Arbeitsverträge für wissenschaftliche Hilfstätigkeiten - Befristung teils unwirksam

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.6.2021 – 7 AZR 245/20

Die grundsätzliche Befristung von Arbeitsverträgen mit eingeschriebenen Studierenden ist in § 6 WissZeitVG geregelt. Danach ist eine zeitliche Befristung für Personal bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Hintergrund der Regelung ist, möglichst vielen Studierenden einen unmittelbaren Einstieg in die erste wissenschaftliche Tätigkeit zu ermöglichen. Dies erfordert eine gewisse Fluktuation innerhalb der zu besetzenden Stellen, welche durch die Möglichkeit der Befristung gewährleistet werden soll.

Anforderungen an die wissenschaftliche Tätigkeit

Das BAG hat in seinem Urteil vom 30.06.2021 (7 AZR 245/20) verdeutlicht, dass für die Befristungsmöglichkeit nicht jede Hilfstätigkeit genügt, die der Wissenschaft in irgendeiner Form von Nutzen ist. Es muss sich dabei vielmehr um eine Hilfstätigkeit handeln, die vorrangig wissenschaftlich geprägt ist. Ob eine solche vorliegt, ergebe sich unter Anderem aus der vertragsgemäßen Beschäftigung.

Das BAG legte dabei die Definition des allgemeinen Sprachgebrauchs zugrunde, nach welcher das Adjektiv „wissenschaftlich“ so viel wie „die Wissenschaft betreffend, dazu gehörend, darauf beruhend“ bedeute. Nicht umfasst seien daher solche Tätigkeiten, die für die organisatorischen Grundlagen notwendig sind.

Unwirksamkeit einer Befristung aufgrund fehlender wissenschaftlicher Tätigkeit

Die Klägerin, eine Studentin des Fachbereichs Informatik, war aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse als studentische Hilfskraft bei der Beklagten beschäftigt. Im Rahmen einer Feststellungsklage wehrte sie sich erfolgreich gegen die Befristung ihres Vertrages nach § 6 WissZeitVG und die daraus folgende Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Sie begründet dies, laut BAG zu Recht, im Wesentlich damit, dass ihre Aufgabenbereiche vor allem die technische Beratung und Betreuung der wissenschaftlichen Einrichtungen der Beklagten sowie die Schaffung und den Betrieb von virtuellen Lernplattformen und umfasst habe. Die Klägerin war im Center für Digitale Systeme tätig, welches laut dem Arbeitszeugnis als Bereich der Universitätsbibliothek den Einsatz digitaler Medien und Technologien in Lehre und Forschung unterstützt.

Nach Auffassung des BAG seien die Tätigkeiten der Klägerin nicht als künstlerische oder wissenschaftliche Hilfstätigkeiten im Sinne des § 6 WissZeitVG einzustufen. Die Aufgaben hätten keinen inhaltlichen Bezug zur wissenschaftlichen Tätigkeit der einzelnen Fachbereiche gehabt. Aufgabe der Klägerin sei die Schaffung der technischen Grundlagen gewesen, auf welcher die Wissenschaft überhaupt erst betrieben werden könne. Dies habe zur Folge, dass die Befristung des Arbeitsvertrages der Klägerin als unzulässig einzustufen sei.

Keine Rechtfertigung der Befristung nach § 121 BerlHG

Die Befristung könne darüber hinaus auch nicht über § 121 BerlHG gerechtfertigt werden, welcher eine mögliche Befristung studentischer Hilfskräfte für vier Semester vorsieht. Als Teil des Arbeitsrechts unterfalle die Frage der Befristung der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 I Nr. 12). Folglich dürfen die Länder eigene Gesetze nur erlassen, soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. So liegt der Fall jedoch hier. Aufgrund der Gesetzgebungshistorie ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit § 6 WissZeitVG eine abschließende Regelung für die Befristung wissenschaftlicher Hilfskräfte geschaffen hat. Für die Anwendung des § 121 BerlHG bleibe laut BAG somit kein Raum.

Fazit

Mit § 6 WissZeitVG hat der Bundesgesetzgeber eine zunächst abschließende Regelung zur Befristung der Arbeitsverträge von wissenschaftlichen Hilfskräften getroffen. Voraussetzung der Befristung ist eine tatsächlich ausgeübte wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit. Ob eine solche vorliegt ergibt sich aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis und den vereinbarten Aufgabenbereichen. Die Einstellung durch eine Hochschule als Arbeitgeberin oder die bloße Beschäftigung von Studierenden berechtigt nicht grundsätzlich zu einer Befristung des Arbeitsverhältnisses.


Rechtsanwalt Stephan Kersten - Fachanwalt für Arbeitsrecht


Arbeitsverträge für wissenschaftliche Hilfstätigkeiten können nur befristet werden, soweit eine wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit vorliegt

Foto(s): LINDEMANN Rechtsanwälte

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