Baumängel – eine kurze Übersicht, wie man sie vermeidet

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Die Frage von Baumängeln beschäftigt zunehmend die Gerichte, was kosten- und zeitaufwendig ist. Vom Verlust an Lebensqualität ganz zu schweigen.

Bevor man sich der Frage zuwendet, wie man Mängel vermeidet, muss man wissen, was überhaupt ein Mangel ist: Unter Baumängel versteht man üblicherweise eine Ausführung, die nicht fachgerecht ist, also ein undichtes Dach oder einen undichten Keller. 

Das ist aber zu kurz gegriffen, weil der Gesetzgeber unterschieden hat: Wenn ein Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, liegt ein Sachmangel vor. Sofern keine Beschaffenheit vereinbart war, muss ein Werk entweder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung geeignet sein und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Werken gleicher Art üblich ist und der Besteller nach Art des Werks erwarten kann.

Das ist von überragender Bedeutung – und zwar nicht nur bei Mängelrügen, sondern schon vorher, nämlich bei der Vertragsgestaltung!

Das heißt, dass zunächst zu prüfen ist, ob eine Beschaffenheit vereinbart ist. Wird ausdrücklich etwa vereinbart, dass ein bestimmtes Material zu verwenden ist, hat der Unternehmer dies zu beachten. Wird keine Vereinbarung getroffen, ist der Unternehmer in der Wahl – fast – frei. Es empfiehlt sich daher, sich von vornherein darüber Gedanken zu machen, wie gebaut werden soll und worauf insbesondere Wert gelegt wird. Das kann die Farbe von Fenstern und Türen ebenso betreffen, wie eine bestimmte Dachneigung, Drempelhöhe, Türdurchgangshöhe, Höhe der Räume, oder eine bestimmte Einbruchsicherung etc.

Die Beschaffenheitsvereinbarung gibt dem Bauherrn die größte Sicherheit, weil eine ganz bestimmte Ausführung festgeschrieben ist! Das ist auch deshalb von Bedeutung, weil diese vereinbarte Beschaffenheit von den anerkannten Regeln der Technik abweichen kann. So kann man einen sehr viel höheren Schallschutz vereinbaren, aber auch einen geringeren Standard. Im letzteren Fall muss der Unternehmer aber darauf hinweisen, dass diese Art der Ausführung nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Es ist anzuraten, vor Baubeginn eine Aufstellung zu fertigen, um überhaupt eine möglichst vollständige Liste der Wünsche zu haben. Hilfreich ist dabei die Musterbaubeschreibung der Verbraucherzentrale, weil dort vieles aufgeführt ist, an das ein Bauherr zunächst gar nicht denkt. 

Schwieriger wird es in der Regel, wenn eine solche Beschaffenheit schriftlich nicht vereinbart wurde. Aber auch hier ist noch nicht alles verloren: Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann sich aber auch aus öffentlichen Äußerungen des Herstellers ergeben, BGH, Urt. 17.03.10, VIII ZR 253/08, Maklerexposé, OLG Hamm, Urt. 15.12.08, 22 U 90/08. Werbende Anpreisungen finden sich z.T. im Internet.

Sofern es dann Beschaffenheitsvereinbarungen sind, hat der Unternehmer diese Vorgaben einzuhalten. Falls das nicht geschieht, liegt ein Mangel vor. 

Wird entgegen dem Leistungsverzeichnis gebaut, liegt darin ein Mangel, auch wenn die Leistung an sich höherwertiger ist, OLG Stuttgart, Urt. 04.04.06, 12 U 205/05. Aber: Werden Vorgaben in einer Statik nicht eingehalten, liegt darin aber nicht zwangsläufig ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung, OLG Brandenburg, Urteil vom 13.01.2011, 12 U 129/09.

Ist keine Beschaffenheit vereinbart, kommt es auf die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung an – oder darauf, was üblich ist und erwartet werden durfte: Dort ist zu fragen, was der Bauherr erwarten durfte. Auch hier empfiehlt es sich, genaue Vorgaben schriftlich zu fixieren: Sollen Räume als Büroräume genutzt werden, sollte dies festgehalten werden, damit der sommerliche Wärmeschutz dort eingefordert werden kann. Es ist somit die Funktion genau zu beschreiben. Der Planer hat diese dann umzusetzen. 

Je genauer die Beschreibung, desto eher wird Streit vermieden, weil alle Beteiligten wissen – oder wissen sollten –, was gefordert und vereinbart ist. Deshalb sollte in dem Vertrag stehen, was die vorausgesetzte Verwendung ist und was man als Kunde erwartet.

Wenn ein größeres Haus gebaut werden soll, kann dieses als Zweifamilienhaus eingeordnet werden, was ja aber nicht zwingend sein muss. Soll z. B. im Obergeschoß nur ein „eigenes Reich“ für das Kind oder die Kinder sein, kann es sich durchaus noch um ein Einfamilienhaus handeln. Das ist aber wichtig, weil der Schallschutz bei einem Zweifamilienhaus ein anderer ist. Deshalb sollte der Zweck und die Funktion deutlich gemacht und in dem Vertrag fixiert werden. Lassen Sie sich nicht davon beirren, wenn Ihnen der Unternehmer erklärt, dass dort nur aus Formgründen ein Einfamilienhaus im Vertrag erwähnt wird! 

Es gibt auch ohne schriftliche Vereinbarung Selbstverständlichkeiten, die vom Unternehmer zu beachten sind: Von selbst versteht sich, dass eine funktionsuntaugliche Balkonsanierung mangelhaft ist, OLG Düsseldorf, Urt. vom 06.01.10, 21 U 41/09. Auch ohne Erwähnung im Vertrag kann ein direkter Zugang zum Garten bei einem exklusiven Einfamilienhaus mit großzügigem Privatgarten geschuldet sein, OLG München, Urt. vom 15.03.11, 9 U 4665/10. Dort war in dem Vertrag eben kein direkter Zugang zum Garten geregelt. Aus den Zeichnungen konnte man einen „richtigen“ Zugang kaum erkennen. Dennoch hatte hier das Gericht zugunsten des Bauherren entschieden. Das Argument war der hohe qualitative Baustil, die entsprechende Beschreibung und die berechtigte Erwartung des Bauherrn. 

Das bedeutet, dass auch ohne ausdrückliche Regelung der Bauherr das erwarten kann, was man üblicherweise erwarten darf. Je höher also die „Exklusivität“, desto höher auch die berechtigte Erwartungshaltung des Bauherrn.

Erwarten darf der Bauherr, dass ein Schallschutz erreicht wird, der sich bei ordnungsgemäßer Ausführung gem. Baubeschreibung erreichen lässt. Denn die Mindestwerte der Schallschutznorm DIN 4109 entsprechen schon lange nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik. Auch aus der hohen Qualität des Objekts kann sich ein erhöhter Schallschutz ergeben, OLG Karlsruhe, Urt. vom 20.02.2009, 8 U 159/08. Das gilt auch, wenn in dem Vertrag auf die DIN 4109 Bezug genommen wird, BGH, Urteil vom 04.06.2009, VII ZR 54/07.

Das sind ganz wichtige Entscheidungen gewesen: Wenn also eine Ausführung beschrieben wird und sich bei ordnungsgemäßer Ausführung ein erhöhter Schallschutz erreichen lassen würde, wäre es nicht ausreichend, wenn nur ein zulässiger Schallschutz erreicht wird! Zudem haben die Gerichte bestimmt, dass der Schallschutz, der sich in der DIN 4109 findet, eben nicht ausreicht!

Ein Mangel liegt also auch dann vor, wenn die DIN-Normen eingehalten werden. Es kommt damit auch auf die anerkannten Regeln der Technik zur Zeit der Abnahme an! Ändern sich die Regeln während der Bauphase, ist die Leistung zur Zeit der Abnahme dann nicht mangelfrei.

Auch ein „optischer“ Mangel ist ein Mangel, auch wenn die Funktion nicht beeinträchtigt wird. Es bestehen Mängelansprüche. Eine wärmegedämmte Fassade, die großflächig Algenbewuchs aufweist, ist selbst dann mangelhaft, wenn die verwandten Materialien mangelhaft sind, OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.07.2010, 7 U 76/09. Die von Sachverständigen gerne angeführten Herstellervorgaben, die eingehalten wurden, sind daher nicht maßgebend.

In dem entschiedenen Fall des Algenbewuchses war es zudem so, dass grundsätzlich ein Algenbewuchs kaum vermeidbar war. Dennoch hat das Gericht zugunsten des Bauherrn entschieden und einen Mangel angenommen. Das leuchtet auch ein. Denn ein Bauherr möchte natürlich keine Fassade, die sich verfärbt. Allerdings zeigt die Praxis, dass oftmals Sachverständige erklären, dass die Leistung den anerkannten Regeln der Technik entspricht und die Gerichte dementsprechend entscheiden.

Auch für „optische“ Mängel gilt also. Ein Mangel ist ein Mangel. Der Auftraggeber hat eine Leistung beauftragt, für die er zahlen soll. Entspricht diese Leistung in optischer Hinsicht nicht den Anforderungen, besteht kein Grund zu sagen, dass es sich „nur“ um einen optischen Mangel handelt.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist nur, dass eine Nachbesserung verhältnismäßig sein muss. Da aber beispielsweise eine Fassade nicht nur eine technische Funktion hat, sondern auch ästhetisch sein soll, kann eine Nachbesserung nicht einfach verweigert werden, weil die Kosten zu hoch seien. In der Regel besteht grundsätzlich ein Nachbesserungsanspruch des Auftraggebers. Die Unzumutbarkeit ist die Ausnahme. 

Wie vermeide ich also Baumängel?

Zunächst ist sicherzustellen, dass alles, was ich als Kunde wünsche, auch vertraglich fixiert wird. Das ist oft nicht einfach, weil man als Laie die Möglichkeiten, wie man bauen könnte, nicht kennt. 

Um die Ausführung zu kontrollieren, ist es ratsam, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Der kostet zwar Geld, aber weitaus weniger, als der spätere Ärger bei Baumängeln. 

Wichtig ist auch, dass man sich vernünftige Betriebe aussucht. Ein „Meisterbetrieb“ muss kein Betrieb sein, der von einem Meister geführt wird. Also nach der Qualifikation fragen. Dann sollte man Preise vergleichen. Dafür muss/müssen aber die Leistung/die Produkte vergleichbar sein. Ist ein Betrieb dann ganz deutlich günstiger als die anderen Mitbewerber, wird dort womöglich etwas nicht stimmen, weil die Löhne im Baugewerbe und auch die Materialkosten– fast – gleich sind. Wie kann dann ein Anbieter deutlich günstiger sein? Das geht praktisch nicht. Dann muss man damit rechnen, dass nicht ordentlich gearbeitet wird, um Arbeitszeit zu sparen. 

Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis können ebenfalls hilfreich sein. Vernünftig ist es sicherlich auch, einen Architekten/Ingenieur und Rechtsanwalt um Rat zu fragen. Die Kosten einer anwaltlichen Erstberatung sind begrenzt auf 190.- € zzgl. MwSt. Angesichts der Bausummen eine gute Investition.

Rechtsanwalt Joachim Germer

Fachanwalt f. Bau – u. Architektenrecht

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