Aufhebungsvertrag oder Kündigung

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Ihr Chef kommt auf Sie zu und bittet Sie zu einem persönlichen Gespräch. Der Sinn dieses Gesprächs liegt einzig darin, dass Ihr Chef Sie loswerden will, also dass er Sie nicht mehr länger in seinem Unternehmen beschäftigen möchte. Aus diesem Grund legt er Ihnen einen Aufhebungsvertrag vor und erklärt, dass Ihnen gekündigt wird, wenn Sie nicht diese Aufhebungsvereinbarung unterschreiben. Die Frage ist nun: Was tun? Was ist überhaupt ein Aufhebungsvertrag und welche Vorteile und Nachteile bringt eine solche Vereinbarung mit sich? Und warum kündigt er nicht einfach das Arbeitsverhältnis, wenn er keine Zusammenarbeit mehr wünscht?

Ein Aufhebungsvertrag unterscheidet sich von einer Kündigung in ganz wesentlichen Punkten. Bei einem Aufhebungsvertrag wird eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber dahingehend getroffen, das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zu beenden. Zwar unterliegt ein Aufhebungsvertrag, genau wie eine Kündigung, dem gesetzlichen Schriftformerfordernis des § 623 BGB, aber ansonsten gibt es zahlreiche Unterschiede zwischen einem derartigen Vertrag und einer Kündigung.

Grundsätzlich besteht zwar eine Kündigungsfreiheit, das bedeutet, dass für eine ordentliche Kündigung ein Kündigungsgrund nicht erforderlich ist. Dies gilt aber nur dann, wenn Ihr Arbeitgeber regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt. Beschäftigt Ihr Arbeitgeber nämlich regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer, so muss aber gerade, wenn Ihr Arbeitgeber das mit Ihnen geschlossene Arbeitsverhältnis beenden will, ein Kündigungsgrund vorliegen. Bei einem Aufhebungsvertrag bedarf es indes eines solchen Kündigungsgrunds für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht. Folglich kommt ein Aufhebungsvertrag für einen Arbeitgeber insbesondere immer dann in Betracht, wenn in seinem Unternehmen regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden und ein Kündigungsgrund nicht vorliegt.

Des Weiteren kennt das Arbeitsrecht – abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel bei einer verhaltensbedingten, fristlosen Kündigung – Kündigungsfristen, die einzuhalten sind. Bei einem Aufhebungsvertrag müssen derartige Fristen nicht beachtet werden, sodass das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden kann.

Beschäftigt ein Arbeitgeber regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer und kündigt er einem seiner Mitarbeiter, so gibt es im Arbeitsrecht für diesen Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz. Sie als Arbeitnehmer können dann nämlich gegen die Kündigung im Wege der Kündigungsschutzklage vorgehen. Wie erwähnt, ist allerdings zunächst dafür Voraussetzung, dass das Kündigungsschutzgesetz überhaupt Anwendung findet (vgl. § 23 KSchG). Im Wege einer gerichtlichen Kündigungsschutzklage vor einem Arbeitsgericht kann dann der Arbeitnehmer beantragen, dass festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung oder aus sonstigen Gründen beendet wird. Diese Kündigungsschutzklage muss innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die Kündigung unwirksam ist, so besteht das Arbeitsverhältnis fort und der Arbeitnehmer bleibt weiterhin für das Unternehmen tätig. Vertritt das Gericht die Auffassung, dass die Kündigung gerechtfertigt ist, so wird das Arbeitsverhältnis zu dem in der Kündigung angegebenen Zeitpunkt beendet. Gegen eine Entscheidung – sei es, dass das Urteil des Gerichts so ausfällt, dass die Kündigung wirksam ist, sei es, dass es urteilt, dass die Kündigung unwirksam ist – können Arbeitnehmer oder Arbeitgeber Berufung einlegen. Dann überprüft das Landesarbeitsgericht das Urteil der Vorinstanz. 

In einem Kündigungsschutzprozess wird allerdings oftmals ein Vergleich geschlossen. Dann einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem gewissen Zeitpunkt, meist wird sich auch im Rahmen dieses Vergleichs über die Zahlung einer Abfindung geeinigt. Die Höhe der Zahlung hängt vom Verhandlungsgeschick der Parteien ab; in der Regel entspricht sie in etwa einem halben Bruttomonatsgehalt je Beschäftigungsjahr.

Wurde ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag geschlossen, so kann der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erheben. Es besteht dann nur noch in wenigen Ausnahmefällen die Möglichkeit zu klagen, beispielsweise dann, wenn Sie dazu gezwungen wurden, den Vertrag zu unterschreiben oder Ihnen falsche Tatsachen vorgespiegelt worden sind. Anders als bei einer Kündigung, wenn diese zum Beispiel betriebsbedingt erfolgen soll, sind auch soziale Erwägungen völlig unbeachtlich und spielen bei einem Aufhebungsvertrag keine Rolle.

Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat, so muss auch dieser nicht, wie es sonst für eine Kündigung notwendig ist, an einer Entscheidung beteiligt werden. Vielmehr steht dem Betriebsrat kein Mitspracherecht zu.

In einem Aufhebungsvertrag können neben der Beendigung des Arbeitsvertrags weitere Regelungen getroffen werden, wie beispielsweise die Zahlung einer Abfindung, die Erteilung eines Zeugnisses, eine Freistellung, eine Verschwiegenheitsverpflichtung etc.

Die Vorteile einer Aufhebungsvereinbarung gegenüber einer Kündigung liegen zunächst darin, das Arbeitsverhältnis zeitnah, ohne Einhaltung von Kündigungsfristen, beendet werden kann. Dies ist für Sie als Arbeitnehmer insbesondere dann von Bedeutung, wenn Sie ein neues Jobangebot haben oder die Tätigkeit enormen Leidensdruck mit sich bringt und Sie folglich das Arbeitsverhältnis so schnell wie möglich beenden wollen. Außerdem besteht durch die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrags eventuell die Möglichkeit, eine verhaltensbedingte Kündigung zu umgehen. Von Bedeutung ist auch, dass die Möglichkeit besteht, eine Abfindung zu vereinbaren. Ein Abfindungsanspruch besteht bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nämlich grundsätzlich nicht. Wie hoch die Abfindung ist, hängt letztlich von Ihrem Verhandlungsgeschick oder dem eines Rechtsanwalts ab.

Bei den Nachteilen handelt es sich neben der Nichtanwendbarkeit der arbeitsrechtlichen Regelungen zum Kündigungsschutz auch um Nachteile bezüglich des Bezugs von Arbeitslosengeld. Insbesondere droht gemäß § 159 Abs. 3 SGB III eine Sperrzeit für die Dauer von 12 Wochen bzw. mindert sich der Anspruch auf Erhalt des Arbeitslosengelds um 12 Wochen, vgl. § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III.

Wenn Ihnen die Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses mittels eines Aufhebungsvertrags in Aussicht gestellt wird, dann sollten Sie zunächst Ihren Chef um die Aushändigung eines Entwurfs dieses Vertrags bitten und sich eine gewisse Bedenkzeit erbeten. Sie sollten dann fachkundigen Rat einholen und klären, ob Sie überhaupt einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen sollen, und – wenn ja – ob dieser Aufhebungsvertrag für Sie vorteilhaft ist oder in geänderter Form Ihrem Chef unterbreitet werden soll. Meistens handelt es sich bei dem Entwurf der Aufhebungsvereinbarung nicht um die letzte, finale Version, sodass ein Verhandlungsspielraum besteht und Sie die Möglichkeit der Mitsprache haben, um eventuell verschiedene Punkte zu Ihren Gunsten vor Unterzeichnung abändern zu lassen.


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