Anspruch auf Dolmetscher in der Versammlung für ausländische Wohnungseigentümer

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Versammlungen der Wohnungseigentümer sind keine öffentliche Veranstaltung. Fremde haben dort nichts zu suchen - grundsätzlich. Es gibt Ausnahmen. Werden sie nicht beachtet, kann das zu fatalen Folgen führen.

Eine Spanierin hatte eine Eigentumswohnung erworben. Zur Versammlung erscheint sie mit ihrem Lebensgefährten. Als ihn der Verwalter aus der Versammlung weisen will, beantragt sie, ihn als Dolmetscher zuzulassen. Die Versammlung lehnt das ab. Beide verlassen unter Protest die Versammlung. Die fasst wichtige Beschlüsse. Aber die Eigentümer haben auf Sand gebaut.

Die Spanierin erhebt Beschlussanfechtungsklage. Sie sei der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig. Deshalb habe sie Anspruch auf einen Dolmetscher. Der sei ihr von den Eigentümern rechtswidrig verweigert worden.

Olé - die argumentativen Degenstöße haben Erfolg in der Gerichtsarena (Amtsgericht Wiesbaden, 92 C 217/11 vom 27.07.2012). Ein Eigentümer, der die deutsche Sprache nicht versteht, hat Anspruch auf einen Dolmetscher. Der kann ein Verwandter, ein Freund oder - eben - der Lebensgefährte sein. Ein Dolmetscherdiplom ist nicht erforderlich. Der Ausschluss des Lebensgefährten ist zu Unrecht erfolgt. Die Beschlüsse sind deshalb ungültig. Die Versammlung muss wiederholt werden. Mit Dolmetscher.

Es kommt übrigens nicht darauf an, ob die Entscheidungen über Beschlussvorlagen anders ausgefallen wären, falls die iberische Eigentümerin mit Dolmetscher teilgenommen hätte. Die Eigentümer können das nicht beweisen. Denn die Argumente der ausgeschlossenen Eigentümerin hätten überzeugend sein und zu einem anderen Beschluss führen können. Das kann man nie ausschließen.

Eigentümergemeinschaften mit vielen fremdsprachigen Eigentümern ist zu empfehlen, für reichlich Platz bei den Versammlungen zu sorgen - damit auch die Dolmetscher noch Sitzgelegenheiten haben. Wie die Versammlung bei Simultanübersetzungen in - beispielsweise - fünf Fremdsprachen praktisch abläuft, ist eine spannende Frage.

Nur die Sache ist verloren, die man aufgibt.



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