfalls nach weiterer Beweisaufnahme - den erschütterten Beweiswert wiederherzustellen. Zunächst ist wichtig, festzuhalten, dass der Kl. selbst nicht etwa behauptet hat, sich bereits im Zeitpunkt des Gespräches, also am 28. 12. 1999, krank gefühlt zu haben. Seine erstinstanzliche Angabe lautete vielmehr dahin, dass er sich am Folgetage des Gespräches „den Rücken verkühlt” habe.“ Quelle: Beck-online.de

Rückenbeschwerden – nicht glaubhaft laut Gericht

LAG Köln: „Die Ausführungen des Kl., mit denen er belegen will, dass er nach dem Gespräch vom 28. 12. 1999 dann - zufällig - tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt sei, enthalten jedoch keine vom bloßen subjektiven Empfinden des Kl. unterscheidbaren objektiven Anhaltspunkte, die nachprüfbar den Beweiswert der erschütterten Arbeitsunfähigkeit wiederherstellen könnten. Alles, was der Kl. hierzu an Fakten ausgeführt hat, ist, dass der behandelnde Arzt seinen Rücken auf Schmerzempfindlichkeit hin abgetastet habe. Der Arzt ist dabei jedoch vollständig auf die subjektive Mitwirkung seines Patienten angewiesen und kann von einem Patienten, der es darauf anlegt, auch ohne weiteres getäuscht werden. Gerade diesen Verdacht hat der Kl. durch seine Äußerung vom 28. 12. 1999 begründet. Ein solcher Verdacht wird durch eine nachfolgende ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gerade nicht widerlegt, wenn diese schon nach dem eigenen Sachvortrag des Kl. auf einer Grundlage zu Stande gekommen ist, die die Möglichkeit einer Täuschung ohne weiteres offen lässt.“ Quelle: Beck-online.de

Rückenbeschwerden in der Vergangenheit ändern nichts an der fehlenden Glaubwürdigkeit

LAG Köln: „Auch der Umstand, dass der Kl. in der Vergangenheit schon verschiedentlich Rückenbeschwerden zu beklagen gehabt hätte, besagt nichts darüber, dass dies objektiv gerade auch im hier interessierenden Zeitpunkt der Fall war. Ebenso gut könnte sich ein zur Täuschung entschlossener Arbeitnehmer eine solche gewisse Anfälligkeit zunutze machen, um nach außen hin glaubwürdiger dazustehen. Wenn der Kl., wovon nach der durchgeführten Beweisaufnahme auszugehen ist, gegenüber seinem Arbeitgeber die Möglichkeit einer Krankschreibung zweckwidrig instrumentalisiert hat, um Vorteile im Arbeitsverhältnis zu erreichen, so hat er es sich letztlich selbst zuzuschreiben, wenn ihm anschließend eine auf seinem subjektiven Krankheitsempfinden beruhende Krankschreibung nicht mehr als „echt” abgenommen wird.“ Quelle: Beck-online.de

Interessenabwägung fällt zum Nachteil des Arbeitnehmers aus

LAG Köln: „Es liegt somit im Ergebnis genau der Tatbestand vor, den auch der Kl. in seiner Berufungsbegründung als geeignet gekennzeichnet hat, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen: Der Kl. hat seine Arbeitsunfähigkeit angedroht, dann tatsächlich gefehlt und es kann nicht festgestellt werden, dass er tatsächlich arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen fallen zu Gunsten des Kl. dessen überdurchschnittlich umfangreiche Unterhaltsverpflichtungen ins Gewicht. Auch kann er auf eine im Zeitpunkt der Kündigung bereits ca. siebenjährige Betriebszugehörigkeit zurückblicken. Auf der anderen Seite hat er ein Verhalten an den Tag gelegt, das, wie das ArbG bereits zu Recht ausgeführt hat, geeignet ist, dem Arbeitsverhältnis auf Dauer die Vertrauensgrundlage zu entziehen. Gerade im Bereich der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ist der Arbeitgeber auf eine zuverlässige Vertrauensgrundlage angewiesen, da er nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten einer Missbrauchskontrolle hat. Ein Fehlverhalten in diesem Bereich beeinträchtigt aber nicht nur die Interessen des Arbeitgebers, sondern beeinträchtigt in schwerwiegender Weise auch die Interessen der Kollegenschaft und insbesondere derjenigen Arbeitnehmer, die tatsächlich krankheitsbedingt arbeitsunfähig werden, infolge von Verhaltensweisen wie derjenigen des Kl. dann aber mit Misstrauen rechnen müssen. Zusätzlich ergibt sich hier auch aus der Aussage des Zeugen B, dass die Personalsituation zum damaligen Zeitpunkt angespannt war. Bei alledem ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das ArbG auch die Interessenabwägung zu Ungunsten des Kl. getroffen hat.“ Quelle: Beck-online.de

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