Arolsen Archives – Direktion von Mobbingvorwürfen und angeblichem Machtmissbrauch entlastet

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Das "Arolsen Archives" mit Sitz im nordhessischen Bad Arolsen gilt als weltweit größte Sammlung von Daten zu den Opfern der Nazi-Herrschaft und Welt-Dokumentenerbe. „In einer Untersuchung konnten Mitarbeiter ihre Mobbing- Erfahrungen schildern. Deren Ergebnis lautet jetzt aber: arbeits- oder strafrechtlich relevante Pflichtverletzungen der Direktion seien nicht festzustellen. Mitarbeiter sind empört.“ So heißt es in einem Bericht der Hessenschau.de vom 01. September 2023.

Was war passiert?

„Kanzlei untersucht Vorwürfe gegen Führung von Arolsen Archives“, so die Schlagzeile von Hessenschau.de am 25.05.2023. „Eine Kanzlei soll die schweren Anschuldigungen gegen die Leitung der Arolsen Archives untersuchen. Mitarbeitende beklagen laut eines ARD-Berichts unter anderem Mobbing und Sexismus. Nach anonym erhobenen Vorwürfen gegen die Führung des internationalen Zentrums zur NS-Verfolgung Arolsen Archives soll eine unabhängige Stelle den Sachverhalt aufklären. Der Internationale Ausschuss (IA) als Leitungsgremium des weltweit größten Archivs zu NS-Opfern mit Sitz in Bad Arolsen (Waldeck-Frankenberg) beauftragte eine Rechtsanwaltskanzlei, wie eine Sprecherin des Archivs am Mittwochabend mitteilte. "Bis zum 5. Juni 2023 können sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Rahmen äußern." Die Direktion sei gehalten, nicht zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, bis die laufende Untersuchung abgeschlossen sei. Laut ARD-Magazin Kontraste (Donnerstag, 21.45 Uhr im Ersten) werfen 25 ehemalige und aktuelle Mitarbeitende der Führung Mobbing, Machtmissbrauch und Sexismus vor. Die Vorwürfe gegen Direktorin Floriane Azoulay und deren Stellvertreter waren anonym von einem Rechtsanwalt in einem Dossier zusammengetragen worden, das der ARD vorliegt.“ So die Hessenschau.de am 25.05.2023 berichtend.

Untersuchung entlastet Direktion, so das Ergebnis des unabhängigen Berichts; Mitarbeiter und Betriebsrat reagieren enttäuscht

„Angespanntes Arbeitsklima rechtfertigt noch keinen Mobbing-Vorwurf; Spannungen im Arbeitsverhältnis und Konflikte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer genügen für sich betrachtet noch nicht für die Annahme von Mobbing. Es kommt stets auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände und des wechselseitigen Verhaltens an“, so das LAG Düsseldorf bereits schon im Jahr 2013 klarstellend - Urteil vom 26.03.2013 – 17 Sa 602/12. Quelle: Beck-online.de

Mobbing im rechtlichen Sinne hat nichts mit der Floskel „ich werde gemobbt“ zu tun

LAG Düsseldorf stellt wie folgt klar: „Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine Anspruchsgrundlage für Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. einen oder mehrere Arbeitskollegen. Insofern muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den von der Klägerin genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung i. S. d. § 826 BGB begangen hat…“

LAG Düsseldorf: „Für den Begriff „Mobbing“ gibt es keine einheitliche Definition

Mobbing wird „als systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“ (BAG 15.01.1997 - 7 ABR 14/96 - ) oder „fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweise, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen“, verstanden…Es geht um eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz zwischen Arbeitnehmern oder zwischen ihnen und den Vorgesetzten, bei der jemand systematisch und oft über einen längeren Zeitraum mit dem Ziel oder dem Ergebnis des Ausstoßes aus der Gemeinschaft direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Die zahlreich in Betracht kommenden Handlungen können darin bestehen, dass der Betroffene tätlich angegriffen oder auch nur geringschätzig behandelt, von der Kommunikation ausgeschlossen, beleidigt oder diskriminiert wird…Der Arbeitnehmer darf keinem Verhalten ausgesetzt werden, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen fallen nicht darunter – und sind kein Mobbing im rechtlichen Sinne – so das Landesarbeitsgericht Düsseldorf klarstellend

LAG: „Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht geeignet sind, derartige rechtliche Tatbestände zu erfüllen (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - NZA 2007, 1154; u. Verweis auf LAG Schleswig-Holstein 19.03.2002 - 3 Sa 1/02 - NZA-RR 2002, 457) und es daher gilt sog. folgenloses …oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten…aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, d. h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen. Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und bei denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lässt, dürften nur in seltenen Fällen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen. Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen.“

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