Arbeitszeitbetrug - Verdachtskündigung: Arbeitgeber setzt Privatdetektiv ein

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„Durch einen Privatdetektiv erhobene Daten sind dann nicht rechtswidrig erlangt, wenn begründete Zweifel an der bis dato erfolgten Arbeitszeit- und Medikamentenmusterabgabendokumentation bestehen.“ – so lautet der amtliche Leitsatz des LAG Berlin-Brandenburg (2. Kammer), Urteil vom 14.10.2016 - 2 Sa 985/16; Quelle: Beck-online.de

Was ist passiert?

LAG Berlin-Brandenburg: „Am 05.02.2015 habe der als Pharmareferent tätige Kläger eine Abwesenheitszeit für die Besuchstätigkeit bei Ärzten von 10 Stunden und 5 Minuten dokumentiert, während seine tatsächliche Abwesenheitszeit lediglich 6 Stunden und 45 Minuten betragen habe. Die unrichtige Dokumentation bewirke eine Erhöhung des Spesensatzes für diesen Tag von 4 Euro auf 12,50 Euro. Am 06.02.2015 habe der Kläger unstreitig keine Arztpraxis aufgesucht, dennoch unter Angabe bestimmter Ärzte und Medikamentenmusterabgaben eine Abwesenheitszeit von 5 Stunden und 55 Minuten mit Spesenrelevanz angegeben…Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 13.01.2016 der Klage nur hinsichtlich der Erteilung eines Zeugnisses stattgegeben, im Übrigen die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass bereits die außerordentliche Kündigung vom 17.04.2015 das Arbeitsverhältnis beendet habe. Denn der Kläger habe unstreitig an den beiden Tagen 05. und 06.02.2015 seine Besuchstätigkeiten unrichtig dokumentiert, woraus sich höhere Spesen für ihn ergeben hätten. Soweit diese Erkenntnis aus Beobachtungsberichten einer Detektei (vergl. dazu den Bericht der Detektei Anlage 6, Bl. 144 ff. d. A.) stammten und der Kläger diese deshalb für nicht verwertbar hielte, könne die Kammer sich dem nicht anschließen.“  Quelle: Beck-online.de

Vorsätzlich falsches Ausstellen von Formularen begründet schweren Vertrauensbruch

LAG Berlin-Brandenburg: „Denn der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtungen, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Dies gilt für einen vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare oder die wissentlich und vorsätzlich falsche elektronische Dokumentation geleisteter Arbeitszeit. Denn der Arbeitgeber muss ebenso wie bei der Geleitzeit auch bei einer wie vorliegend nur im Rahmen bestimmten Arbeitszeit auf eine korrekte Dokumentation vertrauen können. Bei einem Verstoß verletzt der Arbeitnehmer in eklatanter Weise seine gegenüber dem Arbeitgeber bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB und begeht einen schweren Vertrauensbruch.“ Quelle: Beck-online.de

Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Wann setzt die 14-Tages-Frist der Vorschrift des § 626 Abs. 2 BGB ein?

LAG Berlin-Brandenburg: „Die Beklagte hat auch die 2 Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von 2 Wochen erfolgen. Diese Frist beginnt nach Absatz 2 Satz 2 der Norm mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Die Bestimmung ist ein gesetzlich konkretisierter Verwirkungstatbestand. Ihr Ziel ist es, dem Arbeitnehmer rasch Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Kündigungsberechtigte einen bestimmten Sachverhalt zum Anhalt für eine außerordentliche Kündigung nimmt. Die Frist beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis von den maßgebenden Tatsachen hat und ihm deshalb eine fundierte Entscheidung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich ist. Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. So lange diese dem Kündigungsberechtigten nicht umfassend bekannt sind, kann dessen Kündigungsrecht nicht verwirken. Dabei gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer sprechen. Sie lassen sich regelmäßig nicht ohne eine Anhörung des Arbeitnehmers erfassen. Der Kündigungsberechtigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann deshalb nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt. Sind die Ermittlungen abgeschlossen und hat er eine hinreichende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt, beginnt der Lauf der Ausschlussfrist. Unbeachtlich ist, ob die Ermittlungsmaßnahmen tatsächlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen haben oder überflüssig waren.“ Quelle: Beck-online.de

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren ausschließlich als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf die Kündigung von Mitarbeitern/innen? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie zu den Rechten und Pflichten des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz.



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