BAG: Aufhebungsvertrag ist unwirksam – Verstoß gegen Gebot des fairen Verhandelns

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Unwirksamkeit eines Vertrages bei Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns 

Sie haben einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet und stellen danach fest, dass der Vertrag keinen fairen Ausgleich ihrer Interessen beinhaltet. Weiterhin wurden Sie bei den Verhandlungen unter Druck gesetzt oder es fanden gar keine richtigen Verhandlungen statt?

Ein solchen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden. 

Fall

Dem Bundesarbeitsgericht lag zur Entscheidung die Frage vor, ob ein Vertrag mit dem das Arbeitsverhältnis beendet wird, rechtlich überhaupt Bestand hat, wenn dieser in der Wohnung der Arbeitnehmerin unterzeichnet wurde und die Arbeitnehmerin zudem erkrankt war.

Die Arbeitnehmerin war als Reinigungskraft beschäftigt. Sie schloss in ihrer Wohnung mit ihrem Lebensgefährten einen Aufhebungsvertrag. Dieser regelte die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung. Die Arbeitnehmerin behauptete in dem Prozess, dass sie am Tag der Vertragsunterzeichnung erkrankt war, die weiteren Details der Verhandlungen sind unklar.

Nachdem sie den Vertrag unterzeichnet hatte, hat sie diesen später wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit der Klage wendet sie sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG – 6 AZR 75/18) hat entschieden, dass ein Aufhebungsvertrag unwirksam sein kann, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist.

Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. 

Das Gebot wird verletzt, wenn ein Vertragspartner eine solche psychische Drucksituation schafft, dass dadurch eine freie und überlegte Entscheidung des anderen Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert wird. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche bewusst ausgenutzt worden wäre. Dies war in diesem Fall nicht auszuschließen, weshalb das Bundesarbeitsgericht eine weitere Aufklärung noch für erforderlich hält.

Liegt ein Verstoß gegen das Verbot vor, hätte der Arbeitgeber Schadensersatz zu leisten. Es müsste der Zustand hergestellt werden, der ohne die Pflichtverletzung bestünde. Im Ergebnis bedeutet dies, das Arbeitsverhältnisses besteht fort.

Fazit

Alle Aufhebungsverträge, die keinen fairen Ausgleich der Interessen des Arbeitnehmers beinhalten und zudem in einer besonderen Drucksituation gegengezeichnet werden, sind unwirksam. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies den Fortbestand des Vertrages und die Chance auf Neuverhandlung zu fairen Bedingungen.


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