Aufhebungsvertrag unterschreiben? Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrages

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Sie fragen sich, ob Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben sollten? Einen ersten Überblick über die Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrages für Arbeitnehmer finden Sie hier. Das ersetzt in keinem Fall die erforderliche individuelle Beratung im jeweiligen konkreten Einzelfall! 

Gerne berate ich Sie, ob der Ihnen vorgelegte Aufhebungsvertrag für Sie sinnvoll ist.

1. Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Der Aufhebungsvertrag hat mit der Kündigung – vereinfacht gesagt – nur eines gemein: Das Arbeitsverhältnis soll beendet werden.

Die Kündigung wird einseitig vom Arbeitnehmer oder Arbeitgeber ausgesprochen und die andere Seite hat sie zu akzeptieren, sofern sie berechtigt ist. Das ist gerichtlich nachprüfbar (Stichwort: Kündigungsschutzklage).

Ein Aufhebungsvertrag wird hingegen einvernehmlich geschlossen. Nur wenn sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber sich einigen, kommt ein Aufhebungsvertrag zustande.

2. Welche Vorteile hat ein Aufhebungsvertrag für den Arbeitnehmer?

Der Aufhebungsvertrag bietet dem Arbeitnehmer durchaus einige Vorteile. Diese hängen jedoch zu großen Teilen von seinem Verhandlungsgeschick ab. Er sollte daher unbedingt einen erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen.

a. Abfindung

Kernstück des Aufhebungsvertrages ist meist die Zahlung einer Abfindung an den Arbeitnehmer.

Mit dem Aufhebungsvertrag verzichtet der Arbeitnehmer auf seinen Kündigungsschutz. Daher wird der Arbeitgeber ihm den Vertrag meist „schmackhaft“ machen müssen. Dazu dient die Abfindung. 

Die Chancen auf eine Abfindung sind in folgenden Fällen besonders hoch:

  • Der Arbeitgeber hat keine Alternative zum Aufhebungsvertrag, etwa weil er dem Arbeitnehmer rechtlich nicht kündigen kann.
  • Eine Kündigung wäre für den Arbeitgeber vor Gericht nur schwer durchsetzbar. Dies kann z. B. bei einer betriebsbedingten Kündigung der Fall sein, da hier die Anforderungen des Gesetzgebers sehr hoch sind.
  • Der Arbeitgeber möchte das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist auflösen.

Kann der Arbeitnehmer hingegen als Alternative auch problemlos gekündigt werden, stehen die Chancen auf eine Abfindung eher schlecht. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn dem Arbeitnehmer eindeutig eine Straftat zur Last gelegt werden kann. Der Aufhebungsvertrag hat für den Arbeitnehmer trotzdem noch einen Vorteil. Er vermeidet eine fristlose oder verhaltensbedingte Kündigung, die die anschließende Stellensuche erschweren kann.

Im Einzelfall sind die rechtlichen Möglichkeiten, sich z. B. gegen eine vom Arbeitgeber angedrohte Kündigung rechtlich zu wehren, konkret zu prüfen und Chancen sowie Risiken sind gegeneinander abzuwägen.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber können die Höhe der Abfindung grundsätzlich frei vereinbaren. In der Praxis hat sich eine – rechtlich nicht verbindliche und im Einzelfall jeweils genau zu prüfende – Faustformel als erste Orientierung durchgesetzt:

0,5 Monatsgehälter (brutto) x Anzahl der Beschäftigungsjahre beim Arbeitgeber

Hierzu folgendes Rechenbeispiel:

Arbeitnehmer A arbeitet seit 5 Jahren im Betrieb des Arbeitgebers B. Er verdiente hierbei 3.000,00 € brutto im Monat.

Nach der Faustformel würde die Abfindung daher 0,5 x 3000 € x 5 Beschäftigungsjahre = 7.500 € brutto betragen.

b. Kündigung vermeiden und wohlwollendes Arbeitszeugnis erhalten

Mitunter stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor die Wahl, entweder einen Aufhebungsvertrag zu schließen oder gekündigt zu werden.

Neben der Abfindung ergeben sich dann weitere Vorteile aus einem Aufhebungsvertrag:

  • So kann mit dem Arbeitgeber im Rahmen des Aufhebungsvertrages verhandelt werden, dass ein wohlwollendes Arbeitszeugnis mit einer guten oder sehr guten Beurteilung ausgestellt wird. Im Falle einer Kündigung wäre der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unter Umständen weniger wohlgesonnen.
  • Auch kann mitunter eine außerordentliche fristlose Kündigung abgewendet werden. Eine solche führt in der Regel zu Lücken im Lebenslauf und sollte daher, wenn möglich, vermieden werden. Im Rahmen des Aufhebungsvertrages kann mitunter ein späterer Termin zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden, sodass der Arbeitnehmer sich eine neue Arbeitsstelle suchen kann.

c. Keine Kündigungsfrist

Kündigungsfristen dienen meist dem Schutz des Arbeitnehmers.

Schließlich soll dieser nicht vollkommen unerwartet sein Einkommen verlieren. Im Einzelfall kann auch er sein Arbeitsverhältnis allerdings möglichst schnell beenden wollen.

Beispiel:

Arbeitnehmer A ist momentan angestellt, jedoch wenig zufrieden. A bekommt nun ein neues Jobangebot und ist begeistert. Sein potenzieller neuer Arbeitgeber erklärt jedoch, dass er so schnell wie möglich Jemanden für die Stelle braucht und A daher nur anstellt, wenn er sofort anfangen kann.

Auch A muss gemäß seinem bestehenden Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist beachten. Diese beträgt mindestens vier Wochen. A kann die Stelle daher nicht antreten.

Der Aufhebungsvertrag bietet daher auch dem Arbeitnehmer eine flexible Möglichkeit, sein Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. Es kann nämlich jeder beliebige Beendigungszeitpunkt vereinbart werden – sofern der Arbeitgeber einverstanden ist.

3. Nachteile des Aufhebungsvertrages für den Arbeitnehmer

a. Verzicht auf Kündigungsschutz

Unterschreibt der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, verzichtet er damit auf seinen Kündigungsschutz. Er stimmt schließlich (zumindest im rechtlichen Sinne) freiwillig seinem Ausscheiden zu.

  • Er gibt seine Stelle also auch dann wirksam auf, wenn er nicht hätte gekündigt werden können oder wenn die Kündigung vor Gericht praktisch nur schwer durchsetzbar gewesen wäre. Das gilt auch für Menschen, die Sonderkündigungsschutz genießen (z. B. Schwerbehinderte, Schwangere, Betriebsräte, Auszubildende).
  • Des Weiteren kann im Aufhebungsvertrag der Zeitpunkt des Ausscheidens beliebig festgelegt werden. Kündigungsfristen sind nicht zu beachten. Was bei einem Aufhebungsvertrag auf Initiative des Arbeitnehmers ein Vorteil ist, wird zum Nachteil, wenn der Arbeitnehmer im Betrieb bleiben will.
  • Auch die Beteiligung des Betriebsrats ist – anders als im Rahmen einer Kündigung durch den Arbeitgeber – nicht notwendig.

b. Sperrfrist beim Arbeitslosengeld und Anrechnung 

Für den Arbeitnehmer können außerdem Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld entstehen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bewertet den freiwilligen Abschluss eines Aufhebungsvertrages wie eine Arbeitnehmerkündigung und verwehrt dem Arbeitnehmer daher für eine gewisse Zeit (Sperrfrist) den Bezug von Arbeitslosengeld (§ 159 SGB III). Diese Sperrfrist kann bis zu 12 Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses betragen.

Die Sperrzeit wird auf die Zeitspanne des Bezugs des Arbeitslosengeldes voll angerechnet. Der Arbeitnehmer erhält somit für einen kürzeren Zeitraum Arbeitslosengeld.

Beispiel:

Arbeitnehmer A vereinbarte einen Aufhebungsvertrag. Er könnte eigentlich zwölf Monate Arbeitslosengeld beziehen. Die Agentur für Arbeit verhängt gegen ihn aber eine Sperrfrist von 12 Wochen.

Die 12 Wochen werden auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes angerechnet. A kann somit nur neun Monate Arbeitslosengeld beziehen. Er verliert 1/4 des maximal möglichen Arbeitslosengeldes.

Aber Achtung: Keine Sperrfrist wird angeordnet, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen und nachweisbaren Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrags hatte! Dass ist im Einzelfall zu prüfen und abzuwägen.

Zu dieser Problematik folgender Beispielfall, welcher vor dem Bundessozialgericht (BSG) (Az.: B 11 AL 6/11 R) verhandelt wurde:

Arbeitnehmerin A war als Sekretärin beschäftigt. Ihr Arbeitgeber B plante Umstrukturierungen im Unternehmen, sodass der Arbeitsplatz der A wegfallen sollte. Um eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden, schloss A mit ihrem Arbeitgeber B einen Aufhebungsvertrag und vereinbarte eine Abfindung.

Als A sich arbeitssuchend meldete, verhängte die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit von zwölf Wochen gegen sie. Hiergegen klagte A.

Das BSG entschied, dass die Verhängung einer Sperrzeit unrechtmäßig sei. A habe einen Aufhebungsvertrag vereinbart, weil sie andernfalls gekündigt worden wäre. Hierbei habe A zumindest noch eine Abfindung vereinbaren können. Der Aufhebungsvertrag sei daher eine sinnvolle Alternative zur Kündigung durch den Arbeitgeber gewesen. Dies könne A nicht negativ angerechnet werden.

Neben der Sperrfrist kann unter Umständen auch eine Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld erfolgen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn im Aufhebungsvertrag eine Abfindung vereinbart wurde und die ordentlichen Kündigungsfristen nicht eingehalten wurden. Wird das Arbeitsverhältnis hingegen nicht vorzeitig beendet, so kann der Arbeitnehmer Arbeitslosengeld beziehen, ohne dass seine Abfindung angerechnet wird.

Der Arbeitnehmer sollte daher vorsichtig sein, wenn durch den Aufhebungsvertrag die ordentlichen Kündigungsfristen umgangen werden sollen. 

4. Fazit

  • Ein Aufhebungsvertrag wird zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossen und beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich.
  • Im Aufhebungsvertrag kann ohne Rücksicht auf Kündigungsfristen frei bestimmt werden, wann das Arbeitsverhältnis endet.
  • Im Rahmen des Aufhebungsvertrages besteht kein Kündigungsschutz.
  • Eine Anhörung des Betriebsrats muss nicht erfolgen.
  • Arbeitnehmer und Arbeitgeber können die Zahlung einer Abfindung vereinbaren.
  • Die Abfindung wird, sollte das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet werden, auf den Bezug von Arbeitslosengeld angerechnet.
  • Schließt der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund einen Aufhebungsvertrag, droht eine Sperrfrist beim Bezug von Arbeitslosengeld von bis zu 12 Wochen gegen den Arbeitnehmer.

Ungeachtet dieser nur groben Zusammenstellung der Möglichkeiten und Regelungsinhalte zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und den damit verbundenen Risiken und Chancen ist jeder Einzelfall gesondert zu betrachten. Daher ist dringend zu empfehlen, einen Aufhebungsvertrag nicht ohne ausreichende Bedenkzeit abzuschließen und sich vorher Rat zu suchen bei einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht.


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