Audi-Abgasskandal: Manipulationen am Sechszylinder-EA897 sind vorsätzliche sittenwidrige Schädigung

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Die Audi AG wieder vor dem Landgericht Berlin verloren. Beim Verfahren um einen Audi A6 mit dem 6-Zylinder-Dieselmotor EA897 und der Schadstoffklasse Euro 6 stand diesmal die Aufheizstrategie als unzulässige Abschalteinrichtung im Fokus.

Es nimmt kein Ende für die Audi AG. Jetzt hat der Autobauer, der mitten im Abgasskandal steht, vor dem Landgericht Berlin (Urteil vom 28.04.2021, Az.: 2 O 262/20) verloren und wird wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB schadenersatzpflichtig. Diesmal geht es um die Abgasmanipulationen an einem Audi A6 mit dem Dieselmotor EA897 und der Schadstoffklasse Euro 6, den der Kläger am 9. Oktober 2017 für 44.400 Euro erworben und dann durch die Audi Bank finanziert hatte. Zur Zeit der Übergabe wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 10.150 auf, am Tag der mündlichen Verhandlung waren es 60.157 Kilometer. Der geschädigte Verbraucher erhielt nun 37.161.02 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 7. August 2020, und die Audi AG muss 75 Prozent der Kosten des Rechtsstreits tragen.

„Vor allem steht die Aufheizstrategie als unzulässige Abschalteinrichtung im Fokus. Diese springt im Wesentlichen nur beim Durchlaufen des Prüfstandsverfahrens des Neuen Europäischen Fahrzyklus NEFZ an, wird aber im realen Verkehr hingegen nicht aktiviert. Dadurch wird das Stickoxidemissionsverhalten des Fahrzeugs auf dem Prüfstand gegenüber dem Emissionsverhalten im normalen Fahrbetrieb verbessert“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Das Gericht konkretisiert: „Wenn auf dem Prüfstand der SCR-Katalysator, um überhaupt oder verbessernd abgasreinigend zu wirken, auf 150 Grad aufgeheizt wird, ist zu erwarten, dass dies auch im üblichen Straßenbetrieb geschieht. Die dadurch, dass dies im Straßenbetrieb nicht geschieht, herbeigeführte geringere Wirksamkeit des SCR-Katalysators führt zur Emission von mehr Stickoxiden. Es handelt sich daher um definitionsgemäß um eine Abschalteinrichtung.“

Die Sittenwidrigkeit des Handelns wird deutlich herausgestellt. „Die Audi AG habe Fahrzeuge in hohen Stückzahlen in Deutschland in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerung-Software bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurde. Damit sei einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr einhergegangen, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebseinschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte“, sagt Dr. Hartung.

Am Vorsatz bestehe kein Zweifel, da die Audi AG um die Softwarekonfigurationen gewusst habe. Diese seien offenkundig mit dem Ziel programmiert worden, die Wirksamkeit des SCR-Katalysators zu reduzieren, was zu einer Erhöhung des Stickoxidausstoßes geführt habe. Kurzum: Der Kläger habe das nicht bekommen, was ihm aus dem Kaufvertrag zugestanden habe, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug.

Für geschädigte Verbraucher ergeben sich aus diesen Urteilen weitreichende Möglichkeiten. „Dreiliter-Dieselmotoren vom Typ EA897 sind flächendeckend vom Dieselskandal betroffen, und zwar sowohl in der Abgasnorm Euro 5 als auch in der neueren Norm Euro 6. Damit ist das landgerichtliche Urteil ein weiteres Beispiel dafür, wie erfolgreich eine Betrugshaftungsklage geschädigter Verbraucher gegen Autohersteller sein kann“, betont Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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