Barrierefreies Wohnen - Welche Ansprüche hat der Mieter?

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2011 sah sich der Gesetzgeber dazu veranlasst, die Rechte der Mieter dahingehend zu stärken, dass besonderen Fokus auf ältere oder behinderte Mieter gelegt wurde. Es wurde der neue § 554 a BGB eingeführt:

„(1) Der Mieter kann vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat. Der Vermieter kann seine Zustimmung verweigern, wenn sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache überwiegt. Dabei sind auch die berechtigten Interessen anderer Mieter in dem Gebäude zu berücksichtigen.

(2) Der Vermieter kann seine Zustimmung von der Leistung einer angemessenen zusätzlichen Sicherheit für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes abhängig machen. § 551 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“

Behinderte Mieter können von ihrem Vermieter Zustimmung zu einem behindertengerechten Umbau der Wohnung auf eigene Kosten fordern. Grundsätzlich sind die geforderten behindertengerechten Umbaumaßnahmen bei Auszug durch den Mieter wieder zurückzubauen, da sie das Eigentum des Vermieters beeinträchtigen. Dennoch kann der Vermieter zusätzliche Sicherheiten dafür verlangen, dass auch bei unterbliebenem Rückbau durch den Mieter er nicht auf dem umgebauten Zustand sitzen bleibt.

Der neu eingeführte Paragraph stärkt dabei das Besitzrecht des Mieters, dem die Eigentumsgarantie des Vermieters gegenübersteht.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Mieter in jedem Fall einen Anspruch auf die Zustimmung seines Vermieters für einen behindertengerechten Umbau hat.

Es hat eine umfassende Interessenabwägung zwischen den von der Umbaumaßnahme betroffenen Interessen zu erfolgen.

Dies bedeutet, dass auch die Interessen der Mitmieter und anderer Vermieter zu berücksichtigen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn z.B. andere Wohnungen von den Umbaumaßnahmen betroffen sind. Die Abwägung orientiert sich an erheblichen Umständen, wie Art, Dauer und Schwere der Behinderung auf der einen Seite, Umfang, Dauer und Ausmaß der baulichen Maßnahme auf der anderen Seite.

Fällt die Abwägung für die Interessen des Mieters aus, so hat er gegen seinen Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zu der behindertengerechten Umbaumaßnahme.

Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn der Mieter in einer Wohnung lebt, dessen Vermieter Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist.

Im Wohnungseigentumsgesetz findet sich in § 22 WEG eine Regelung zur Beschlussfassung über bauliche Veränderungen. Häufig stellen Maßnahmen zur Barrierefreiheit bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums dar, sodass nach § 22 Abs. 2 WEG es der Zustimmung eines jeden Wohnungseigentümers bedarf, der von der Maßnahme betroffen ist, § 14 WEG.

Aus der Norm lässt sich grundsätzlich kein Individualanspruch des Eigentümers gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf bauliche Veränderungen herleiten.

Eine Ausnahme soll dann bestehen, wenn das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung durch den Wohnungseigentümer nur mit mechanischer Hilfe ermöglicht werden kann. Dies stellt einen Anspruch des Wohnungseigentümers gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der Eigentümerversammlung dar.

Fraglich ist, wie die Rechte eines Mieters ausgestaltet sind, der eine Wohnung gemietet hat, die Teil einer Eigentümergemeinschaft ist.

Der Mieter hat einen Mietvertrag mit dem Vermieter, aus dem er einen Anspruch aus § 554 a BGB herleiten kann. In der Abwägung des § 554 a BGB sind jedoch die Belange einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zu berücksichtigen. Anzudenken wäre, eine Art Analogie zu entwickeln, da im Rahmen des § 554 a BGB auch die Interessen anderer Mieter Berücksichtigung finden können. Es könnte insoweit eine Ausweitung des Personenkreises der Dritten erfolgen.

Aufgrund der Tatsache, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 554 a BGB die Situation der Wohnungen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft erkannt hat, jedoch keine entsprechende Regelung geschaffen hat, erscheint eine Ausweitung des Personenkreises schwierig.

Auch das WEG hat eine entsprechende Regelung bisher keinen Einklang gefunden.

Auch gerichtlich wird sich ein Anspruch zu mindestens nicht auf die bestehende Gesetzeslage stützen lassen.

Nach Art. 3 Abs. 3 GG darf es jedoch zu keiner Benachteiligung behinderter Menschen kommen, sodass Maßnahmen, die Menschen mit Behinderungen einen barrierefreien Zugang zu ihrem Wohnungseigentum ermöglichen, in der Regel das nach § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmende Maß der Beeinträchtigung nicht übersteigen.

Dies gilt jedoch nach der gesetzlichen Lage nur zwischen dem Eigentümer und der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Inwieweit Art 3 Abs. 3 GG dazu führt, dass auch dem Mieter Ansprüche zustehen, wenn der Eigentümer Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist, ist höchstrichterlich nicht entschieden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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