Arbeitszeitbetrug, Hehlerei, Diebstahl, Unterschlagung: fristlose Verdachtskündigung gerechtfertigt

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„Bei einer versuchten Hehlerei von entwendeten Kupferkabeln kann es dahinstehen, auf welche Art und Weise, etwa durch Diebstahl oder Unterschlagung, die Kupferkabel aus dem Gewahrsam der Beklagten gelangt sind. Die konkrete Vortat muss nicht im Einzelnen feststehen. Es genügt die Feststellung, dass es sich nur um Diebesgut gehandelt haben kann.“ So lautet der amtliche Leitsatz des LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.04.2010 - 13 Sa 2538/09; Quelle: Beck-online.de

Was ist passiert?

LAG Berlin-Brandenburg: „Der Kläger ist Meister (Teamleiter) 30 KV Kabelanlagen bei der Beklagten. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 16. April 2009 zum 20. April 2009 wegen des Vorwurfs der Hehlerei und des Arbeitszeitbetruges, einer hilfsweisen außerordentlichen Kündigung wegen derselben Gründe mit sozialer Auslauffrist zum 31. Dezember 2009 vom 16. April 2009 sowie eine weitere hilfsweise außerordentliche Verdachtskündigung wegen des Verdachts des Diebstahls oder der Hehlerei und einer weiteren hilfsweisen außerordentlichen Verdachtskündigung wegen derselben Gründe mit sozialer Auslauffrist zum 31. Dezember 2009 vom 27. April 2009….Denn zur Überzeugung des“ Arbeitsgerichts „stehe fest, dass sich der Kläger zumindest des Versuchs der Hehlerei zum Nachteil der Beklagten schuldig gemacht habe, indem er sich in der Nacht vom 21. Mai auf den 22. Mai 2008 Kupferkabelteile mit einer Gesamtlänge von rund 24 Metern verschafft habe, die für die B.er S-Bahn-Stromversorgung verwendet werden und zumindest früher unstreitig der Beklagten gehörten, um sich oder Dritte zu bereichern. Es stehe fest, dass es sich bei den zur angegebenen Zeit von der Polizei sichergestellten Kupferkabeln um fremde Sachen handele, die nicht im Eigentum des Klägers standen. Es stehe ferner fest, dass die Kabelteile ein anderer gestohlen oder sonst durch ein gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt habe, da Privatpersonen nicht rechtmäßig an die S-Bahn-Stromversorgungskabel gelangen könnten. Die Geschichte von den Unbekannten, von denen der Bekannte des Klägers die Kabel erhalten haben will, sei schon wenig plausibel; jedenfalls ergebe sich aus dieser Geschichte nicht, dass diese Unbekannten auf legalem Weg an die Kabel gelangt seien.“ Quelle: Beck-online.de

Vermögensdelikte wie Diebstahl, Hehlerei, Arbeitszeitbetrug rechtfertigen grundsätzlich eine fristlose Kündigung

LAG Berlin-Brandenburg stellt klar: „In der Sache hat die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg. Sowohl im Ergebnis als auch in der zutreffenden Begründung zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen, weil durch die außerordentliche Tatkündigung vom 16. April 2009 das Arbeitsverhältnis zum 20. April 2009 beendet worden ist….Vom Arbeitnehmer zulasten des Arbeitgebers begangene Vermögensdelikte sind regelmäßig geeignet, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen. Ein Arbeitnehmer, der im Zusammenhang mit seiner Arbeitsleistung strafrechtlich relevante Handlungen gegen das Vermögen seines Arbeitgebers begeht, verletzt damit seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht schwerwiegend und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen in erheblicher Weise.“ Quelle: Beck-online.de

Laut Gericht: Arbeitnehmer hat versuchte Hehlerei begangen

LAG Berlin-Brandenburg: „Ein derartiges Vermögensdelikt, nämlich zumindest eine versuchte Hehlerei i. S. v. § 259 Abs. 1 und Abs. 3 StGB, hat der Kläger dadurch begangen, dass er sich vorsätzlich 24,35 Meter Kupferkabel, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, sich verschafft hat, um sich oder seinem Bekannten Herrn M. zu bereichern…Dass die Kupferkabel aus dem Gewahrsam der Beklagten weggenommen oder unterschlagen worden sind, steht zur Überzeugung des Gerichts ebenfalls fest.“ Quelle: Beck-online.de

Arbeitgeber kann in Bezug auf Ausspruch der Kündigung auf den Aus- oder Fortgang des Strafverfahrens abwarten

LAG Berlin-Brandenburg: „§ 626 Abs. 2 BGB ist ein gesetzlich konkretisierter Verwirkungstatbestand. Nach allgemeinen Grundsätzen ist ein Anspruch oder Recht verwirkt, wenn der Berechtigte längere Zeit untätig geblieben ist und dadurch der Eindruck erweckt worden ist, er wolle das Recht nicht mehr geltend machen, sein Vertragspartner sich auf den dadurch geschaffenen Vertrauenstatbestand eingestellt hat und es ihm deshalb nicht mehr zugemutet werden kann, sich auf das verspätete Begehren des Berechtigten einzulassen. Sinn der Kündigungserklärungsfrist ist es, für den betroffenen Arbeitnehmer rasch Klarheit darüber zu schaffen, ob sein Arbeitgeber einen Sachverhalt zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nimmt. Geht es um ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers, kann sich der Kündigungsberechtigte am Fortgang des Strafverfahrens orientieren. Dann kann er jedoch nicht zu einem beliebigen willkürlich gewählten Zeitpunkt außerordentlich kündigen. Für den gewählten Zeitpunkt bedarf es eines sachlichen Grundes. Wenn etwa der Kündigungsberechtigte neue Tatsachen erfahren oder neue Beweismittel erlangt hat und nunmehr einen - neuen - ausreichenden Erkenntnisstand für eine Kündigung zu haben glaubt, kann er dies zum Anlass der Kündigung nehmen. Der Arbeitgeber kann daher den Aus- oder Fortgang des Strafverfahrens abwarten und zu einem nicht willkürlich gewählten späteren Zeitpunkt kündigen.“ Quelle: Beck-online.de

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