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Beamtenrecht - Disziplinarverfahren – Kürzung der Dienstbezüge um ein Zehntel für zwei Jahre

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So entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgerichts am 29.03.2011 (Az.: 19 LD 4/09). Es blieb mit damit deutlich unter dem Antrag des Dienstherren, der eine Entfernung aus dem Dienst beantragt hatte.

Mit dem Urteil des OVG fand ein mehr als acht Jahre dauerndes Disziplinarverfahren seinen Abschluss. Das Verwaltungsgericht Stade hatte die Beamtin in erster Instanz zunächst sogar vollständig freigesprochen:

Die betroffene Beamtin hatte aufgrund überdurchschnittlich hoher Arbeitsbelastung und einer durch Schicksalsschläge ausgelösten Lebenskrise Ende 2002 mehrfach versäumt, Gebühren zu vereinnahmen bzw. Gebühren nicht ordnungsgemäß verbucht. Als man einen Fehlbetrag von etwa 700,00 EUR entdeckte, wurde sie vom Dienst suspendiert. Ein Drittel der Dienstbezüge wurden vorläufig einbehalten. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Untreue. Das Amtsgericht verurteilte Sie zu einer Geldstrafe und hielt ihr trotz ihres Schweigens ein "umfassendes Geständnis" zugute. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.

Im Disziplinarverfahren wollte der Dienstherr die Beamtin aus dem Beamtenverhältnis entfernen. Damit hätte sie alle Ansprüche auf Besoldung und Versorgung verloren. Ein erstes Disziplinarverfahren musste auf Weisung der Aufsichtsbehörde wegen formeller Mängel eingestellt werden. Aufgrund weiterer formeller Fehler in der Verfahrensführung stellte das Verwaltungsgericht Stade ein zweites Disziplinarverfahren durch Urteil vom 30.03.2006 (Az.: 9 A 1603/05) ein. Der Dienstherr erhob daraufhin erneut Disziplinarklage vor dem VG Stade. Auch die erneute Klageschrift litt unter schweren Mängeln. Dem Dienstherren gelang es nicht, die maßgeblichen Tatsachen und Beweismittel geordnet darzustellen. Auch die Zeugenvernehmung ergab kein klares Bild. Letztlich wies das Gericht die Klage in erster Instanz ab und sprach die Beamtin frei.

Im Berufungsverfahren entschied das OVG im Gegensatz zum VG Stade, dass es an die Feststellung des Strafurteils gebunden sei, somit also von einer Untreue auszugehen habe. Die Beamtin habe ein Dienstvergehen begangen und somit gegen ihre Pflicht verstoßen, sich mit voller Hingabe ihrem Beruf zu widmen. Allerdings konnte das Gericht nicht feststellen, dass die Beamtin hinsichtlich der Fehlbeträge auch Zueignungsabsicht gehabt hatte. Eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als schwerste Disziplinarmaßnahme kam somit nicht mehr in Betracht. Mildernd berücksichtigte das OVG, dass die Beamtin seit mehr als acht Jahren unter der Last eines Disziplinarverfahrens gestanden habe, ohne zu der langen Dauer durch eigenes Verhalten beigetragen zu haben.

(Nds. OVG, Urteil v. 29.03.2011, Az.: 19 LD 4/09)

(http://rkb-recht.de/uploads/OVG_Lüneburg_29.03.2011_19LD4.09.PDF)

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