Auszahlung der Abfindung mit Lohnsteuerklasse VI

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Bei der Vereinbarung von Abfindungszahlungen wird häufig eine Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes auf den Monat Januar des Folgejahres vereinbart. Dies kann insbesondere bei höheren Abfindungen erhebliche Steuervorteile von bis zu mehreren 10.000,00 € zur Folge haben. Die Höhe der Steuervorteile hängt hierbei von mehreren Faktoren ab und kann deshalb nur auf Grundlage einer näheren Berechnung ermittelt werden.

Für den Arbeitnehmer ist es hierbei auch wichtig, ob die Auszahlung der Abfindung nach der Lohnsteuerklasse VI oder nach der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses angewendeten Lohnsteuerklasse, häufig ist dies die Lohnsteuerklasse III oder I, abgerechnet wird. Die Anwendung der Lohnsteuerklasse VI führt zu einem erheblich höheren Lohnsteuerabzug. In einem von uns aktuell bearbeiteten Fall beträgt der Differenzbetrag mehr als 30.000,00 €. Für den Arbeitnehmer hat eine derartige Abrechnung nach der Lohnsteuerklasse VI den erheblichen Nachteil, dass er zunächst einmal einen viel niedrigeren Nettobetrag ausbezahlt erhält. Dies ist insbesondere dann besonders nachteilig, wenn der Arbeitnehmer einen höheren Auszahlungsbetrag erwartet und hiermit bereits finanzielle Dispositionen getroffen hat.

Die Abrechnung und Auszahlung der Abfindung unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse VI stellt hierbei häufig eine Vertragsverletzung dar. In vielen Fällen wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Ausscheidensvereinbarung konkret vereinbart, unter welchen Modalitäten die Auszahlung und Abrechnung der Abfindung erfolgen soll. Häufig wird hierbei auch konkret festgelegt, dass dies unter Anwendung der Lohnsteuerklasse III oder der Lohnsteuerklasse I erfolgen soll. Dies bedeutet, dass die Abfindung von dem früheren Arbeitgeber als "Hauptarbeitgeber" i. S. d. Lohnsteuerrechts abgerechnet und versteuert werden muss.

Handelt der Arbeitgeber diesen Vereinbarungen zuwider, macht er sich schadensersatzpflichtig.

Der Arbeitnehmer kann in derartigen Fällen verlangen, dass die Abrechnung entsprechend berichtigt und der Differenzbetrag zwischen dem Lohnsteuereinbehalt nach der Lohnsteuerklasse VI und dem Lohnsteuereinbehalt nach der vereinbarungsgemäß anzuwendenden Lohnsteuerklasse III oder I nachträglich ausgezahlt wird. Dies ist in der Praxis problemlos möglich.

Weigert sich der Arbeitgeber gleichwohl, die Berichtigung vorzunehmen, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, auf Zahlung zu klagen oder die ihm entstehenden finanziellen Nachteile geltend zu machen. Diese finanziellen Nachteile bestehen darin, dass der Differenzbetrag erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ausgezahlt wird. Der Arbeitnehmer kann im Folgejahr eine Einkommensteuererklärung abgeben und erhält die zu viel einbehaltene Lohnsteuer dann vom Finanzamt zurück. Zwischen der Auszahlung der Abfindung im Januar und der Steuererstattung durch das Finanzamt können aber ohne weiteres weit mehr als 12 Monate verstreichen, weil das Finanzamt die Einkommensteuererklärung, auch wenn sie bereits zu Beginn des Folgejahres abgegeben wird, häufig erst nach etlichen Monaten bearbeitet.

Die geltend zu machenden Schadensersatzansprüche können erheblich sein. Zum einen ist an Dispozinsen für eine Zwischenfinanzierung zu denken. Zum anderen kann der Arbeitnehmer aber auch finanzielle Schäden erleiden, wenn geplante Investitionen verschoben werden müssen und zwischenzeitlich Preissteigerungen eintreten.

Falls Sie von einer derartigen absprachewidrigen Abrechnung und Auszahlung einer Abfindung betroffen sind, empfehlen wir Ihnen, anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. In vielen Fällen kann erreicht werden, dass die Abrechnung berichtigt wird. Außerdem kann durch eine frühzeitige anwaltliche Beratung und Vertretung sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer zumindest die ihm entstehenden Schäden ersetzt verlangen kann. Hierbei ist schnelles Handeln geboten, denn häufig sind in den Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen Ausschlussfristen vereinbart, die eine spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ausschließen.

Dr. Stefan Jansen
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt Dr. Stefan Jansen

Foto(s): Dr. Stefan Jansen

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