Aufhebungsvertrag - wann ist das Gebot fairen Verhandelns verletzt?

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Ein Gebot, fair zu verhandeln – vielversprechend, aber was verbirgt sich wirklich dahinter und wichtiger noch: Wann ist es verletzt?

Das Bundesarbeitsgericht (vgl. BAG, Urteil v. 24.02.2022 – 6 AZR 333/21) hatte hierzu folgenden Fall beurteilt: Eine als Teamkoordinatorin im Verkauf angestellte Arbeitnehmerin wurde zu einem Gespräch mit dem Geschäftsführer und einem Anwalt gebeten. Ihr wurde vorgeworfen, sie habe Einkaufspreise in der EDV des Arbeitgebers unberechtigt geändert bzw. reduziert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Im Anschluss legt der Arbeitgeber einen vorgefertigten Aufhebungsvertrag vor, den sie nach längerem Schweigen unterzeichnete. Wegen widerrechtlicher Drohung wurde der Aufhebungsvertrag von ihr angefochten. Sie behauptete, ihr sei für den Fall der Nichtunterzeichnung die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden. Ob der Arbeitgeber hiermit gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen habe, wurde nun durch das BAG entschieden.

Das Gebot des fairen Verhandelns

Das BAG entwickelte den Grundsatz des fairen Verhandelns in seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 2019 (vgl. BAG 07.02.2019 – 6 AZR 75/18). Schutzbereich ist die Entscheidungsfreiheit bei Vertragsverhandlungen im Arbeitsrecht. Eigentlich ist es ein Verbot unfairen Verhandelns. Das Gebot hat allerdings enge Grenzen und ordnet lediglich an, ein Mindestmaß an Fairness im Vorfeld des Vertragsschlusses zu wahren. 

Wann ist denn nun dieses Gebot verletzt? Es ist anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Erst wenn der Arbeitgeber eine psychische Drucksituation schafft oder ausnutzt, die dem/der Arbeitnehmer:in eine freie und überlegte Entscheidung erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht, insbesondere wenn der Arbeitgeber besonders unangenehme Rahmenbedingungen für die Vertragsverhandlungen schafft, die den/die Arbeitnehmer:in ablenken oder sogar einen Fluchtinstinkt auslösen. Das Ausnutzen einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin oder dessen/deren unzureichende Sprachkenntnisse stellt einen Verstoß dar.

Im Fall der Arbeitnehmerin entschied das Gericht wie auch die Vorinstanz, dass hier kein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens vorläge.

Das Vorlegen des Aufhebungsvertrages und dass keine Bedenkzeit eingeräumt wurde, hätte sie nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit verletzt. Der empfundene Druck entsprach eben nur einem für die Situation Üblichen ihre Entscheidungsfreiheit aber nicht in einem Maße beeinträchtigt, das einer Reduktion auf null entsprechen würde. Der Arbeitgeber hat weder eine psychische noch körperliche Schwäche ihrerseits ausgenutzt, noch hat er die Verhandlungssituation so bedrohlich gestaltet, dass die Arbeitnehmerin Angst vor einer Nichtunterzeichnung haben musste. Die Arbeitnehmerin hat also keinen Anspruch auf Befreiung aus dem Aufhebungsvertrag.

Was bedeutet das für Sie?

Das Gebot fairen Verhandelns stellt für Arbeitnehmer:innen ein weiteres Schutzinstrument gegen die Übermacht des Arbeitgebers dar, das aber nur in Extremfällen zum Einsatz kommt. Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag vorgelegt bekommen, sollten Sie unbedingt professioinelle Hilfe in Anspruch nehmen. Zögern Sie nicht und kontaktieren uns! Unser Beraterteam unterstützt sie hierbei gerne.

Weitere Ausführungen zum Gebot fairen verhandelns finden sie hier.

Nutzen Sie dafür gerne auch die Online-Terminvergabe auf unserer Webseite!

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