Außerordentliche Kündigung – Wissenswertes für Arbeitnehmer

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Außerordentliche Kündigung – Wissenswertes für Arbeitnehmer


Grundsätzlich gilt, dass Arbeitsverhältnisse nicht ohne Weiteres gekündigt werden können. Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer müssen sich an gesetzliche Vorschriften oder vertragliche Vereinbarungen halten. Insbesondere muss sich an Kündigungsfristen gehalten werden. So spricht man bei Kündigungen, die fristgerecht ausgesprochen werden, von "ordentlichen" Kündigungen. Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind in § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregetl.


I. Was ist eine außerordentliche Kündigung?


Von außerordentlichen Kündigungen wird in der Regel gesprochen, wenn es um fristlose Kündigungen geht. Das heißt, die Kündigungsfristen, die für eine ordentliche Kündigung gelten, müssen unter Umständen nicht eingehalten werden und das Vertragsverhältnis endet mit sofortiger Wirkung.


Aber: Nicht jede außerordentliche Kündigung ist fristlos, aber jede fristlose Kündigung ist außerordentlich!


II. Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, § 626 BGB


Damit ein Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt werden kann, muss ein erheblicher Pflichtverstoß - fahrlässig oder vorsätzlich – vorliegen.


In § 626 BGB heißt es:


  1. Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.


  1. Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.


Für gewöhnlich werden derartige Kündigungen zwar von Arbeitgeberseite ausgesprochen, § 626 Abs. 1 BGB sieht jedoch eindeutig vor, dass auch Arbeitnehmer mit entsprechendem Grund fristlos kündigen können!


Die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist ist enorm wichtig. Wird eine fristlose Kündigung nach Ablauf dieser Frist erklärt, wird angenommen, dass alles nur "halb so wild" und eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt sei.


III. Außerordentliche nicht fristlose Kündigung


Das betrifft Arbeitnehmer, die besonderen Kündigungsschutz genießen und unkündbar bzw. schwer kündbar sind, wie z. B. Betriebsräte, Arbeitnehmer in Elternzeit.


Diese Personengruppen können jedoch aus betrieblichen Gründen (z. B. Umsatzrückgang, Wegfall des Arbeitsplatzes wegen Umstrukturierung, Betriebsschließung) außerordentlich gekündigt werden. In diesen Fällen gelten sodann die Kündigungsfristen, die gelten würden, wären diese Arbeitnehmer kündbar. Man spricht hierbei von sogenannten außerordentlichen Kündigungen mit Auslauffrist.


Ausnahme: Die Kündigungs- bzw. Auslauffrist kann unter Einsatz aller zumutbaren Mittel beim Wegfall des Arbeitsplatzes nicht oder nur teilweise eingehalten werden.


IV. Wann können Arbeitgeber außerordentlich kündigen?


Eine allgemeingültige Antwort gibt es nicht, es kommt stark auf die jeweiligen Umstände an! Die dafür notwendigen Kündigungsgründe werden in drei Kategorien unterteilt, und zwar:


  • personenbedingt

(z. B. Leistungsmängel aufgrund von langanhaltender Krankheit,   Führerscheinverlust bei einem Berufskraftfahrer, Haftstrafe, mangelnde Eignung)


  • verhaltensbedingt

(z. B. ständige Verspätungen, Arbeitsverweigerung, Krankmeldung mit Ankündigung, Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit, unbefugter Urlaubsantritt,            Diskriminierung, Belästigung, Diebstahl, geschäftsschädigendes Verhalten)


  • betriebsbedingt

            (z. B. Umsatzrückgang, Umstrukturierung, Betriebsstilllegung)


Der am häufigsten vorkommende außerordentliche Kündigungsgrund ist auf das Verhalten der Arbeitnehmer zurückzuführen.


Hinweis: Arbeitnehmer können in ihrer Freizeit sagen und machen was sie wollen. Sie dürfen erst dann dienstlich für etwaiges Fehlverhalten belangt werden, sofern sie damit das Ansehen ihres Arbeitgebers oder das Miteinander im Unternehmen schaden. Eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung kann die Folge sein.


V. Kündigungen sollten immer das letzte Mittel sein!


Wie in § 626 BGB beschrieben, muss geprüft werden, ob eine Weiterbeschäftigung zumutbar wäre. Diese Prüfung erfolgt unter Berücksichtigung der Umstände sowie unter Abwägung der Interessen beider Parteien.


  • Gibt es ein milderes Mittel als die Kündigung?


  • Wie stehen die Chancen, dass Wiederholungstaten folgen? Reicht evtl. eine Abmahnung oder gibt es Möglichkeiten die Arbeitnehmer zu versetzen?


  • Oder aber es bleibt bei der Kündigung, jedoch ohne Wegfall der Kündigungsfrist. Ist eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ausreichend?


Bei diesen Überlegungen werden die Schwere der Pflichtverstöße wie auch die sozialen Situationen der Arbeitnehmer (Alter, Unterhaltsverpflichtungen, Chancen auf dem Arbeitsmarkt) berücksichtigt.


VI. Müssen Arbeitnehmer zuvor immer abgemahnt werden?


Abmahnungen gelten als milderes Mittel im Vergleich zur Kündigung, weshalb bei verhaltensbedingten Kündigungen in der Regel ersteinmal abgemahnt werden muss.


Arbeitnehmer müssen für ihr Fehlverhalten gerügt und darauf hingewiesen werden, dass im Wiederholungsfall die Kündigung droht.


Ausnahme: Bei besonders schweren Vorfällen kann von Abmahnungen Abstand genommen werden. Meist ist das der Fall, wenn das Vertrauensverhältnis massiv zerstört wurde, z. B. durch Straftaten.


VII. Welche weiteren Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung gibt es?


Neben dem Grund, der Zwei-Wochen-Frist und etwaigen Abmahnungen müssen z. B. folgende Punkte erfüllt sein, damit die Kündigung wirksam ist:


  • Betriebsratsanhörung, sofern ein Betriebsrat vorhanden ist. Das gilt ebenfalls für Kündigungen von Betriebsratsmitgliedern.


  • Hinzuziehung der Schwerbehindertenvertretung und die Zustimmung des Integrationsamtes sofern es sich um Arbeitnehmer mit schweren Behinderungen handelt.


  • Zustimmung der obersten Landesbehörde bei Kündigungen von Arbeitnehmer in Elternzeit oder im Mutterschutz


  • Anhörung des Arbeitnehmers bei Verdacht einer Straftat (Verdachtskündigung).


  • Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Der Grund muss nicht angegeben werden, jedoch muss der Kündigende den Grund schriftlich mitteilen, sofern er verlangt wird.


VIII. Kündigungsschutzklage – So wehren Sie sich erfolgreich gegen eine außerordentliche Kündigung


Sie haben eine außerordentliche Kündigung erhalten, sind sich aber unsicher, ob diese verhältnismäßig und rechtens ist?


Dann sollten Sie sich schnell von einem Profi beraten lassen, um ggf. rechtzeitig weitere Schritte einleiten zu können. Bis zu drei Wochen nach Erhalt der Kündigung haben Sie Zeit eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht zu erheben.


Bestenfalls wird durch Vergleichsverhandlungen erreicht, dass eine außerordentliche (verhaltensbedingte) Kündigung in eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung umformuliert wird.


Welche Vorteile hat das? Sie erhalten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Gehalt, ein positiveres Arbeitszeugnis, eventuell sogar eine Abfindung und Sie umgehen eine Sperre des Arbeitslosengeldes.


IX. Wann dürfen Arbeitnehmer außerordentlich fristlos kündigen?


Wichtige Gründe, die eine derartige Kündigung von Arbeitnehmerseite rechtfertigen sind z. B.:


  • wiederholte verspätete Gehaltszahlungen oder das Ausbleiben dieser
  • wiederholte Nicht-Abführung von Sozialabgaben
  • grobe Arbeitsschutzverletzungen
  • Mobbing, sexuelle Belästigung und/oder Stalking, Körperverletzung und/oder Tätlichkeit, Beleidigung durch den Arbeitgeber


Die Taten hinsichtlich des letzten Punktes müssen nicht zwangsläufig durch den Arbeitgeber direkt ausgeübt worden sein. Wenn z. B. Mobbing durch einen oder mehrere Kollegen erfolgte, der Arbeitgeber davon in Kenntnis gesetzt wurde, jedoch nichts unternommen hat oder seiner Fürsorgepflicht nicht ausreichend nachgekommen ist, können betroffene Arbeitnehmer unter Umständen ebenfalls fristlos kündigen und haben ggf. Anspruch auf eine Abfindung.


X. Müssen Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber abmahnen?


Bei den vorstehenden Gründen hinsichtlich der Gehaltszalhungen und Sozialabgaben muss abgemahnt werden, bei den weiteren Gründen hängt es vom Einzelfall und der Schwere der Tat ab.


Achtung: Um keine Nachteile aufgrund einer Eigenkündigung zu riskieren (z. B. Sperre von Arbeitslosengeld) oder auch die Erfolgsaussichten im Hinblick auf eine Abfindung auszuloten, ist es ratsam, sich vorher anwaltlich beraten zu lassen!


XI. Fazit – Schnell handeln!


Nach Erhalt einer außerordentlichen Kündigung bzw. vor einer fristlosen Eigenkündigung ist der vorherige Griff zum Hörer oder Gang in eine Kanzlei für eine arbeitsrechtliche Beratung sehr zu empfehlen!


Denn oft werden die Kündigungsgründe nicht ausreichend dargelegt oder sind fehlerhaft, weil andere Optionen nicht ausgeschöpft wurden & nicht selten sind Kündigungen bereits aus formellen Gründen unwirksam.


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