Arbeitsvertrag und Rente

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Keine Anrechnung von Arbeitsverdienst auf die Rente

Die Kombination Arbeitsverhältnis und Altersrente ist attraktiv. Dadurch erschließen sich zwei Verdienstquellen, denn der Arbeitsverdienst wird nicht auf die Altersrente angerechnet.

Seit Januar 2023 ist die Hinzuverdienstgrenze bei der Altersrente komplett weggefallen. Für die Regelaltersrente galt das schon immer. Nun gilt das auch für vorgezogene Altersrenten - egal, ob diese als Vollrente oder als Teilrente bezogen wird.

Ausnahme: Rente wegen Erwerbsminderung

Auf den Bezug einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung wird der Arbeitsverdienst in Grenzen angerechnet.

Was müssen Arbeitgeber beachten?

Bei der Neueinstellung eines Arbeitnehmers, der bereits die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, ist es sinnlos in den Arbeitsvertrag eine Klausel aufzunehmen, die das Erreichen des Rentenalters als Auflösungsgrund vorsieht. Die betroffenen Arbeitnehmer haben die Altersgrenze  ja bereits erreicht oder sogar überschritten.

In derartigen Fällen endet ein unbefristeter Arbeitsvertrag entweder durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder durch Aufhebungsvertrag. Möglich wäre auch eine Beendigung durch eine Arbeitgeberkündigung. Davor schrecken Arbeitgeber allerdings zurück, denn in Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern gilt das KSchG. Dann raucht der Arbeitgeber auch einen tragfähigen Kündigungsgrund.

Ohne Vorliegen spezieller Umstände ist allein das erreichte hohe Lebensalter kein Kündigungsgrund. Im Gegenteil: Ohne spezifische Umstände, wie z.B. Ausfallerscheinungen oder Verhaltensverstöße, besteht die Gefahr, dass eine auf das fortgeschrittene Lebensalter gestützte Kündigung als Altersdiskriminierung aufgefasst wird und einen Entschädigungsanspruch nach § 15 AGG auslöst.

Selbst bei einem Kleinbetrieb im Sinne des KSchG muss der Arbeitgeber bei Kündigungen einen Mindeststandard für Arbeitsverhältnisse beachten. Der Austausch eines älteren Mitarbeiters gegen einen Jüngeren könnte ohne nähere Begründung gegen das Gebot der sozialen Rücksichtnahme verstoßen und zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. 

Bei Arbeitnehmern im Alter von "60-Plus" ist das Vorliegen einer Behinderung nach allgemeiner Erfahrung recht wahrscheinlich. Eine Schwerbehinderung oder eine Gleichstellung gibt Arbeitnehmern einen besonderen Kündigungsschutz nach dem Schwerbehindertenrecht (SGB IX). Im Anwendungsbereich des Schwerbehindertenrechts ist vor Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich.

Fragerecht des Arbeitgebers

Bewerber dürfen Bewerber grundsätzlich nicht nach einer bestehenden Behinderung gefragt werden. Passiert das trotzdem, dann könnte ein abgelehnter Bewerber, der diese Frage wahrheitsgemäß mit "Ja" beantwortet hat eine Entschädigung nach § 15 AGG fordern. Bereits die Tatsache, dass die Frage überhaupt gestellt wurde, kann ein Indiz für eine Diskriminierung bedeuten. Deshalb sollten Arbeitgeber die Frage nach Schwerbehinderung frühestens nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages stellen, sicherheitshalber jedoch erst nach Ablauf der Probezeit.

Was müssen Arbeitgeber auf jeden Fall beachten?

Rentenbezieher sollten stets nur mit schriftlichem Arbeitsvertrag eingestellt werden und dieser sollte befristet sein. Der Arbeitsvertrag mit Befristungsabrede muss vor Aufnahme der Arbeit abgeschlossen werden. Eine nachträglich vereinbarte Befristung wäre unwirksam.

Keine Schwierigkeiten bereitet eine Befristung ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG für die Dauer von bis zu 24 Monaten (= zwei Jahre), sofern es keine Vorbeschäftigung beim beim selben Arbeitgeber gegeben hat. Innerhalb der Höchstdauer von 24 Monaten darf eine Befristung drei Mal verlängert werden.

Möglich wäre auch eine Befristung ohne Sachgrund nach § 14 Abs 3 TzBfG für die Dauer von bis zu fünf Jahren. Die Voraussetzung Vollendung des 52. Lebensjahres ist bei Beziehern einer Altersrente auf jeden Fall erfüllt. Wichtig ist aber auch die Beachtung einer weiteren Voraussetzung in der Person des Arbeitnehmers, nämlich eine mindestens viermonatige Beschäftigungslosigkeit vor Beginn des Arbeitsverhältnisses. Innerhalb der fünfjährigen Befristungsdauer darf das Arbeitsverhältnis mehrfach verlängert werden.

Handelt es sich beim Arbeitgeber um ein neu gegründetes Unternehmen, dann dürfen Arbeitsverhältnisse in den ersten vier Jahren seit der Gründung ohne Sachgrund für die Dauer von bis zu vier Jahren befristet werden (§ 14 Abs. 2a TzBfG). Die Verlängerung der Befristung ist innerhalb dieser Zeitspanne mehrmals möglich.

Die letztgenannte Befristungsregelung hat in der Praxis allerdings keine Bedeutung, denn sie funktioniert nur bei echten Startups. Ist der Betrieb des Arbeitgebers durch Umstrukturierung eines größeren Unternehmens entstanden (z.B. Ausgründung oder Abspaltung), dann kann diese privilegierte Form der Befristung nicht genutzt werden.   

Wie funktioniert die Weiterbeschäftigung nach Erreichen der Altersgrenze bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis?

Die Verlängerung der Zusammenarbeit über die vertraglich festgelegte Regelaltersgrenze hinaus ist bedarf einer schriftlichen Vereinbarung nach § 41 (3) SGB VI.

Diese Vereinbarung muss zwingend vor Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen werden. Diese Hinausschiebens-Vereinbarung kann bei Bedarf sogar mehrfach verlängert werden. Auf diese Weise lässt sich eine Verlängerung der Zusammenarbeit über die Regelaltersgrenze hinaus bewerkstelligen.

Sollte ein Arbeitsvertrag noch keine Altersaustrittsregelung beinhalten, dann müsste diese erst noch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden. Ohne vertraglich vereinbarte Altersbegrenzung im Arbeitsverhältnis kann es logischerweise auch keinen Altersaustritt des Arbeitnehmers gebe, der zeitlich hinausgeschoben werden könnte. Dazu braucht es zwingend eine schriftliche Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag. Dies schafft die erst Voraussetzung für den Abschluss der gewünschten Hinausschiebens-Vereinbarung nach § 41 (3) SGB VI. 

Was ist hinsichtlich der Arbeitsbedingungen für Rentner zu beachten?
Die Arbeitsbedingungen der Rentenempfänger müssen denen vergleichbarer jüngerer Arbeitnehmer im Betrieb entsprechen. Es gilt der Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

Es dürfen auf keinen Fall schlechtere Arbeitsbedingungen vereinbart werden, als vergleichbaren jüngeren Arbeitnehmern. Das betrifft insbesondere eine niedrigere Vergütung, etwa mit der Begründung Rentenbezieher hätten einen geringeren Geldbedarf wegen der bestehenden Grundalimentation durch die Altersrente.
Das bedeutet eine offensichtliche Benachteiligung und das verstößt eindeutig gegen das Diskriminierungsverbot für befristet Beschäftigte nach § 4 Abs. 1 TzBfG verstoßen. In diesem Sinne und folgerichtig für einen Anspruch auf entsprechende Anhebung der Vergütung hatte das Bundesarbeitsgericht am 18.01.2023 (5 AZR 108/22) entschieden. 

Aber das ist nicht alles: Unter dem Gesichtspunkt Altersdiskriminierung nach § 1 AGG könnte der benachteiligte Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht nur die Bezahlung der Differenzvergütung fordern, sondern zusätzlich auch noch eine Entschädigung nach § 15 AGG.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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